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Ganz einfach: So gegen Wahlmüdigkeit
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Manchmal bin ich vor Erstaunen sprachlos, nachdem ich das Gespräch mit einem Leser beendet habe, und dann frage ich mich: Ist das gerade wirklich passiert? Das erlebe ich meistens dann, wenn die Anrufer sich kurz fassen und dabei ihre Meinung mit wenigen Worten auf den Punkt bringen sowie die Finger genau dort in die Wunde leben, wo es bei denen wehtut, um die es geht; fast immer sind das Politiker. Jetzt habe ich das erneut erlebt, weshalb ich es nicht für mich behalten möchte. Der Mann in der Leitung verwies mich zuerst darauf, dass er mich wegen des Artikels "Parteien wollen das Wählen attraktiver machen" (am Montag auf der Seite "Kommentar & Hintergrund") angerufen habe. In dem Beitrag ging es darum, dass alle Parteien sich nicht mit der Wahlmüdigkeit der Menschen in Deutschland abfinden wollen und deshalb solche Vorschläge wie unter anderem das Wählen in mobilen Wahllokalen beispielsweise in Supermärkten oder auch bis acht Uhr abends ins Spiel bringen.
"Das Problem ist viel einfacher aus der Welt zu schaffen. Man muss nur das Vertrauen der Bürger in die Politik stärken, damit sie nicht weiterhin davon ausgehen, dass es völlig egal ist, ob sie überhaupt ihre Stimme abgeben und bei wem sie ihr Kreuz machen, weil man ohnehin nichts ändern könne", erklärte mir der Leser. Dazu habe er diese Vorschläge für gesetzliche Neuregelungen:
Die Zahl der Sitze in den Landtagen und im Bundestag wird unmittelbar an die Wahlbeteiligung gekoppelt, was bedeutet: Gehen weniger Leute zur Wahl, sinken die Chancen der Kandidaten auf einen Platz im Parlament, was die Politiker unweigerlich dazu bewegen würde, ganz anders und vor allem ehrlicher während eines Wahlkampfes auf die Menschen zuzugehen. Maximal zwei Legislaturperioden dürfen die Vertreter der Parteien als Abgeordnete in einem Parlament vertreten sein, weil dann die Versuchung, sich auf diese Weise eine lukrative Beschäftigung und vor allem ein weit über den Durchschnitt bei den Rentnern hinausgehendes Altersruhegeld zu verschaffen, nicht mehr so groß ist und dies die Glaubwürdigkeit der Politiker erhöhen würde. Die Listenwahl wird abgeschafft oder zumindest drastisch auf ein Minimum reduziert und nur noch beziehungsweise überwiegend direkt gewählte Abgeordnete können in ein Parlament einziehen; das würde dafür sorgen, dass die Vertreter der Parteien vor Ort in ihren Wahlbezirken einen viel ehrlicheren Wahlkampf machen müssten und nicht mehr darauf vertrauen könnten, über einen Platz auf der Landesliste den Job eines Abgeordneten zu bekommen.
Seine Vorschläge hat der Leser genau so formuliert, ohne dabei eine Pause einzulegen, um womöglich über den genauen Wortlaut seiner Ausführungen nachzudenken; aufgeschrieben hatte er sie auch nicht zuvor, ich habe ihn bewusst danach gefragt. Er sei eben ein politisch mitdenkender Mensch, weshalb er sich mit 89 Jahren auch die Freiheit herausnehme, aus seiner Überzeugung kein Geheimnis zu machen. Ich habe ihm zugestimmt, vorbehaltlos.
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