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Patagonien pur

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Puenktlich zum 24. Dezember holpern wir in das 300 Seelen-Dorf Villa O?Higgins. Hier endet die legendaere Carretera Austral und hinter uns liegen ca. 1200km wilde Natur und einsame Strasse. Doch nun scheinen wir wirklich am Ende der Welt angekommen zu sein: von hier aus geht es nur noch per Boot weiter, ueber den tiefsten See Amerikas (Lago O?Higgins, ueber 800m), hinein in unberuehrte Natur und auf Wanderwegen nach Argentinien.



Entsprechend ruhig wird unser Weihnachten auf dem Campingplatz von Alicia. Hinter dem warmen Holzofen in der Kueche ist der eisige, pfeifende Wind draussen bald vergessen und es gibt am Weihnachtsabend Cordon Bleu aus der Tiefkuehltruhe. Alicia erzaehlt vom Leben ?am Ende der Welt: ?Bis 1999 gab es hierher noch keine Strasse. Alles Essen wurde per Pferd und Boot von Argentinien gebracht und war soo teuer. Heute haben wir wenigstends eine Grundschule - spaeter muss ich meine Tochter aufs Internat nach Cochrane schicken (was 200km entfernt ist und ein langer Weg mit Faehrueberfahrten etc). Allerdings ist der Weg dahin lang und teuer: das Benzin koennen wir uns nicht leisten. Im Winter sinken die Temperaturen teilweise weit unter Null und manchmal friert sogar das Benzin ein.? Doch lachend schiebt Alicia noch einige Broetchen mehr in den Ofen und sagt:?Aber wir haben ja genug Holz. Der Winter macht uns nichts aus.?


Uebrigens sind die Chilenen noch spaeter dran mit dem eihnachtsgeschenke-Kauf als wir in Deutschland: am Heiligabend 21 Uhr steigt Alicias Mann noch mit dem eben gekauften Geschenk aus dem Auto...

Der 26. Dezember ist unser Weihnachtsgeschenk: er wird unvergesslich bleiben! Morgens 5Uhr huscht Rene schon mit der Kamera durch den Busch und einem riesigem, rotkoepfigen Specht hinterher, den es nur in Patagonien gibt. Spaeter finden wir uns auf der Faehre wieder, die uns zum Wanderweg-Start nach Argentinien bringen soll. Bei wenig Wind (einer absoluten Raritaet hier unten!) und viel blauem Himmel fahren wir zur gigantischen Abbruchkante des O?Higgins Gletschers: die 60-80m hohe, tuerkisblaue Eiswand laesst immer wieder krachende Eisberge in den See fallen. Staunend bewundern wir dieses spaltenreiche, uralte Naturwunder. Es ist einer der Momente, die wir fuer immer festhalten wollen...

Die naechsten Tage werden anstrengend und schweisstreibend: auf steilem Steinweg geht es ueber einen Pass zur geographischen Grenze nach Argentinien. Dannach folgen 7km Wanderweg mit querliegenden Baumstaemmen, Flussquerungen, Matschdurchfahrten etc. 5 Stunden brauchen wir, um die Raeder durch dieses Stueck zu bugsieren. Doch dann kommt er: der Ausblick auf das umwerfendste Felsmassiv, dass wir jemals gesehen haben!!! Der Fitz Roy sticht hervor aus der Masse an steilen Felsnadeln und blanken Steinwaenden. Er ist einer der am schwersten zu kletternden Berge weltweit - auf seinen Waenden bleibt kein Kruemel Schnee liegen, so steil sind sie! Die Kletterelite der Welt gibt sich hier ihr Stelldichein und auch fuer uns wird das Massiv fuer die naechste Woche ein Highlight der gesamten Reise! Doch zuerst gibt es den argentinischen Einreisestempel in der Holzhuette am Strand des Sees, dort wo der Wanderweg endet und die naechste Faehre wartet: der aeltere Zollbeamte bringt das Prozedere gelassen im Trainingsanzug und Badeschuhen hinter sich...

Das Panorama unserer Wanderungen hier ?klappt einem den Unterkiefer runter, legt einem die Ohren an und kurzzeitiger Atemstillstand tritt ein? schreibe ich nach hause. Zwischen blanken Felsnadeln fliessen riesige, tuerkise Gletscherzungen in eine Lagune mit Eisbergen. 50m vor uns kreist ein Condor, gefolgt von einem Weissbrustadler, der sich wenig entfernt niederlaesst. Gaensehaut laeuft den Ruecken runter, wenn man Zeuge solcher Ereignisse wird. Patagonien setzt allem bisher dagewesenem die Krone auf!

Im Touristenort El Chalten, am Fusse des gewaltigen Massivs, feiern wir auch den Start ins neue Jahr. Zusammen mit Lutz aus Olbernhau, den wir vor einige Zeit bereits radelnd getroffen haben, wird das Saechsisch vertieft. Bis Mitternacht liegen wir schon im Schlafsack: bereits 5 Uhr winkt der Sonnenaufgang ueber dem Fitz Roy (unser ganz persoenliches Feuerwerk) und eine Wanderung mit 1000 Hohenmetern Anstieg... Wir blicken zurueck auf ein ereignisreiches Jahr welches die Spanne von Wellington, Neuseeland, bis hier in Patagonien, fantasievoll gefuellt hat!

Am 2.1. starten wir dann ins Kontrastprogramm: die sturmgepeitschte Wuestenpampa Argentiniens erwartet uns! Mit Lutz ist jedoch ?geteiltes Leid ist halbes Leid? angesagt. Hier begegnen wir einer Welt voller Tiere: Wuestenfuechse, Nandus (Straussenart), Flamingos, Kondore und Guanacos (Andenreh). Die goldene Pampa reicht bis zum Horizont und gleich am ersten Tag verhilft uns der Rueckenwind zu 113 Tageskilometern!

Jetzt folgt die Schlussetappe! Punta Arenas steht fast vor der Haustuer! Dort werden wir unseren Suedamerikatrip beenden. Es folgt eine spannende Woche auf den pinguinreichen Falklandinseln und danach geht es weiter... Wohin verraten wir im Folgebericht.

Wusstet ihr schon, dass El Chalten der juengste Ort Argentiniens ist (gegruendet 1985) und in der Tehuelche-Indianersprache Feuergipfel, rauchender Berg bedeutet, da das Massiv fast immer von Wokenfetzen umweht ist?

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