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Viel Staub und doch keine Hexen
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Bitte nicht wundern: Zum Wochenausklang (vor dem langen Osterwochenende) gibt es bereits heute meine Randnotizen zu den Gesprächen mit Lesern zwischen zehn und zwölf. Und weil ich bereits gestern einmal vor Erleichterung tief durchgeatmet hatte, weil ich da schon wusste, dass das "Gedichte der Woche" heute auf der Seite "Kultur & Service" mit "O Haupt voll Blut und Wunden" von Paul Gerhadt von der Qualität ist, dass von den den Traditionalisten unter den Freunden der Poesie niemand anrufen und sich beschweren würde, fällte er mir umso leichter, meine erste kurze Geschichte gleichfalls mit dem "Gedicht der Woche" in meinem Blog zu beginnen:
Episode 1:
Ich hab ihn gesehen, aus dem Auto heraus. Er saß auf dem Platz vorm Bistro, ein rotblaues Ei war auch mit dabei.
Und wie früher ein Korb aus Stroh, fünf Krokusse standen auf etwas Grün, wie bunte, gute Ideen.
Wo warst du solange? Schrie ich in dem Lärm. Warum hab ich dich nicht gesehen? Ich war immer da.
Rief der Hase zurück: Nur gesehen hast du mich nicht, ich saß im Park und in jedem Wald und jedem Ostergedicht.
Die Ampel war grün und die Sonne gelb, wie runde Osterkuchen.
Im Spiegel verloren sich die langen Ohren, sein Geschenk war immer das Suchen.
O. U.
Episode 2: Ein Leser hat mir ausführlich erklärt, dass er nach ebenso reiflichen wie tiefgründigen Überlegungen zu dem Ergebnis gekommen ist, dass er mit der Schweiz den wahren Schuldigen für die globale Finanz- und Wirtschaftskrise ausgemacht hat und dass er mich bitte möchte, dies meinen Kollegen in der Redaktion mitzuteilen, damit entsprechende Recherchen in Angriff genommen werden könne, um die Leser der "Freien Presse" darüber zu informieren, welche Rolle das Alpenland tatsächlich spielt. Dann meinte der Mann noch, dass jeder einfache Bürger es selbst in der Hand habe, seinen Beitrag zu leisten, dass die Schweiz in ihre Schranken gewiesen wird. Dies waren seine Empfehlungen: Wir kaufen keine Schweizer Uhren und Messer mehr, keinen Schweizer Käse und keine Schweizer Schokolade. Wir laufen Ski in Österreich oder Italien oder in Deutschland. Wir machen auch keinen Urlaub mehr in der Schweiz."
Episode 3: "In diesem Jahr melde ich mich rechtzeitig, damit Sie endlich einen Artikel wegen dieses Blödsinns veröffentlichen und die Leute hoffentlich mal darüber nachdenken, was sie da machen?", sagte Leserin und nannte mir den Grund für ihren Ärger: "Es geht mir um die Hexenfeuer in der Nacht zum 1. Mai." Weil ich mich an Gespräche erinnerte, die ich in den vergangenen Jahren immer Tage vor der Walpurgisnacht darüber geführt hatte, dass dies eine durch und durch frauenfeindliche Tradition sei und endlich als solche auch angeprangerte werden müsse, damit diesem Treiben ein Ende gesetzt werden könne, fragte ich die Frau in der Leitung: "Es geht da doch wohl nur, wenn ich richtig informiert bin, um den Spaß und die Geselligkeit. Fühlen Sie sich als Frau wirklich diskreditiert, nur weil eine Puppe verbrannt wird?" Die Leserin schwieg; etwa fünf Sekunden lange hörte ich nur Atemgeräusche, bevor mich diese Frage anhören durfte: "Was hat mein Selbstbewusstsein als Frau mit der Feinstaubbelastung zu tun?"
Episode 4: Der Anrufer hatte meine Nummer gewählt, weil ein Wort in der Zeitung gelesen hatte, dass er nicht kannte und dass er sich deshalb von mir erklären lassen wollte; in seinem Duden hatte er es nicht gefunden, im Internet ist er nicht unterwegs. "Was ist ein Flashmob?", lautete seine Frage, und bis auf die Tatsache, dass er das "a" auch wie "a" aussprach und ich an dieser Stelle kurz an Giovanni Trapattoni und seine Äußerung "wie Flasche leer" denken musste, hatte er Flashmob auch korrekt ausgesprochen. Ich hatte schon den Beginn einer Erklärung auf der Zunge, als mir einfiel, dass ich Facebook wohl nicht erwähnen dürfe, ohne Gefahr zu laufen, eine weitere linguistische Baustelle aufzumachen, und dass ich mich nicht wirklich kurz fassen könne, wenn ich beschreiben müsste, was ein soziales Netzwerk ist. Also entschied ich mich für diese Variante: "Einer gibt im Internet das Signal, viele laufen los zu der verabredeten Stelle, man hat viel Spaß und macht verrückte Sachen, um möglichst viel Aufmerksamkeit zu erregen." Der Mann zögerte nicht, mir zu sagen: "Ach so, ich verstehe", bevor er noch hinzufügte: "Ich werde mal meinen Enkel fragen, der soll mir das mal vormachen."
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