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Sehnsucht nach Geniestreichen
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Das erste Wochenende der WM 2014 ist vorüber. Mit allem, was das Fußballerherz begehrt: brasilianische Glücksgefühle, holländische Traumtore, afrikanische Grätschen oder südamerikanische Frustfouls. Stephan Lorenz ahnt schon jetzt, dass er die nächsten Wochen bis zum Endspiel immer sehr müde sein wird.
Nachdem die Schweizer in ihrer Gruppe mit Magerkost und reichlich Dusel gegen das Team aus Ecuador mit 2:1 die Oberhand behalten hatten, musste in der gleichen Gruppe Ex-Weltmeister Frankreich gegen Honduras nachlegen. Eigentlich gehöre ich ja zu den Fußball-Romantikern, die ein Herz für die vermeintlich Kleinen im völlig überdrehten Weltfußball haben. Gestern Abend war aber ziemlich schnell klar, dass die biederen Honduraner auch diesmal nicht zu ihrem ersten WM-Sieg kommen würden. Es war ein rüdes Spiel mit vielen Fouls. Da konnte man als Zuschauer mal genauer diese komischen Wannen in Augenschein nehmen, mit denen heutzutage verletzte Spieler oder solche, die nur so tun, vom Platz getragen werden. Die Dinger sehen recht ungemütlich aus und sie sind so kurz. Na ja, die Spieler sollen ja auch nicht länger als nötig drin liegen oder sitzen - eine Eisspraylänge halt.
Eine Minute vor der Halbzeit war der Drops für die "Les Bleus" mit einem verwandelten Elfmeter gelutscht. Am Ende siegten die Franzosen humorlos mit 3:0. Die Höhepunkte des Spiels lieferte eher die Technik: Warum wurden die Nationalhymnen vor Spielbeginn nicht gespielt? Einfach die richtigen Tonbänder nicht gefunden im nahezu perfekt inszenierten WM-Spektakel? Ich habe eine Verschwörungstheorie: Vielleicht hat ja ein WM-Offizieller späte Rache an den Franzosen geübt für deren flegelhaftes Benehmen vor vier Jahren in Südafrika?! Die Hymne von Honduras heißt übrigens "Nationalhymne Honduras". Die wollte wohl keiner hören. Und endlich kam sie bei diesem Turnier mal so richtig zum Einsatz: Die Torlinientechnik made in Germany feierte Ernstfall-Premiere. Der zweite Ball war drin, zeigte die Animation. Klar, die Technik irrt nie. Mit wie vielen Bällen wurde eigentlich gespielt? Egal, nach über 90 Minuten war endlich Schluss.
Danach setzte ich meine ganzen Hoffnungen auf das Spiel Argentinien gegen WM-Neuling Bosnien-Herzegowina um Mitternacht. Der vierfache Weltfußballer Lionel Messi sollte meine Sehnsucht nach unvergesslichen Geniestreichen auf dem grünen Rasen erfüllen. Ok, war wohl doch etwas zu viel verlangt. Argentinien hat mit 2:1 gewonnen, aber ohne großen Glanz, eher mit Routine. Messi schoss ein sehr schönes Tor und schlug einen guten Freistoß, den der Schalker Sead Kolasinac unglücklich ins eigene Tor bugsierte. Da weinte meine königsblaue Seele. Messi wirkte über weite Strecken dennoch irgendwie gehemmt. Das lag - Achtung verunglücktes Sprachbild des ZDF-Kommentators - nicht nur an den Eiswürfeln, die an den eiskalten bosnischen Abwehrspielern zu kleben schienen.
Vielleicht leidet Messi ja auch unter seinem Spitznamen: Wegen seiner Körpergröße, die klar unter 1,70 Meter liegt, wird er "La Pulga" (der Floh) genannt. Das ist doch kein Name für einen Weltstar. Früher hießen Fußballer Ungeheuer (Horst Hrubesch), Terrier (Berti Vogts) oder auch die Axt (Vinnie Jones aus Wales). Das waren noch furchteinflößende Kampfnamen. Am Ende des Spiels, das der für Stuttgart spielende Vedad Ibisevic mit seinem Tor noch einmal spannend gemacht hatte, konnte Messi dann doch noch erleichtert lächeln. Aber für ihn wie für das ganze argentinische Team gilt: Da ist noch Luft nach oben für die nächsten Spiele.
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