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Ein TÜV-Prüfer untersucht einen Mercedes CLK der Baureihe W209 (gebaut von 2002 bis 2010).
Ein TÜV-Prüfer untersucht einen Mercedes CLK der Baureihe W209 (gebaut von 2002 bis 2010). Bild: Archivfoto: Julian Stratenschulte/dpa
Mobilität

Autos werden immer älter: Müssen viele Deutsche künftig jährlich zum TÜV?

In Deutschland steigt das Alter der Fahrzeuge. Nicht selten dürfte es daran liegen, dass Autofahrer immer mehr mit ihrem Geld haushalten müssen. Da schlägt eine Idee des TÜV Süd ein wie eine Bombe.

Chemnitz.

Im Interview mit „Auto, Motor und Sport“ forderte TÜV-Süd-Geschäftsführer Jürgen Wolz, dass ältere Autos künftig jedes Jahr – anstatt wie bisher alle zwei Jahre – Haupt- (HU) und Abgasuntersuchung (AU) bestehen müssen. „Was wir befürworten und immer wieder ansprechen, ist eine jährliche HU bei mehr als zehn Jahre alten Fahrzeugen“, so Wolz. Grund: „Bei diesen Autos ist die Mängelquote deutlich höher, insbesondere wenn sie nicht regelmäßig gewartet werden.“

Dazu muss man wissen: Die Autos auf deutschen Straßen sind inzwischen im Schnitt 10,3 Jahre alt. Also schon der Durchschnitts-Fahrer wäre betroffen, müsste mit seinem heiligen Blechle jedes Jahr etwa bei TÜV, Dekra oder GTÜ vorstellig werden.

Was die Mängelquote anbelangt: Erhebliche Mängel wiesen laut TÜV-Report 2025 über alle Altersklassen hinweg 20,6 Prozent der Autos bundesweit auf. Heißt: Jeder fünfte untersuchte Wagen bekam keine Plakette und musste erneut vorgeführt werden. In Sachsen ist die Mängelquote demnach mit 16,4 Prozent am niedrigsten, in Hamburg mit 25,4 Prozent am höchsten.

Weniger Mängel durch Änderung? Innung und ADAC widersprechen

Beim TÜV Süd geht man gegenüber der „Freien Presse“ davon aus, dass die Quoten bei jährlichen Untersuchungen sinken würden, „weil Mängel früher erkannt und dadurch auch mögliche Folgemängel vermieden werden könnten“.

Die Mängelquote bei acht und neun Jahre alten Autos liegt demnach bei 17,9 Prozent, während bei den zehn bis elf Jahre alten Fahrzeugen 23 Prozent bei der Hauptuntersuchung durchfallen. „Bei den 12- bis 13-Jährigen sind es sogar 28,1 Prozent“, so Pressesprecherin Heidi Atzler. „Das zeigt, dass das Alter durchaus ein Kriterium ist.“

Zweifel an dem Vorstoß hegt indes die Kfz-Innung Sachsen West/Chemnitz. Pressesprecher Michael Schneider glaubt nicht, dass die Mängelquote so signifikant gesenkt würde: „Zweifelsfrei haben ältere Autos höhere Mängelquoten als jüngere Fahrzeuge. Das liegt zum einen in der Natur der Sache. Jedoch auch daran, dass Halter älterer Fahrzeuge unregelmäßiger eine Fachwerkstatt aufsuchen.“

Bereite eine Werkstatt den Wagen auf die Hauptuntersuchung vor, würden Mängel vorab beseitigt, und das Fahrzeug bestehe die HU, so Schneider. Aber: „Wird das Auto direkt in einer Prüfstelle zur HU vorgestellt, führen zumeist kleine Dinge zum Nichtbestehen der Untersuchung.“

Schneider spricht sich für eine verpflichtende, jährliche Vorführung älterer Autos in einer Meisterwerkstatt aus. Diese vergleicht er gegenüber unserer Redaktion mit einem Hausarzt: So wie der Mediziner seinen Patienten kennt, so kenne die Werkstatt Fahrer und Auto. Diese jährliche Vorführung solle dann zwischen dem zweijährigen TÜV-Intervall erfolgen.

