Die Kassen unterscheiden sich durch freiwillige Leistungen. So versprechen Bonusprogramme Hunderte Euro zusätzlich. Wie man am meisten erhält, hängt von Familienstand, Alter, Vorsorge und Fitness ab.
Bleiben oder wechseln? Vor dieser Frage stehen viele Sachsen derzeit beim Thema Krankenversicherung. Vier der sechs größten Kassen in Sachsen haben zum Jahreswechsel ihren Zusatzbeitrag erhöht, darunter auch die AOK Plus, bei der jeder Zweite im Freistaat versichert ist. Insgesamt mehr als drei Millionen Versicherte zahlen seitdem höhere Krankenkassenbeiträge. Bundesweit sind 39 der 96 gesetzlichen Krankenkassen in diesem Jahr teurer geworden.
Die Beiträge der großen sechs Krankenkassen in Sachsen liegen nun zwischen 15,8 Prozent des Bruttoeinkommens bei der Techniker Krankenkasse und 16,8 Prozent bei der Knappschaft. Damit ist die TK am günstigsten in Sachsen und hat deutlich mehr Versicherte dazugewonnen hat. Allein im Januar habe man 1550 Wechsler gezählt, so ein Sprecher. Im Vorjahresmonat seien es dagegen 970 gewesen.
Da mehr als 95 Prozent der Kassenleistungen gesetzlich geregelt und damit überall gleich sind, kommt es bei der Wahl nun umso mehr auf die freiwilligen Zusatzleistungen an. Das sind Angebote, die nicht vorgeschrieben sind wie zum Beispiel Zuschüsse zur Kinderwunschbehandlung.
Der "Kassen-Check" der "Freien Presse" soll Ihnen helfen, die für Sie beste Krankenkasse zu finden. Dazu haben wir die sechs mitgliederstärksten Versicherer in Sachsen um Auskunft zu ihren Bonusprogrammen gebeten. Die Idee dabei ist bei allen Anbietern dieselbe: Versicherte, die gesundheitsbewusst leben und vorsorgen, werden finanziell belohnt. Die Unterschiede sind allerdings groß.
AOK Plus
Rund 420.000 der sächsischen Versicherten der größten Kasse im Freistaat nehmen am Bonusprogramm teil, das ist etwa jeder Fünfte. Knapp zwei Drittel davon nutzen dafür die Bonus-App. Die bietet vor allem für sportlich Aktive einen Vorteil. Wer sein Fitness-Armband mit der App auf dem Smartphone verknüpft, kann im Monat bis zu 7,50 Euro dazuverdienen. Für 10.000 Schritte am Tag oder 30-Minuten-Training mit einer Herzfrequenz von 120 oder einen Kalorienverbrauch von 150 innerhalb von 30 Minuten gibt es jeweils 50 Cent. Maximal 15 Tage im Monat können abgerechnet werden - macht also einen Fitness-Bonus von maximal 90 Euro im Jahr. Laut AOK Plus nutzen derzeit etwa zwei Drittel der App-Nutzer dieses Fitness-Tracking. Zusätzlich können Versicherte über die AOK Navida-App mit sogenannten Gesundheitszielen punkten. Innerhalb von 90 Tagen müssen sie vier Challenges etwa in Yoga, Pilates, Inlineskaten oder Radfahren absolvieren. Pro Ziel gibt es 1.500 Punkte, das sind 15 Euro - beziehungsweise 60 Euro im Jahr, wenn man jedes Quartal ein Ziel schafft. Beides zusammen bringt also schon 150 Euro. Für die Mitgliedschaft in einem Sportverein, Fitness-Studio oder den Kauf eines Fitness-Trackers gibt es jeweils weitere 10 Euro. Für das Absolvieren eines Sportabzeichens gibt es 5 Euro. So viel bringen auch verschiedene Vorsorgen, Impfungen, die professionelle Zahnreinigung oder ein Rauchentwöhnungskurs. Noch einmal 10 Euro gibt es für eine Blut- und Plasmaspende oder Knochenmarkttypisierung.
