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Was ist heutzutage noch normal?

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Der allgemeine Wahnsinn verfolgt offenbar ein System, dessen Strukturen sich auf eine Weise kanalisieren, dass am Ende jemand da draußen etwas in der Zeitung liest und denkt: Ruf ich doch mal den Leserobmann an, falsch kann das auf keinen Fall sein. In diesem Sinne gibt es heute wieder einmal zum Wochenausklang vier Randnotizen aus den Protokollen der Gespräche mit Lesern zwischen zehn und zwölf.

Episode 1: Das war mal wieder so eine Situation, in der ich mich innerhalb weniger Sekunden entscheiden musste, ob ich (salopp formuliert) die Klappe halte und die Unterhaltung mit der Leserin zu einem schnellen und unkomplizierten Ende bringe, oder ob ich sage, was mir in den Sinn kommt, womit ich jedoch riskiere, mir (weiteren) verbalen Ärger einzuhandeln. Weil mein Bauchgefühl eine stärkere Verbindung zu meinem Sprachzentrum als mein Verstand hat, kam es dann, wie es kommen musste. "Was Sie da schreiben, übersteigt wirklich langsam jegliche Normalität", sagte die Frau und meinte damit, was sie mit "es geht um Corona" zu Beginn der Unterhaltung eingeleitet hatte, die Berichterstattung über den richtigen Umgang mit der Pandemie. Mir war klar, worauf sie hinaus wollte, doch ich wollte trotzdem wissen: "Was meinen Sie mit Normalität?" Sie zögerte kurz, bevor sie sagte: "Was Sie den Lesern zumuten können natürlich, statt sich an die Wahrheit zu halten." Dann sagte ich den Satz, der das Ende der Unterhaltung einleitete: "Tut mir echt leid, aber ich kann Ihnen gerade nicht folgen, warum nur die Wahrheit normal sein soll."

Episode 2: Fassungslos (aber zum Glück nicht sprachlos) hat mich diese Anliegen eines Anrufers gemacht: "Ich habe in der Geschäftsstelle angerufen, niemanden erreicht, auch in der Lokalredaktion nicht, dann habe ich die Servicehotline angerufen, dort hat man mir dann gesagt, dass Sie mir weiterhelfen können", sagte die Frau in der Leitung, die laut Kollegin in der Telefonzentrale eine Frage zu dem Artikel "Teure Zähne - was zahlt die Kasse" am vergangenen Mittwoch auf der Seite "Rat & Leben" hatte, dies wollte sie wissen: "Ich brauche die Telefonnummer der Landeszahnärztekammer, können Sie mir die sagen?"

Episode 3: Ein Leser wollte nur einen Satz bei mir loswerden, denn er hatte die Nachricht über die nicht zustande gekommene Versammlung mit Leuten der "Querdenker"-Bewegung gelesen und meinte: "Da hat doch in Wirklichkeit nur noch eine Information gefehlt: Und die Erde ist eine Scheibe."

Episode 4: Durchschnittlich einmal am Tag ruft mich jemand an, der wissen möchte, warum sein Leserbrief nicht veröffentlich worden ist. Das wollte auch der Leser wissen, der seine Meinung zu der Nachricht "Viele Beschäftigte überqualifiziert" in Worte gefasst und mir geschickt hatte. Ich mir große Mühe gegeben, ihm zu erklären, warum niemand in der Zeitung seine Frage lesen soll: "Warum werden nicht Deutsch sprechende Unterqualifizierte aus Afrika und Arabien importiert, wenn hier schon Millionen unter ihrer Qualifikation arbeiten müssen?" Manchmal könnte ich ... beiße auch nicht in die Tischkante ... Schokolade fragt nicht, Schokolade versteht. Ein schönes Wochenende wünsche ich allen, die es bis hierhin geschafft haben.

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