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Wirtschaft regional
Zahlungsmoral immer schlechter: Schon mehr als jede zweite sächsische Baufirma muss ihrem Geld hinterherrennen

Die Zahlungsmoral auf ostdeutschen Baustellen verschlechtert sich zusehends. Vor allem viele öffentliche Auftraggeber lassen Baufirmen lange auf ihr Geld warten - oft mit Vorsatz, wie die Branche beklagt.

Chemnitz Berlin.

Immer öfter lassen Bauherren eingeräumte Zahlungsfristen verstreichen. Das geht aus einer Blitzumfrage des Bauindustrieverbandes Ost (BIVO) hervor. Demnach sind bei 61,9 Prozent der befragten Mitgliedsunternehmen Auftraggeber 2024 mit ihren Zahlungen in Verzug gewesen. Dies entspricht einem Anstieg um rund sieben Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Vor allem die öffentliche Hand zahlt zusehends schlechter.

1,2 Milliarden Euro in Ostdeutschland nicht fristgerecht beglichen

In Sachsen etwa gehen der Umfrage zufolge 96,5 Prozent der Zahlungsverzögerungen auf das Konto öffentlicher Auftraggeber. Doch auch bei Privat-, Gewerbe- oder Industriebauten werden demnach Zahlungsziele zunehmend nicht mehr eingehalten. Nach Verbandsberechnungen mussten die ostdeutschen Baubetriebe deshalb allein im vergangenen Jahr auf rund 1,2 Milliarden Euro offene Forderungen länger als vereinbart warten - ein Anstieg um 5,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In Sachsen blieben demnach um die 105 Millionen Euro zunächst einmal unbezahlt.

Öffentliche Auftraggeber lassen Zahlungsziele besonders oft verstreichen

Auffällig dabei ist: Im Gewerbe- und Industriebau gibt rund jeder vierte Betrieb als Grund für die Außenstände eine Zahlungsunfähigkeit des Auftraggebers an, während das bei privaten (7,7 Prozent) und öffentlichen Bauten (6,3 Prozent) deutlich seltener der Fall ist. Als Ursache für den Verzug bei privaten Bauherren führt hingegen mehr als jeder zweite Betrieb (53,8 Prozent) Streitigkeiten über Rechnungen an. Zum Vergleich: Im Gewerbe- und Industriebau ist es nur jeder Dritte, bei öffentlichen Bauten sind es 46,9 Prozent der Betriebe. Vor allem aber müssen Baubetriebe ihrem Geld hinterherrennen, weil Bauherren zunehmend vorsätzlich ihre Zahlungsfristen verstreichen lassen. Das gilt laut Befragung besonders für die öffentliche Hand. Fast die Hälfte der ostdeutschen Betriebe wartet demnach nach eigenen Angaben nicht wegen finanzieller Engpässe auf Geld, sondern weil Städte, Gemeinden oder andere öffentliche Auftraggeber bewusst die Begleichung der Rechnung verzögern. In Sachsen sind es demnach sogar 60 Prozent - auch weil in den Behörden Personal zur Bauabwicklung fehle, wie es heißt.

Schlechte Zahlungsmoral gefährdet Jobs

BIVO-Hauptgeschäftsführer Robert Momberg warnt. „Wer Aufträge vergibt, muss auch zahlen – und zwar pünktlich“, sagt er. „Nur so bleibt die Branche liquide und handlungsfähig. Werden Rechnungen verspätet beglichen, geraten selbst gut aufgestellte Betriebe unter Druck.“ Weil Vorleistungen, Materialkosten und Löhne finanziert werden müssten, ohne dass die entsprechenden Zahlungen eingingen. Momberg: „Das führt zu unnötigen finanziellen Belastungen und gefährdet letztlich auch die Stabilität kleiner und mittelständischer Unternehmen.“

Branche: Fatales Signal an die gesamte Wirtschaft

Die Branche appelliert vor allem an die öffentliche Hand, die „hier eine besondere Verantwortung trage“, so Momberg. „Sie sollte mit gutem Beispiel vorangehen und ihre Zahlungsverpflichtungen zuverlässig erfüllen. Denn jedes verspätete Zahlungsziel schwächt nicht nur die Leistungsfähigkeit der Bauwirtschaft, sondern untergräbt auch das Vertrauen in die Verlässlichkeit des Staates als Auftraggeber. Wenn der Staat selbst zum Zahlungsverzögerer wird, sendet das ein fatales Signal an die gesamte Wirtschaft.“

Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe, hatte das Zahlungsverhalten der öffentlichen Hand schon vor einigen Monaten scharf kritisiert. „Manche Behörden lassen sich besonders lange Zeit, und unsere Betriebe haben dann meist das Nachsehen“, sagte er und forderte: „Bei der aktuellen Überarbeitung der EU-Zahlungsverzugsrichtlinie muss deshalb der Schutz von Mittelstand und Handwerk vor unverhältnismäßig langen Zahlungsfristen im Zentrum stehen. Gerade bei der öffentlichen Hand besteht noch deutlicher Nachholbedarf.“ (juerg)

Die ostdeutsche Baubranche leidet unter einer schlechten Zahlungsmoral. Das gilt vor allem für öffentliche Auftraggeber.
Die ostdeutsche Baubranche leidet unter einer schlechten Zahlungsmoral. Das gilt vor allem für öffentliche Auftraggeber. Bild: Jan Woitas/dpa
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