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Rendite in Rot und Rosé

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Das Geld rinnt uns derzeit durch die Finger, wie der Wein gern durch unsere Kehle. Gerade in Krisenzeiten suchen viele nach sicheren Konstanten. Uhren, Gemälde, Autos - alles, was irgendwie limitiert ist, gewinnt an Wert. Auch Wein.

Für Aufsehen sorgen immer wieder die "Underdog-Weine", mit denen nicht wenige spekulieren. Aber es sind nicht nur die seltenen Flaschen. Selbst bestimmte Weine und Champagner, die man nahezu überall kaufen kann, vervielfachen zügig ihren Wert. Weine, die garantiert teurer werden, nennt man "Blue Chip Weine". Oft sind es die Weine großer, internationaler, allgemein bekannter und angesehener Weingüter von hoher Solidität und Bonität. Angenommen, Sie wollten 70.000 Euro anlegen. Was sollen Sie machen? Kaufen Sie sich einen kleinen Wald, einen Mittelklassewagen oder vielleicht doch eine Kiste eines guten Weines? Zwölf Flaschen eines 2015er Le Pin aus dem Pomerol im Bordeaux oder vielleicht eine Flasche von der Domaine de la Romanée Conti?

Leider versuchen nicht nur Weinsammler oder Weingenießer, sondern auch reine Spekulanten, einige dieser raren "Blue Chip Weine" zu bekommen. Diese Anleger platzieren ihr Vermögen breit in Immobilien, Kunst, Uhren, Autos und was es sonst noch so an Wertigkeiten gibt - daher natürlich auch in Wein. Kaum ein Markt, auf den jeder zugreifen kann, scheint so attraktiv und garantiert. Gold hat sich in den vergangenen 30 Jahren um zwei, Wein um 20 Prozent entwickelt. Der Markt reguliert viele Dinge, da Weine eine begrenzte Haltbarkeit haben und der "natürliche Feind", der Mensch, mit seinem Trinkverhalten, allgegenwärtig ist. Toll für Anleger, aber katastrophal für Weinliebhaber.

Seit meinen ersten Kontakten mit großen französischen Gewächsen vor fast 30 Jahren musste ich mit Erschrecken feststellen, dass es kein Ende auf der Preisleiter zu geben scheint. Ich wünschte, damals Lastenzüge voll erworben zu haben. Natürlich rate ich aus eigenem Interesse, als Weinintimus, vom Spekulieren mit diesem Sinnesprodukt dringend ab. Es lauern zu viele Fehler, was wiederum zu einer weiteren Verknappung führen kann.

Wenn Sie es dennoch versuchen möchten, sollten Sie zumindest auf die folgenden Punkte achten: Kaufen Sie nur beste Gewächse, mit besten Bewertungen. Verfolgen Sie die aktuellen Entwicklungen über Bewertungen und Preise. Kaufen Sie möglichst nur von vertrauenswürdigen und branchenintegrierten Weinhändlern. Ein schnelles Schnäppchen auf Ebay kann sich schnell als Reinfall entpuppen. Kaufen Sie möglichst in Originalgebinden und Originalholzkisten - denn sogenannte OHKs erbringen nicht selten einen höheren Ertrag als reduzierte Einzelflaschen.

Kaufen Sie, wenn möglich, Großgebinde. Das heißt, mindestens Magnumflaschen, besser noch sind Imperialflaschen oder noch größere, da diese aufgrund der selteneren Abfüllungen immer eine höhere Wertentwicklung mit sich bringen. Kaufen Sie keine zu gereiften Weine, da hier die Preise zumeist bereits fixiert sind und sich wenig bewegen. Lassen Sie als Laie die Hände von Modeweinen. Eine schnelle Preisentwicklung kann sich auch schnell rückläufig gestalten. Und vor allem: Hände weg von Schnäppchen. Das Risiko von Fälschungen besteht immer. Sorgen Sie dafür, dass die Weine nachweislich fachgerecht gelagert werden. Kenntnis des Marktes, der Zustand der Weine und der richtige Zeitpunkt sind essenziell für den Erfolg.

Wenn Sie sich entscheiden, in flüssige Tatsachen zu investieren, sollten Sie sich des größten Vorteils bewusst werden: Selbst beim totalen Wertverfall besteht immer noch die Möglichkeit, den geldfressenden Übeltäter durch direkten Verzehr zu bestrafen. Eine Möglichkeit, die bei einer Aktie oder einem hochwertigen Bild weniger reizvoll erscheint.

Silvio Nitzsche ist Sommelier und betreibt in Dresden die WeinKulturBar.

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