Prämie: Laut AOK können Erwachsene jedes Jahr eine Geldprämie von bis zu 230 Euro erreichen. Wer den Bonus direkt wieder in die Gesundheit investiert, kann den Wert auf 460 Euro verdoppeln. Zur Wahl stehen dafür Plus-Leistungen aus 17 Bereichen - unter anderem Seh- und Hörhilfen, Zahnleistungen, Baby-Massagen oder IGeL-Untersuchungen. Eine Kombination aus Barzahlung und Plus-Leistungen ist möglich. Aber: Den Maximal-Bonus erreichen nur wenige Versicherte. Für 2023 rechnet die AOK mit einer durchschnittlichen Erstattung von 75 Euro pro App-Nutzer beziehungsweise 150 Euro als Plus-Leistung.
Teilnahme: Bonus-App oder Bonusheft
Extra: Schon Kleinstkinder können mit U-Untersuchungen und Impfungen punkten. Auch sie können ihren Bonus verdoppeln und zum Beispiel für Babymassagen, Baby- und Kinderschwimmen nutzen.
Fazit: Wer im Alltag aktiv ist, kann sich so allein bis zu 150 Euro im Jahr erarbeiten. Dafür braucht es aber eine gewisse Technikaffinität, denn für Fitness-Tracking und Gesundheitsziele sind zwei verschiedene Apps notwendig. Vorteil: Das Geld können sich Versicherte per Klick in der Bonus-App direkt auf ihr Konto überweisen lassen. Dort können auch die Nachweise als Foto hochgeladen werden. Gut: Punkte können in das Folgejahr mitgenommen werden.
Techniker Krankenkasse
Versicherte können ebenfalls mit täglicher Bewegung im Bonusprogramm punkten. Die Belohnung erfolgt jedoch anders: Wer in zehn von zwölf Wochen je 60.000 Schritte oder 40 Kilometer Radfahren schafft, erhält 1.000 Punkte. Das entspricht 10 Euro. Möglich wäre auch eine Kombination aus 30.000 Schritten und 20 Kilometer Rad. Wer mitmachen will, kann seinen Fitness-Tracker mit der TK-App verbinden. Belohnt werden zwei Challenges pro Jahr, das sind also 20 Euro. Belohnt werden Versicherte auch für Aktivitäten aus den Bereichen Früherkennung/Vorsorge, Bewegung und Prävention - für jeweils 1.000 Punkte.
Prämie: Laut TK können bis zu 200 Euro pro Jahr ausgezahlt werden. Dafür muss man aber alle bonusfähigen Aktivitäten absolvieren. Das ist theoretisch kaum möglich. Anspruch auf ein bonusfähiges Hautkrebs-Screening hat man zum Beispiel nur alle zwei Jahre. Statt sich die Prämie auszahlen zu lassen, können Versicherte sie auch als Gesundheitsdividende investieren, zum Beispiel mit einem Fitness-Tracker, professioneller Zahnreinigung, Sportausrüstung, Brillengläser, Kontaktlinsen. Dann wird der Wert verdoppelt.
Teilnahme: TK-App oder Bonusheft
Extra: Schwangere können zusätzlich 5.000 Punkte für die Vorsorge sammeln. Auch Minderjährige punkten mit regelmäßigen Untersuchungen, sportlichen Aktivitäten oder entsprechenden Kursen.
Fazit: Wer aktiv ist, wird belohnt. Bonus-Teilnehmer haben zudem zwölf Monate Zeit, um zu punkten. Wer etwa im März 2024 mit dem Bonusprogramm anfängt, hat bis Februar 2025 Zeit. Positiv: Bei App-Nutzung werden nur die Aktivitäten zur Auswahl angezeigt, die je nach Alter und Geschlecht zum Versicherten passen. Gut ist auch, dass drei Jahre Zeit bleiben, die Gesundheitsdividende zu reinvestieren.
DAK Gesundheit
Bei einem Vergleich von bundesweit geöffneten Kassen des Wirtschaftsmagazins Focus-Money im vergangenen Jahr hat die DAK mit ihren Bonusprogrammen für Erwachsene, Kinder und Familien am besten abgeschnitten. So gibt es zum Beispiel für alle vorgeschriebenen U- und J-Untersuchungen je 50 Punkte. Ein Punkt entspricht einem Euro - das sind also 50 Euro. Auf der Bonusliste für Erwachsene stehen zehn Vorsorgen, die jeweils 10 Punkte bringen. Die Zahnvorsorge und -reinigung bringen je 5 Punkte; die Mitgliedschaft in einem Sportverein oder Fitness-Studio und ein Sportleistungsabzeichen je 50 Punkte; die Teilnahme an einem Sportwettkampf oder Gesundheitskurs 10.
