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Das Signal: Es ist ein Anfang
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Eigentlich denke ich nicht wirklich ernsthaft darüber nach, eines Tages mal ein "Handbuch für Leserobmänner" zu schreiben, weil es kaum auf eine große Nachfrage stoßen dürfte, denn in Deutschland gibt es bislang nur etwas mehr als eine Handvoll von Kollegen, die in gleicher oder ähnlicher Weise bei einer Tageszeitung für die Betreuung eines "Kummerkastens" zuständig sind und andernorts beispielsweise Leseranwalt oder Leserbotschafter heißen. Die Seite "Kommentar & Hintergrund" in der heutigen Ausgabe der "Freien Presse" aber würde ich auf jeden Fall in einem solchen Ratgeber mit aufnehmen als ein besonders gelungenes Beispiel dafür, wie man Anrufern erklären kann, wie guter Journalismus funktioniert, nachdem sie sich zuvor darüber aufgeregt hatten, welchen Stellenwert meine Kollegen diesem einen oder jenem anderen Thema mit einem Artikel beigemessen haben. Aber der Reihe nach:
Insgesamt fünf Leser haben mich heute zwischen zehn und zwölf angerufen, nachdem sie den Artikel "Von der Leyens erstes Milliardenrisiko" gelesen und sich maßlos darüber geärgert hatten, dass die Bundesregierung mehrere Milliarden Euro in ein neues Luftabwehrsystem stecken will. Alle waren sich einig, dass es keinen tatsächlich nachvollziehbaren Grund gibt, dieses Rüstungsvorhaben wie geplant zu verwirklichen, weil sie ausnahmslos sich gegen jeder Form von Waffengewalt und militärischem Drohgebären aussprechen.
Drei dieser Anrufer sind noch einen Schritt weiter gegangen und haben auf den Beitrag darunter mit der Überschrift "Zahlenspiele zur Schulsanierung in Sachsen" verwiesen, weil sie es für einen Beweis für das verantwortungslose Handeln der Politiker gegenüber den Menschen und ihren wahren Bedürfnissen in unserem Land erachten, dass Milliarden Euro in ein solches Waffensystem gesteckt werden, während zu wenig Geld für die Sanierung von maroden Schulen zur Verfügung steht.
Von den fünf Anrufern hatte aber nur einer den neben diesen beiden Berichten stehenden Leitartikel meines Kollegen mit der Überschrift "Risiko mit Ansage" bis zu Ende gelesen. Der letzte Absatz lautet nämlich: "Apropos Steuergeld-Verschwendung: Die Milliarden für Meads oder auch für supermoderne Kampfschiffe könnte die Regierung besser für zum Beispiel Bildung oder eine menschenwürdige europäische Flüchtlingspolitik einsetzen. Da wären die Kosten überschaubar."
Die anderen vier Leser habe ich also auf den Kommentar hingewiesen mit der Erklärung, dass das Fazit meines Kollegen doch eigentlich ihren Ärger über das Rüstungsvorhaben auf den Punkt bringt, weil es die Sinnlosigkeit des Luftabwehrsystems und der Milliarden, die dafür bezahlt werden müssen, gerade in diesem alle Menschen betreffenden Kontext ins rechte, nämlich durchschauende und deshalb anprangernden Licht rückt. Also waren die fünf Leser und ich uns einig: Die beiden Berichte und der Leitartikel sind informativer und meinungsbildender Journalismus, wie man ihn sich für diese beiden Themen nicht besser vorstellen kann.
Diesen Dialog mit einer Leserin am Ende des Gesprächs möchte ich trotzdem nicht für mich behalten:
"Ihre Kollegen haben also alles richtig gemacht."
"Genau."
"Aber soll ich mich jetzt deswegen besser fühlen?"
"Wie meinen Sie das?"
"Das viele Geld für diese und andere grausame Waffen lassen mich daran zweifeln, dass wir uns nicht darauf verlassen können, nie wieder einen Krieg erleben zu müssen. Und daran hat sich auch nach der Lektüre der Zeitung heute nichts geändert; vielleicht eher das Gegenteil, ich mache mir noch größere Sorgen."
"Dann schreiben Sie doch bitte einen Leserbrief, den ich dann im Leserforum veröffentlichen kann."
"Meinen Sie, dass ich mich dann besser fühle, weil ich etwas ändern würde."
"Das eine weiß ich nicht, das andere wage ich auch zu bezweifeln, aber ..."
"Also ist ein Leserbrief sinnlos, ich kann mir Zeit und Mühe sparen."
"Das stimmt nicht."
"Nun bin ich aber gespannt, was Sie mir für diese Behauptung als Erklärung anbieten."
"Ganz einfach: Ihre Meinung wird anderen Menschen das Signal geben, dass sie mit ihrer Haltung nicht allein sind. Und das ist, nicht nur bei diesem Thema, sondern bei allen Formen eines Widerstands gegen Ungerechtigkeiten, ein Anfang; und das ist viel wichtiger, als Sie vielleicht vermuten mögen."
Etwas fünf Sekunden lang hörte ich nicht, dann sagte die Frau in der Leitung:
"Sie haben Recht."
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