Wer kann, sollte einen Tankstopp auf der Autobahn meiden: Denn Benzin und Diesel kosten dort weitaus mehr als hinter der nächsten Ausfahrt - und der Preisunterschied ist in den vergangenen Jahren sogar stark gewachsen. Fühlen sich viele Autofahrer deshalb zu Recht abgezockt?
Vor zehn Jahren war das Tanken an der Autobahn im Schnitt noch 6,5 Prozent teurer als anderswo. 2020 waren es 25 Cent - und jetzt kostet Sprit im Schnitt sogar schon über 40 Cent mehr pro Liter als hinter der nächsten Autobahnausfahrt, wie eine Stichprobe des Verkehrsclubs ADAC und Berechnungen des früheren Linke-Bundestagsabgeordneten Victor Perli ergeben haben.
ADAC-Test: Fast 44 Cent Preisunterschied im Schnitt bei Super E10
Konkret stellte der ADAC bei seiner diesjährigen Stichprobe bei 50 Tankstellenpaaren bei Super E10 einen durchschnittlichen Preisunterschied von knapp 44 Cent pro Liter fest, bei Diesel waren es mehr als 42 Cent. Auch das Bundeskartellamt kam kürzlich in einer Auswertung auf ähnliche Preisunterschiede. Wer 50 Liter tankt, kann also nur durchs Abfahren von der Autobahn im Schnitt mehr als 20 Euro sparen.
So teuer ist Tanken an Sachsens Raststätten
Nicht überall war die Preisdifferenz allerdings gleich hoch. Es gibt regionale Unterschiede. In Sachsen hat der ADAC die Tankpreise bei Chemnitz (A4), Wilsdruff (A4) und Naunhof (A14) verglichen. Dort kostete E10 demnach im Schnitt zwischen 40,1 und 43,3 Cent mehr als abseits der Autobahn. Auf der Rastanlage Auerswalder Blick Nord (A4 bei Chemnitz) lag die Differenz mit 37,5 Cent etwas unterhalb des bundesweiten Durchschnitts.
Auch Diesel war an diesen drei sächsischen Autobahntankstellen zwar deutlich teurer als nach der nächsten Ausfahrt, aber im Test zum Teil deutlich günstiger als im Bundesschnitt. Nach Recherchen der „Freien Presse“ trifft das aber nicht immer zu. So war zum Beispiel Super E10 am Freitagmorgen laut dem Portal clever-tanken.de an der Raststätte Auerswalder Blick Süd 59 Cent teurer als an der günstigsten Tankstelle in Chemnitz. Bei Diesel waren es sogar 61 Cent pro Liter.
Dass es auch anders geht, zeigt allerdings die Autobahntankstelle Fuchsberg Nord an der Ostseeautobahn A20 in Mecklenburg-Vorpommern. Der Preisunterschied zur nahegelegenen Tankstelle in Neukloster betrug dort laut ADAC-Test lediglich 5,9 Cent je Liter Super E10. Bei Diesel beträgt der Aufpreis gerade einmal 0,9 Cent – nach ADAC-Ansicht ist dies sehr fair.
Experten: Umweg lohnt sich praktisch immer
Der ADAC sieht die Preise an der Autobahn kritisch: „Ein gewisser Aufpreis aufgrund teurer Konzessionen und des Angebots rund um die Uhr ist aus ADAC-Sicht nachvollziehbar. Preisunterschiede in den festgestellten Höhen sind jedoch nicht akzeptabel“, hieß es. „Autofahrerinnen und Autofahrer sollten daher die Tankstellen an den Autobahnen meiden und zum Tanken abfahren. Der meist kurze Umweg lohnt sich praktisch immer.“
Kritiker: Monopolstellung wird ausgenutzt
Als Bundestagabgeordneter hatte Perli in der vergangenen Legislaturperiode mehrfach die Bundesregierung mit den Preisunterschieden konfrontiert. Er kam zu dem Schluss. „Bei den Benzin-Preisen an Autobahntankstellen wird immer dreister abgezockt.“ Aus seiner Sicht missbraucht Tank & Rast seine beherrschende Marktstellung.
Dieses Unternehmen mit Sitz in Bonn kontrolliert selbst und über die Ostdeutsche Autobahntankstellengesellschaft 408 von 440 Raststätten am deutschen Autobahnnetz - hat also einen Marktanteil von fast 93 Prozent. Einige Standorte betreibt sie selbst, die meisten werden als Franchise-Betriebe von Pächtern bewirtschaftet. Wer dort Kraftstoff verkaufen darf, wird über eine Auktion ermittelt. Den Zuschlag erhält die Mineralölgesellschaft, die am meisten zahlt.
„Dadurch, dass Tank und Rast ein Monopol hat, nehmen sie hohe Pachten bei den Mineralölgesellschaften“, moniert der Tankstellen-Interessenverband e.V. Und die Ölkonzerne könnten dann wiederum beliebig an den Preisen drehen, da es sich quasi um ein Monopol handele.
Tank & Rast weist Vorwürfe zurück
Tank & Rats weist die Verantwortung für die Mondpreise an den Raststätten allerdings regelmäßig zurück. Die Franchisepartner führten ihre jeweiligen Betriebe als selbständige Unternehmer mit Kundenfokus in wirtschaftlicher Eigenverantwortung, argumentiert das Unternehmen. Und was die Spritpreise angeht, seien die Mineralölgesellschaften zuständig. Die geben sich bedeckt. Welchen Anteil das Bieterverfahren auf die hohen Spritpreise an den Autobahnen tatsächlich hat, lassen sie offen - Geschäftsgeheimnis.
Wirtschaftsministerium: Kein Grund zum Eingreifen
„Das Kartellamt muss endlich mehr tun als nur beobachten und Tank & Rast sowie den Mineralölkonzernen bei den Preisen einen Riegel vorschieben“, hatte Perli bereits mehrfach gefordert. Diese Behörde hat zwar selbst auch schon Autofahrern geraten, Autobahntankstellen zu meiden. Einen Grund, einzugreifen, sah das Bundeswirtschaftsministerium, dem das Bundeskartellamt untersteht, bislang aber nicht.
So hieß es zuletzt auf eine Anfrage Perlis Ende Dezember 2024 dazu: „Anbieter von Tank- und Rastmöglichkeiten auf und neben den Bundesautobahnen stehen im Wettbewerb zueinander. Die Verkehrsteilnehmer können zwischen einer Vielfalt von Angeboten und Anbietern wählen, unter anderem zwischen den verschiedenen Tank- und Rastanlagen auf den Autobahnen oder Autohöfen, Systemgastronomen, Landgasthöfen und Tankstellen neben der Autobahn.“ Diese seien dank der Digitalisierung für die Autofahrer auch leicht zu finden.
ADAC: Tank-Apps nutzen
Der ADAC rät, Tank-Apps zu nutzen - und die jeweils günstigste Tankstelle anzufahren. Experten empfehlen zudem, schon am Abend vor der Abreise zu tanken, weil Sprit dann in der Regel deutlich billiger ist als am Morgen. Geht es mit dem Auto ins Ausland, tankt es sich auch oft - aber nicht immer - hinter der Grenze billiger als in Deutschland. (juerg)