Prämie: Versicherte können sich das erarbeitete Geld auszahlen lassen oder sie entscheiden sich dafür, das Geld in eine von 23 Gesundheitsleistungen zu reinvestieren. Dann legt die DAK auf den Eurobetrag 20 Prozent drauf. Aus 50 Bonuspunkten wird so beispielsweise ein Zuschuss von 60 Euro. Bei Kauf eines Fitness-Trackers oder einer Sportausrüstung wird der Wert verdoppelt.
Extra: Eine Schwangerschafts- und Mutterschaftsvorsorge bringt 15 Bonuspunkte extra. Zudem können Eltern nach Angaben der DAK mit dem Aktivbonus Junior bis zum 18. Geburtstag des Kindes Punkte im Wert von 1.650 Euro sammeln.
Teilnahme: DAK-App oder online auf der Website, nur in Einzelfällen werden noch Bonus-Schecks ausgegeben.
Fazit: Die Bonusmöglichkeiten für Familien sind tatsächlich groß. 300 Punkte - und damit 300 Euro - gibt es allein, wenn Eltern mit ihrem Baby in den ersten Monaten zu den Vorsorgeuntersuchungen U1 bis U6 gehen. Positiv: Eine Übertragung der Punkte ins Folgejahr ist möglich. Nachteilig für alle, die nicht so technikaffin sind: Die Teilnahme ist in der Regel nur online möglich. Möglicherweise ist das der Grund, warum nur etwa 15 Prozent der DAK-Versicherten am Bonusprogramm teilnehmen.


Barmer
Laufen oder Radfahren wird im Bonusprogramm nicht extra honoriert, dafür ist die Bonusliste mit 27 Aktivitäten länger als bei anderen Kassen. So belohnt die Barmer zum Beispiel zusätzlich den Stuhltest für Ü-40-Jährige, die Professionelle Zahnreinigung oder die Prostata-Untersuchung - neben üblichen Sport- und Gesundheitskursen, Impfungen und Vorsorgen. Im vergangenen Jahr reichten Versicherte deutschlandweit 3,46 Millionen Maßnahmen ein. Für jede gibt es 100 oder 150 Punkte, das entspricht 10 oder 15 Euro. Zu Beginn des Jahres gab es wiederholt die Sieben-Tage-Meditations-Challenge. Wer den Onlinekurs zur Stressbewältigung absolviert, erhält 150 Punkte.
Prämie: Eingelöst werden können pro Jahr 1.000 Punkte, wobei sich Versicherte das Geld direkt nach jeder Aktivität oder aber als Summe am Ende des Bonusjahres auszahlen lassen können. Maximal gibt es 100 Euro direkt aufs Konto. Das Geld kann auch als Zuschuss für Leistungen genutzt werden, die die Kasse sonst nicht trägt. Dafür werden aus 500 Punkten 75 Euro und aus 1.000 Punkten 150 Euro - etwa für Osteopathie, Seh- und Hörhilfe, Großes Blutbild, Vitaminwertbestimmung zu B12 und D oder die Knochendichtemessung.
Extra: Kinder und Jugendliche können ebenfalls Punkte sammeln. Zudem ist es möglich, bis zu 1.000 Punkte im Jahr an einen anderen Teilnehmer zu verschenken.
Teilnahme: Barmer-App, Stempelkarte
Fazit: Positiv ist die große Auswahl an anrechenbaren Aktivitäten. Für jede Impfung gibt es 100 Punkte, sprich 10 Euro. Bei anderen Kassen wird nur eine Impfung im Jahr honoriert oder es gibt 5 Euro. Simpel ist das Handling in der App: Die Nachweise werden lediglich als Foto hochgeladen.