Laut aktuellem TÜV-Report wiesen 20,6 Prozent der untersuchten Autos bundesweit erhebliche Mängel auf, bestanden also die Prüfung nicht. In Sachsen liegt die Mängelquote bei 16,4 Prozent.
Laut aktuellem TÜV-Report wiesen 20,6 Prozent der untersuchten Autos bundesweit erhebliche Mängel auf, bestanden also die Prüfung nicht. In Sachsen liegt die Mängelquote bei 16,4 Prozent. Bild: Symbolfoto: Julian Stratenschulte/dpa

Das dies sehr gut funktioniere, zeige die sogenannte Sonderprüfung bei Lastwagen über 7,5 Tonnen Gewicht. Auch diese werde jeweils zwischen den Hauptuntersuchungen erledigt. Das Vorgehen auf ältere Autos zu übertragen sei „ein besserer Beitrag, sowohl für die Erhöhung der Verkehrssicherheit, als auch zur Schonung der finanziellen Aufwendungen der Autofahrer“, argumentiert Schneider.

Apropos Geld: Die finanzielle Belastung ist inzwischen für Autofahrer nicht ohne. Immerhin muss man rund 150 Euro berappen, wenn man eine neue Plakette auf dem Kennzeichen haben möchte. TÜV Nord und TÜV Süd hatten die Preise zuletzt zum 1. Januar 2024 angehoben.

Entsprechend verweist auch der Automobilclub ADAC auf den Geldbeutel der Autobesitzer: „Ein engerer Turnus ist aus Sicht der Fahrzeugtechnik nicht notwendig und belastet Verbraucher zusätzlich“, teilt er schriftlich mit. Dass die Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen immer älter werden, spreche zwar für steigende Qualität, so der Club. Jedoch: „Grundsätzlich gilt, dass sich nur ein kleiner Teil der Bevölkerung ein Neufahrzeug leisten kann. Dieser Anteil dürfte mit den steigenden Fahrzeugpreisen und sinkenden verfügbaren Einkommen eher kleiner werden.“

Obendrein geht auch der ADAC „nicht von einer signifikanten Senkung der Mängelquote aus und erwartet durch ein kürzeres Prüfintervall auch keine spürbare Steigerung der Verkehrssicherheit“. Nicht zuletzt gibt man zu bedenken: „Spontan auftretende Schäden zum Beispiel an Achsteilen oder Bremsanlagen lassen sich auch bei jährlicher Sichtprüfung nicht zu 100 Prozent vermeiden.“

Kfz-Innung: Autos wie Lastwagen prüfen

Schneider spricht sich für eine verpflichtende, jährliche Vorführung älterer Autos in einer Meisterwerkstatt aus. Diese vergleicht er gegenüber unserer Redaktion mit einem Hausarzt: So wie der Mediziner seinen Patienten kennt, so kenne die Werkstatt Fahrer und Auto. Diese jährliche Vorführung solle dann zwischen dem zweijährigen TÜV-Intervall erfolgen.

Dass dies sehr gut funktioniere, zeige die sogenannte Sonderprüfung bei Lastwagen über 7,5 Tonnen Gewicht. Auch diese werde jeweils zwischen den Hauptuntersuchungen erledigt. Das Vorgehen auf ältere Autos zu übertragen, erhöhe die Verkehrssicherheit und schone den Geldbeutel der Autofahrer, argumentiert Schneider.

Apropos Geld: Die finanzielle Belastung ist inzwischen nicht ohne. Immerhin muss man rund 150 Euro berappen, wenn man eine neue Plakette auf dem Kennzeichen haben möchte. TÜV Nord und TÜV Süd hatten die Preise zuletzt zum 1. Januar 2024 angehoben.

