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Mein Problem mit dem "Wissense"

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Als ich vorhin meine Protokolle der Gespräche mit Lesern durchging, um nach Randnotizen für meinen (fast) obligatorischen Ausklang zum Wochenende in meinem Blog zu suchen, wollte ich eigentlich davon ausgehen, dass ich nur von Gesprächen berichten möchte, in denen es nicht um das Virus oder die Pandemie und ihre Folgen ging. Es ist mir bei weitem nicht gelungen, das Verhältnis ist sogar drei zu eins, ich bin untröstlich, und das ist keine belanglose Phrase, ich meine es ernst: 

Episode 1: Fünf Leser haben mich heute angerufen, weil sie mit mir über Klopapier reden wollten.  Vier davon haben es gemacht, weil sie in den vier Lokalausgaben einer Regionalredaktion der "Freien Presse" die Überschrift "Regale leeren sich derzeit ruckzuck" gelesen hatten und meinten: "Der Artikel geht völlig in Ordnung, aber die Überschrift grenzt meiner Ansicht nach an Panikmache, weil sie die Botschaft transportiert, dass es offenbar gute Gründe gibt, sich einen Vorrat an Klopapier zuzulegen", meinte eine Anruferin, die hier stellvertretend für alle vier zu Wort kommen darf. 

Episode 2: Zu den Wörtern und Phrasen, auf die ich mittlerweile etwas mehr mit Ablehnung und Ärger reagiere, wenn Leser sie in der Unterhaltung ununterbrochen verwenden und damit auch nicht aufhören, nachdem ich sie darauf hingewiesen habe ("Passen Sie mal auf." "Ich passe auf." "Wie meinen Sie das?" "Dass ich aufpasse eben. "Verstehe ich nicht, also es geht mir darum, passen Sie mal auf, ich möchte."), gehört seit heute auch das "Wissense". Dies ist nur ein kurzer Ausschnitt aus der Unterhaltung, die insgesamt vier Minuten und 20 Sekunden dauerte: "Wissense, ich finde das nicht in Ordnung." "Ich weiß." "Wissense, Sie sollten da mal nachhaken." "Ich weiß." "Wissense, es nützt mir nichts, wenn Sie das wissen, aber nicht darüber schreiben. "Ich weiß." (Drei Sekunden lang Schweigen) "Warum sagen Sie immer, dass Sie es wissen." "Weil Sie mich dazu auffordern." "Verstehe ich nicht." "Ist auch egal." "Wissense, ich habe den Eindruck, dass Sie mich nicht ernst nehmen." "Ich weiß." ...)

Episode 3: Eine (mein Wissen tatsächlich bereichernde) Lehrstunde hinsichtlich der Bedeutsamkeit von regionalen Identitäten in Sachsen habe ich außerdem noch bekommen, weil ein Leser mich wegen der Kolumne "Sächsisches Alphabet" gestern auf der Seite "Rat & Leben" angerufen hatte, denn ihr war dieser Satz in die Nase gefahren: "Allein der Unterschied zwischen Vogtland und Erzgebirge ist gewaltig, aber dennoch sächsisch." Sie meinte: "Das Vogtländische hat mit dem Sächsischen rein gar nichts zu tun, richten Sie das bitte Ihrem Kollegen aus." Das war mir neu, weshalb ich wissen wollte: "Womit dann?" Ich habe es erfahren: Eine Mischung aus Fränkisch, Nordbayrisch, Thüringisch und Oberpfälzisch." Ganz ehrlich? Ich bin begeistert angesichts dieser Vermischung von Mundarten und Dialekten.

Episode 4: "Das ist ein Skandal", sagte der Mann und benutzte damit, obwohl er das nicht wissen konnte, eine Formulierung, die augenblicklich dafür sorgt, dass ich den Ordner mit den Dateien für die Archivierung von Gesprächen zur späteren Verwendung als Gliederung meiner Memoiren öffne, meine zehn Finger in Grundstellung über der Tastatur bringe und, weil ich dazu in der Lage, wörtlich mitschreibe. In diesem Fall tippte ich weiter: "Ich bin erschüttert, das steckt sich unser Gesundheitsminister mit dem Coronavirus an, und ich lese in der Zeitung kein einziges Wort darüber, wie das passieren konnte, wo der Mann doch immer so toll als unser aller Vorbild dastehen möchte." Ob ich dem noch etwas hinzufügen möchte? Nein. 

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