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Teilnehmer einer Kundgebung zum „Wirtschaftswarntag“ am Mittwoch in Berlin.
Teilnehmer einer Kundgebung zum „Wirtschaftswarntag“ am Mittwoch in Berlin. Bild: Hannes Albert/dpa
Wirtschaft regional

So schlecht steht es um Sachsen und Deutschland: Wirtschaft funkt SOS

Kurz vor der Bundestagswahl haben Dutzende Verbände mit regionalen Aktionen und Kundgebungen unter anderem in Berlin bei einem „Wirtschaftswarntag“ auf die angespannte Wirtschaftslage aufmerksam gemacht. Es drohen Pleiten, Unternehmensabwanderungen und ein massiver Stellenabbau - auch in Sachsen. Alles nur Schwarzseherei?

Dresden.

Die Bundesregierung rechnet in diesem Jahr nur noch mit einem Mini-Wachstum von 0,3 Prozent. Das sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei der Vorlage des Jahreswirtschaftsberichts am Mittwoch. Zuvor hatte Sachsens Arbeitgeberchef Jörg Brückner bereits einen sofortigen Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik gefordert. „Deutschlands Wirtschaftsleistung stagniert im Saldo bereits seit über fünf Jahren und die aktuellen Prognosen für 2025 sagen uns ein weiteres Jahr des Stillstands voraus“, so Brückner. „Sachsen ist dabei noch stärker von der Schwäche des Standorts Deutschland betroffen.“ Insbesondere das Herz der sächsischen Wirtschaft - die Metall- und Elektroindustrie - leide stark unter zu „hohen Arbeitskosten, hohen Energiepreisen und einer überbordenden Bürokratie“.

Umfrage: Jeder dritte Metallbetrieb in Sachsen will Stellen streichen

Einer aktuellen Umfrage zufolge planen gut zwei Drittel der Firmen aus der sächsischen Metall- und Elektroindustrie, weniger zu investieren. Ein Drittel will demnach Personal abbauen, davon wiederum ein Viertel sogar in erheblichem Umfang. Brückner macht dafür die Regierungskoalition und deren „unstete Wirtschaftspolitik“ verantwortlich - und nennt weitere düstere Zahlen: So haben sich die seit 2019 die Sozialausgaben in der Bundesrepublik um 20 Prozent erhöht, während die Volkswirtschaft seither um nicht einmal 1 Prozent gewachsen ist. Zugleich stieg die Abgabenquote (Steuern und Sozialabgaben) für einen durchschnittlichen Beschäftigten auf 46 Prozent. „Und das, obwohl inzwischen über die gesetzliche Rentenversicherung hinaus 122 von insgesamt 458 Milliarden Euro im Bundeshaushalt für die Grundsicherung im Alter aufgewendet werden“, so Brückner.

Deutsche arbeiten immer weniger

Zugleich arbeiten die Deutschen immer weniger - 2023 waren es im Jahresdurchschnitt noch rund 1300 Stunden pro Beschäftigten. Damit ist die Bundesrepublik Schlusslicht unter allen OECD-Staaten. „Spitze sind wir hingegen europaweit beim Krankenstand, beim Urlaub und bei Freistellungsansprüchen“, klagt Brückner. „Nahezu verdoppelt hat sich von 2000 zu 2024 auch der Anteil an Teilzeitbeschäftigten von rund 16 auf 30 Prozent. Summa summarum sinkt unsere Arbeitsproduktivität. Auch mit Feiertagen sind wir reich gesegnet – und nun soll es in Sachsen auch noch einen Bildungsurlaub geben?“

Das Wall Street Journal sieht schwarz für Deutschland

Auch die wichtigste Wirtschaftszeitung der Welt sieht schwarz für Deutschland. Einst habe made in Germany weltweit für Qualität und Fortschritt gestanden, schreibt das „Wall Street Journal“. Der Export habe Deutschlands Wirtschaft nach oben katapultiert, die Deutschen wohlhabend gemacht. Damit sei nun aber Schluss, analysiert die renommierte amerikanische Wirtschaftszeitung. Sie titelt „Das deutsche Wirtschaftsmodell ist kaputt – und niemand hat einen Plan B“ und belegt das mit Wirtschaftsdaten. So ist die deutsche Wirtschaftsleistung zwei Jahre hintereinander geschrumpft. Das gab es zuletzt 1951. Die Industrieproduktion ist seit 2018 um 15 Prozent zurückgegangen. Drei Prozent der Jobs wurden gestrichen. Unternehmen aus der Metall- und Elektroindustrie warnen, dass sie in den kommenden fünf Jahren bis zu 300.000 Arbeitnehmer entlassen müssen. Die Energiekosten in Deutschland, schreibt das Magazin, seien zudem teils zehnmal so hoch wie im US-Bundesstaat Texas. Da sei es kein Wunder, dass seit 2021 etwa 300 Milliarden Euro Investitionskapital aus Deutschland abgeflossen seien - zumal die Deutschen rund die Hälfte ihres Einkommens an Steuern an den Staat abgeben müssten. Das sei Weltspitze.

Jetzt drohen auch noch Strafzölle

Mit Hilfe aus den USA, dem größten Importeur deutscher Produkte, ist dieses Mal nicht zu rechnen - im Gegenteil. Trump droht mit hohen Strafzöllen. Dabei ist die deutsche Wirtschaft so abhängig vom Export wie kaum eine andere, noch abhängiger „als Texas vom Öl oder Kalifornien von Technologie“, so das „Wall Street Journal“, das urteilt: „Für die Deutschen ist die Lage bedrohlicher als die Krise nach der Jahrtausendwende, als die Arbeitslosenquote bei 12 Prozent lag.“ Denn damals habe es einen Plan B gegeben. Berlin habe den Arbeitsmarkt und das Sozialsystem reformiert, sodass die Unternehmen ihre Kosten senken konnten, dadurch international wieder mit ihren Wettbewerbern hätten mithalten und Mitarbeiter hätten zusätzlich einstellen können.

Sachsens Arbeitgeberchef Brückner will aufrütteln

Sachsens Arbeitgeberpräsident Brückner fordert: „Es muss ein Ruck durch Deutschland gehen. Ohne Fleiß kein Preis! Ohne Anstrengung kein Wohlstand! Ohne Leistung keine Sicherheit!“ Die ostdeutsche Bauindustrie sieht das genauso. „Es ist Zeit für Veränderung“, sagt Robert Momberg, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Ost. „Deutschland steht an einem Scheideweg: Bürokratische Hürden, eine hohe Steuer- und Abgabenlast, steigende Energiekosten und ein starres Arbeitsrecht gefährden die Wettbewerbsfähigkeit und die wirtschaftliche Stärke dieses Landes.“ (juerg)

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