Wer die TÜV-Plakette haben möchte, muss derzeit etwa 150 Euro auf den Tisch liegen.
Wer die TÜV-Plakette haben möchte, muss derzeit etwa 150 Euro auf den Tisch liegen. Bild: Zacharie Scheurer/dpa-tmn

Entsprechend verweist auch der Automobilclub ADAC auf den Geldbeutel der Autobesitzer: „Ein engerer Turnus ist aus Sicht der Fahrzeugtechnik nicht notwendig und belastet Verbraucher zusätzlich“, teilt er schriftlich mit. Dass die Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen immer älter werden, spreche zwar für steigende Qualität, so der Club.Jedoch: „Grundsätzlich gilt, dass sich nur ein kleiner Teil der Bevölkerung ein Neufahrzeug leisten kann. Dieser Anteil dürfte mit den steigenden Fahrzeugpreisen und sinkenden verfügbaren Einkommen eher kleiner werden.“

Obendrein geht auch der ADAC „nicht von einer signifikanten Senkung der Mängelquote aus und erwartet durch ein kürzeres Prüfintervall auch keine spürbare Steigerung der Verkehrssicherheit“. Nicht zuletzt gibt er zu bedenken: „Spontan auftretende Schäden zum Beispiel an Achsteilen oder Bremsanlagen lassen sich auch bei jährlicher Sichtprüfung nicht zu 100 Prozent vermeiden.“

Simplere Technik: Untersuchung älterer Autos billiger?

Mal angenommen, die jährliche TÜV-Untersuchung käme: Inzwischen sind Autos randvoll gepackt mit Steuergeräten, Sensoren und Assistenzsystemen. Komponenten, die es bei älteren Autos – je nach Baujahr – nicht oder nicht in diesem Umfang gibt. Sollte es da einen preislichen Unterschied machen, ob ein technisch simplerer VW Golf II von 1992 oder ein neuer ID.5 beim TÜV vorgeführt wird?

Michael Schneider von der Kfz-Innung Sachsen West/Chemnitz ist dafür, die Prüfabläufe an Alter und Ausstattung des Wagens anzupassen. „Allein daraus wird sich für ein älteres Fahrzeug ein günstigerer Preis ergeben als für ein aktuelles“, so Schneider. Derzeit sei das nicht so.

Beim ADAC hält man eine Preisstaffelung hingegen nicht für nötig. Sie mache die Preisgestaltung intransparent. Der TÜV Süd verweist auf die Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr. In dieser sei keine Unterscheidung bezüglich der Ausstattung vorgesehen, sondern nur nach Fahrzeugart und Gesamtgewicht.

Wann könnte der jährliche TÜV kommen?

Bleibt die Frage: Was wäre nötig, um den Wunsch nach kürzeren Prüfintervallen Wirklichkeit werden zu lassen? Und bis wann wäre dies möglich? Bereits im Jahr 2012 habe die EU einen Vorstoß in die Richtung unternommen, lässt TÜV-Sprecherin Heidi Atzler wissen. Seitdem werde in Fachkreisen immer wieder darüber diskutiert.

In anderen EU-Ländern wie Spanien, Großbritannien oder Schweden gebe es für ältere Autos bereits einjährige Fristen für die HU. Basis dafür ist die europäische PTI-Richtlinie. PTI steht für „Periodical Technical Inspection“, also periodische technische Untersuchung. Die Richtlinie werde voraussichtlich Anfang 2025 neu gefasst, so Atzler.

Auf dieser Basis müssten Bundesregierung bzw. Bundesverkehrsministerium die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung anpassen und entsprechende Regelungen bezüglich der kürzeren Prüfintervalle aufnehmen. „Dies kann bis zu fünf Jahre dauern“, so Atzler. „Wir haben aber bisher keine Informationen darüber, ob die Fristen in der überarbeiteten EU-PTI-Richtlinie überhaupt thematisiert werden.“

Bis ältere Fahrzeuge jährlich zum TÜV müssen, kann es also noch Jahre dauern. Und vielleicht wird der Vorstoß auch nie Realität. (phy)

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