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Auf der Zunge zergehen lassen

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Rund 80 Prozent der Deutschen sind der Ansicht, dass Angela Merkel nicht weiter Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland sein sollte. Das ist - ich betone - nicht das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage, sondern die Erkenntnis eines Lesers, nachdem er mit vielen Menschen in seinem unmittelbaren Umfeld gesprochen und mich deswegen angerufen hatte. "Die muss weg, ganz klar", fasste der Mann in seiner mir mündlich am Telefon vorgetragenen Verlautbarung die Konsequenz seiner Recherchen mit wenigen Worten zusammen, während er sich eigenen Worten zufolge ("mal sehen") die schriftliche Ausarbeitung seiner Erkenntnisse mit der Absicht, sie als Leserbrief veröffentlichen zu können, noch vorbehalten will. Selbstverständlich wurde meine Erwartung nicht enttäuscht zu erfahren, ob er innerhalb seiner Recherchen auch den einen oder anderen Grund dafür, dass Merkel nicht mehr an der Spitze unserer Regierung stehen soll, als weiteren Teil seines Umfrageergebnisses ermittelt hat. Er hat: "Die hat ja nicht mal 'nen Krieg erlebt", formulierte er eine Tatsache, die seiner Meinung unmissverständlich ein Indiz für die Forderung nach einem unverzüglichen Rücktritt der Kanzlerin sei, und fügte sogleich einn zweite hinzu: "Sie hat uns an die Zinsmafia der Banken verraten." Letztendlich habe ich dann darauf verzichtet, weitere Zwischenfragen zu stellen ("lassen Sie mich gefälligst ausreden, noch herrscht Meinungsfreiheit in diesem Land"), weshalb ich auch keine weiteren Information dazu erhalten habe ("das Mädel war FDJ-Sekretärin, das sagt doch alles"), ob der Anrufer weitere und vor allem belegbare Belege gesammelt hat, dass ihre Nähe zum Staatsystem während der DDR etwas sei, das man der Kanzlerin 27 Jahre nach der Wende noch zum Vorwurf machen kann. Meine Bilanz zu dieser Unterhaltung: Während der einen Minute und 36 Sekunden, die sie dauerte, habe ich über meine Begrüßung mit Vorstellung meines Namens und meiner Funktion bei der "Freien Presse" insgesamt fünfmal "ja", zweimal "wohl eher nicht" und (in der Frageform) einmal "tatsächlich?" gesagt. In meiner Liste mit Gesprächen dieser Art (Kategorie "Mal Dampf ablassen") hat dieser Anruf in diesem Jahr die fortlaufende Nummer 34 bekommen. Das Stück Schokolade, dass ich mir anschließend auf der Zunge zergehen lassen habe, hatte einen Kakaogehalt von 70 Prozent und bestand weiterhin aus einer Cranberry-Füllung (18 Prozent) sowie dunkler Mousse au Chocolat (ohne Prozentangabe).

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