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Verbrennen? Hexen besser ertränken

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Regelmäßig - und das ist keine Übertreibung, weil ich den Themenkalender danach stellen kann - rufen mich Leute an, weil sie sich fürchterlich über einen von Zeitgenossen verübten Umweltfrevel beklagen wollen und mich bitten, meine Kollegen in der Redaktion davon zu überzeugen, diesen Missstand zum Gegenstand einer Recherche und eines Berichts zu machen, verbunden mit der Hoffnung, dass so mancher doch noch einsichtig wird und darauf verzichtet, das zu tun, was Mutter Natur belastet und höchst schädlich für die Menschen ist. An der Spitze der freigesetzten gefährlichen Stoffe steht, was aus meinen Protokollen der Gespräche mit Anrufern eindeutig hervorgeht, seit Jahren der Feinstaub. In den Wochen vor dem Jahreswechsel hatten sich drei Leser bei mir gemeldet, weil das Feuerwerk ans Silvester zu den größten punktuellen Ursachen für Feinstaub-Emissionen gehört. Laut Auswertungen des Umweltbundesamtes gilt als sicher: Am ersten Tag des neuen Jahres ist die Luftbelastung mit gesundheitsgefährdendem Feinstaub vielerorts so hoch wie sonst im ganzen Jahr nicht.

In den ersten beiden Wochen des neuen Jahres haben sich wieder Leser bei mir beschwert; zum einen weil es mittlerweile mehr als nur modern ist, dass sich vielerorts Gruppen von Menschen zusammenfinden, um die ausgedienten Weihnachtsbäume zu entsorgen, in dem sie in geselliger Runde mit reichlich Alkoholkonsum verbrannt werden. "Die Leute machen sich überhaupt keine Gedanken, was dabei an Feinstaub in die Luft geschleudert wird", meinte eine Anruferin und fragte mich: "Ist das nicht sogar verboten, Grünzeug im Winter einfach zu verbrennen?" Zum anderen meinten zwei Leser, dass sich die "Freie Presse" nicht auch noch zum Handlanger dieser Umweltsünden machen sollte, indem meine Kollegen solche öffentlichen Baumverbrennungen auch noch ankündigen. Widersprochen habe ich nicht, weil ich das Übel als solches als eher klein eingestuft habe, weil mir noch nie eine solche Ankündigung in der Zeitung aufgefallen war. Sicherheitshalber habe ich dann doch die Archivsuche des Computers aktiviert, anschließend wäre ich beinahe vom Stuhl gefallen. Mehr als 50 Kurzmeldungen über die Ankündigung einer öffentlichen Weihnachtsbaumverbrennung standen dort auf der Liste. Kleine Kostprobe: "In (...) und (...) brennen heute Abend die Weihnachtsbäume. Das traditionelle 'Fichtenvernichten' beginnt 17 Uhr an der neuen Feuerwache im Park. Dort gibt es auch Roster und Glühwein." Oder diese:  "Im Ortsteil (...) wird heute ab 17 Uhr das Knutfest gefeiert. Wer einen ausgedienten Weihnachtsbaum zum Verbrennen auf den Sportplatz mitbringt, erhält einen Glühwein umsonst. Dazu gibt es einen Lampionumzug für die kleinen Gäste und Christbaumstemmen für die ganzen Kerle."

Wer sie hören wollte, dem habe ich meine Meinung dazu gesagt: Kompostieren wäre sicherlich die bessere und umweltbewusstere Variante der Entsorgung von Weihnachtsbäumen, doch angesichts der Mengen an Feinstaub, die im Vergleich dazu von Autos und Industrieanlagen in die Luft geschleudert werden, halte ich das Ausmaß beim örtlich und zeitlich stark eingeschränkten Verbrennen von Fichten und Tannen im Verhältnis zum Genießen von Geselligkeit und guter Laune für vertretbar. Diesen Blogeintrag habe ich aber aus einem anderen Grund gerade heute geschrieben, denn um kurz nach elf meinte ein Mann am Telefon: "Dieses Jahr rufe ich ganz bewusst so früh an, damit ist endlich mal klappt: Demnächst werden doch wieder die Hexen verbrannt, auf großen Scheiterhaufen und in weit leuchtenden Feuern. Klären Sie die Menschen bitte unbedingt auf, was das angesichts des dabei freigesetzten Feinstaubs für die Umwelt und damit auch für unsere Gesundheit bedeutet." Ich habe zunächst ein paar Sekunden geschwiegen, bevor ich mich dann doch entschloss, einen Kommentar dazu abzugeben: "Also gut, ertränken wir die mit dem Teufel im Bunde stehende Weibsbilder und schaffen dazu große Bottiche mit Wein heran, weil wir dann sogar das Hinrichtungsmaterial fachgerecht und umweltbewusst selbst entsorgen können."

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