Satire zum Wochenende: Bald ist Weihnachten - Zeit fürs Pyramidenaufstellen im Erzgebirge
Hier steht, was wirklich wichtig ist. Heute: Während die einen im Schweiße ihres Angesichts eine Riesenpyramide für den Export fertig machen, haben andere noch einen Kater von der Nachtschicht.
Jetzt dauert es nicht mehr lang. Noch wenige Tage - dann ist endlich Weihnachten. Wie? Sie haben noch nichts vorbereitet? Den Teppichboden gebohnert, die Putzlappen gebügelt und die Gardinen gezuckert? Die Raachermännel geweckt? Die Pyramide ausgepackt und zum Anschieben bereitgemacht?
Weiß ja jeder, dass Gahlenz seiner Zeit voraus ist
Die Gahlenzer sind schon so weit. Weiß ja jeder, dass Gahlenz seiner Zeit voraus ist. Gahlenz? Fragt etwa jemand, wo das ist? Kennt doch jeder. Oederan liegt zum Beispiel in der Nähe von Gahlenz. Brand-Erbisdorf auch. Und man spricht ja sogar von „Freiberg bei Gahlenz“. Im Unterschied zu dem deutlich kleineren „Freiberg am Neckar“. Jaja, dieses andere Freiberg liegt nicht nur irgendwo in der Banlieue von Stuttgart, sondern sogar an einem Fluss, der über der Erde fließt, den mal also sogar sieht! Wie uncool ist das denn? In Freiberg gibt es wenigstens den überbauten Münzbach, in dem zum Glück keine Münzen schwimmen. An die würde man ja eh nicht rankommen.
Außerdem ist das schwäbische Freiberg um etwa 800 Jahre jünger als unser hiesiges Freiberg. Es ist quasi ein baden-württembergisches Freital: zusammengesetzt aus Dörfern, versehen mit einem Fantasienamen. Klar - wenn man die Wahl hat, Freiberg oder irgendwie anders zu heißen, dann nennt man sich natürlich Freiberg. Aber lassen wir das: Über die Art und Weise, wie in Freiberg (Sachsen) Stadtjubiläen gezählt und gefeiert werden, nach dem Motto „Alle zehn Jahre ein 850. Geburtstag“, ist an dieser Stelle schon viel gesagt worden. Legen wir lieber den Bergkittel des Schweigens über dieses Thema.
„Wir nennen es Arbeit“: die Freiberger Nachtschicht
Stichwort feiern: In Freiberg steppte ja vergangenes Wochenende der Bär, oder besser gesagt, der Bergmann. Die halbe Stadt war zur „Freiberger Nachtschicht“ angetreten. Gearbeitet wurde allerdings kaum. Höchstens am Zapfhahn und in den Geschäften. Ansonsten zeigten die Freiberger, dass man in der Stadt auch wunderbar feiern kann. Sogar der alte Otto stand in Flammen - das Silvesterfeuerwerk wurde somit vorweggenommen und wir alle können uns auf einen ruhigen 31. Dezember ohne Geballere freuen. Vielleicht.
Es ist also festzustellen: Freiberg ist die Partyhauptstadt schlechthin und lässt Partyparadiese von Antalya bis Alicante weit hinter sich.
Gahlenz jedenfalls, um zum Kaff, äh, zum Thema zurückzukommen: Gahlenz ist seiner Zeit voraus. Besonders ein bestimmter Hersteller von erzgebirgischer Volkskunst, der in der Region bekannt ist wie ein bunter Hunt. Jaja, bei uns hier wird wunderbare erzgebirgische Volkskunst hergestellt. Fast so wie im richtigen Erzgebirge. Also in dem Erzgebirge mit den Bergen. Neenee, ist nicht böse gemeint. Beschwerdebriefe bitte umdatieren. Berge sind ja bekanntlich nur schön, so lange man sie nicht hochlaufen muss.
Rentierschlitten auspacken, aber schnell!
Außerdem ist es nicht schlimm, dass bei uns im weltberühmten Erzgebirgsvor- und Hinterland die Berge nicht ganz so hoch sind. Dafür sind ja die Pyramiden groß. Und bei mit den Temperaturen, die noch vor einer Woche hier vorherrschten, konnte man fast den Eindruck haben, man wäre in Ägypten. Jetzt aber sind wir wieder auf dem steif durchgefrorenen Boden der Tatsachen angekommen. Und wer jetzt kein Haus mit Streusalzlager und funktionsfähigem Rentierschlitten hat, der baut sich keines mehr.
Jedenfalls haben die Gahlenzer mal wieder eine Riesenpyramide gebaut und werden sie in die USA schicken. Das ist auch gut so, denn die haben dort ja nischt. Demokratieverständnis könnten sie ebenfalls gebrauchen, aber damit können wir leider nicht aushelfen.
Anyways, wie der Amerikaner im mittelklassigen Teenie-Film sagt: Hauptsache, die Peramid steht in Amerika schön aufrecht und dreht sich recht lange. Dann können die Amerikaner von ihrer beruhigenden Wirkung profitieren. Denn es setzt sich ja immer mehr die Erkenntnis durch, dass eine Pyramide nicht nur schön aussieht, sondern auch eine gewisse positive psychologische Wirkung hat. Anders gesagt: Es tut gut, eine Pyramide zu betrachten. Dann merkt man, dass sich wenigstens noch irgendetwas bewegt. (eva)