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Die rassistische Anzeige, die ein Dachdecker im "Neuen Grenzblatt" der Stadt Sebnitz veröffentlichte, hat Konsequenzen. Unter anderem meldete sich der Sebnitzer OB Ronald Kretschmar (rechts) zu Wort.
Die rassistische Anzeige, die ein Dachdecker im "Neuen Grenzblatt" der Stadt Sebnitz veröffentlichte, hat Konsequenzen. Unter anderem meldete sich der Sebnitzer OB Ronald Kretschmar (rechts) zu Wort. Bild: "Neues Grenzblatt" der Stadt Sebnitz, Sebastain Kahnert/dpa, Collage
Sachsen
Erste Konsequenzen nach rassistischer Anzeige in Sebnitzer Amtsblatt

Eine rassistische Anzeige eines Dachdeckers im Sebnitzer Amtsblatt hat bundesweit für Empörung gesorgt. Das hat jetzt Folgen.

Sebnitz.

Der Rathauschef der 9500-Einwohner-Stadt Sebnitz war geschockt, es wurden gleich mehrere Strafanzeigen gestellt - weil ein Dachdecker in der aktuellen Ausgabe des Amtsblatts der Gemeinde in einer ganzseitigen Anzeige eine Danksagung an seine Kunden mit einem Stellenangebot verknüpft hat, in dem er klar machte, dass er „keine Hakennasen, Bimbos oder Zeppelträger (gemeint sind offenbar Männer mit Zopf oder Dutt, Anm. d. Red.)“ als Azubis haben wolle.

Oberbürgermeister reagiert erschüttert

Diese menschenverachtende Anzeige ging viral. Die Sebnitzer Stadtverwaltung reagierte erschüttert - und veröffentlichte auf der eigenen Facebookseite noch in der Nacht auf vergangenen Donnerstag ein Statement. „Wir sind ebenso bestürzt und versuchen aktuell die Lage aufzuklären“, war dort zu lesen. Oberbürgermeister Ronald Kretzschmar (parteilos) stellte gegenüber der „Freien Presse“ klar: „Wir sehen bis zum Vorliegen der Druckausgabe nicht, was in diesem privat finanzierten Anzeigenteil des Verlages drin ist. Wir sehen auch über den Korrekturabzug nur die Dinge, die wir selbst als Verwaltung an den Verlag gegeben haben - also Mitteilungen aus Stadtrat, Vereinsgeschehen oder ähnliches.“

Der Sebnitzer Oberbürgermeister Ronald Kretzschmar hatte nach eigenen Angaben noch versucht, die Auslieferung des Amtsblatts zu stoppen. Doch dafür war es schon zu spät.
Der Sebnitzer Oberbürgermeister Ronald Kretzschmar hatte nach eigenen Angaben noch versucht, die Auslieferung des Amtsblatts zu stoppen. Doch dafür war es schon zu spät. Bild: Daniel Förster

Verlag kündigt zuständigen Mitarbeiter fristlos

Den Anzeigenteil verantwortet allein der Verlag Linus Wittich Medien KG, der das Amtsblatt druckt - und der nun Konsequenzen aus dem Vorfall gezogen hat. In einer öffentlichen Stellungnahme bei Facebook erklärte das Unternehmen, dem für die Anzeige zuständigen Mitarbeiter nun fristlos gekündigt zu haben. „Wir sind zutiefst erschüttert über die Veröffentlichung der diskriminierenden und menschenverachtenden Zeitungsanzeige im letzten Amtsblatt der Großen Kreisstadt Sebnitz“, heißt es in der Erklärung. „Diese Formulierung widerspricht in jeder Hinsicht unseren Werten und unserem Selbstverständnis. Wir distanzieren uns mit aller Deutlichkeit von diesem Inhalt. Rassismus, Antisemitismus und jegliche Form von Diskriminierung haben bei uns keinen Platz – weder in unserer Arbeit noch in unserer Kommunikation.“

Anzeigen gegen Dachdecker erstattet

Die Veröffentlichung dieser Zeitungsanzeige bezeichnet der Verlag als „einen schwerwiegenden Fehler, für den wir aufrichtig um Entschuldigung bitten. Dieser Fehler ist nicht wiedergutzumachen, und wir bedauern zutiefst, dass er geschehen ist.“ Sämtliche Geschäftsbeziehungen zu dem Dachdecker seien aufgekündigt worden. Der Verlag habe gegen den Handwerker, mit dem zuvor jahrelang problemlos zusammengearbeitet worden sei, Anzeige erstattet. Es gebe eine enge Abstimmung mit der Polizei und der Stadtverwaltung, um alles restlos aufzuklären. Das Unternehmen werde darüber hinaus die internen Prozesse überprüfen und so anpassen, dass sich ein solcher Vorfall nicht wiederholen könne, heißt es in der Erklärung.

Bürgermeister Kretzschmar hat Anzeige wegen Volksverhetzung gegen die Linus Wittich Medien KG und den Handwerker gestellt. Der Dachdeckermeister selbst reagierte bislang nicht auf Anfragen der „Freien Presse“. Die „Bild“ soll er aber wissen lassen haben, dass er seine Worte anders gewählt hätte, wenn ihn der Anzeigenverkäufer darauf aufmerksam gemacht hätte.

Rund 80 Menschen haben am Ostermontag in Sebnitz wegen der menschenverachtenden Stellenanzeige eines Handwerkers im Amtsblatt der Stadt gegen Rassismus und für Frieden demonstriert.
Rund 80 Menschen haben am Ostermontag in Sebnitz wegen der menschenverachtenden Stellenanzeige eines Handwerkers im Amtsblatt der Stadt gegen Rassismus und für Frieden demonstriert. Bild: Sebastian Kahnert/dpa

Am Ostermontag haben in Sebnitz rund 80 Menschen wegen der menschenverachtenden Stellenanzeige des Handwerkers gegen Rassismus und für Frieden demonstriert. Zu der Kundgebung aufgerufen hatte die Linke nach Bekanntwerden des Vorfalls Auf dem Marktplatz gab es zudem zwei spontan angemeldete Gegenproteste aus dem eher rechten Spektrum mit nach Polizeiangaben etwa 130 Teilnehmern. „Es blieb störungsfrei“, sagte ein Sprecher. (juerg)

© Copyright Chemnitzer Verlag und Druck GmbH & Co. KG
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