IKK Classic
Als einzige der großen Kassen honoriert die IKK Classic in ihrem Bonusprogramm sogenannte Statuswerte: einen gesunden Body-Mass-Index und einen Blutdruck im Normbereich. Versicherte müssen sich die Werte einmal im Jahr von ärztlichem oder medizinischem Fachpersonal bescheinigen lassen. Beides bringt jeweils 25 Euro, wenn zusätzlich eine regelmäßige gesundheitsfördernde Aktivität wie ein Gesundheitskurs oder Studio-Training nachgewiesen werden. Für diese gibt es ebenfalls 25 Euro Bonus. Von den Versicherten wird dies laut IKK Classic sehr gut angenommen. Auch Impfungen und die Zahnvorsorge werden häufig nachgewiesen. Insgesamt werden bis zu 35 Maßnahmen belohnt - mit 5, 10 oder 25 Euro.
Prämie: Es gibt keine Bonus-Höchstgrenze. Im vergangenen Jahr wurden Versicherten im Schnitt 104 Euro erstattet. Das Geld kann man sich einmal im Jahr auszahlen lassen oder als Zuschuss für bestimmte Leistungen nutzen - in dem Fall verdreifacht sich der Wert. Wer sich also zum Beispiel einen Bonus von 75 Euro erarbeitet hat, kann 225 Euro einsetzen. Am häufigsten werden hier laut Kasse private Zusatzversicherungen gewählt sowie Geräte zum Messen und Erfassen des eigenen Fitness- und Gesundheitsstatus. Der Zuschuss kann auch für die Startgebühr für eine Sportveranstaltung genutzt werden, einen Geburtsvorbereitungskurs für den Partner, Babyschwimmen oder eine Zyklus-App.
Extra: Jedes Familienmitglied kann profitieren. Für Kinder- und Jugenduntersuchungen gibt es jeweils 10 Euro.
Teilnahme: IKK-App oder Papier-Antrag
Fazit: Die Auswahl der bonusfähigen Aktivitäten ist groß. Jede kann genutzt und abgerechnet werden. Versicherte sammeln zudem konkrete Geldbeträge, das Umrechnen von Punkten fällt weg.
Knappschaft
Versicherte haben die Wahl: Entweder sie nehmen am Aktivbonus teil oder schreiben sich für das Gesundheitskonto gesundplus ein. Die Auswahl der Maßnahmen, die per AktivBonus honoriert werden, ist überschaubar: Impfungen, Check-up, Hautkrebs-Screening, Fitness-Studio oder Sportverein, Zahnvorsorge, Sport- und Wanderabzeichen. Einen Bonus gibt es auch für die Vorsorgen-Krebsfrüherkennung, Ultraschall-Screening auf Bauchaortenaneurysmen, Mammografie-Screening und Darmspiegelung - allerdings unabhängig davon, wie viele von den vier Maßnahmen nachgewiesen wurden. Beim Gesundheitskonto reichen drei Nachweise von ausgewählten Maßnahmen für 150 Euro.
Prämie: Bis zu 120 Euro pro Versichertem, je nach Geschlecht und Alter, sollen beim AktivBonus drin sein. Praktisch ist das kaum machbar, dennoch sind 95 Euro realistisch und damit im Vergleich gut: 70 Euro gibt es für Sporttraining; je 10 Euro für eine Schutzimpfung und eine Krebsfrüherkennung; 5 Euro für den jährlichen Zahnarztbesuch. Der Check-up wird auch mit 10 Euro belohnt, jedoch haben Versicherte nicht jedes Jahr gesetzlichen Anspruch darauf. Auch ein Sport- oder Wanderabzeichen werden nur wenige jährlich erringen. Laut Knappschaft liegt die jährliche Erstattung pro versichertem tatsächlich bei im Schnitt 50 Euro. Am häufigsten nachgewiesen werden Krebs- und Zahnvorsorge. Wer sich 150 Euro beim Gesundheitskonto erarbeitet hat, kann das Geld für Extra-Leistungen einsetzen.
Extra: Schwangere können mit dem AktivBonus junge Familie für die regelmäßige Vorsorge zusätzlich 50 Euro erhalten. Kinder- und Jugendchecks werden belohnt.
Teilnahme: Nachweisbogen auf Papier sowie Upload der Nachweise online
Fazit: Im Vergleich zu anderen Kassen werden weniger Aktivitäten honoriert, die Belohnung fällt dennoch gut aus. Den Nachweisbogen kann man sich zuschicken lassen oder auf der Website herunterladen. Für das Gesundheitskonto müssen sich Versicherte bewusst entscheiden und sich immer bis zum Ende des Vorjahres anmelden.