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Ambulant Operieren Teil 6: Darmspiegelung

Die Vorbehalte gegen die Darmspiegelung sind groß. Noch größer ist aber ihr Nutzen. Denn wenn Darmkrebs erst mal Beschwerden macht, ist es meistens zu spät. Von Steffen Klameth

Die Medizin kann Wunder vollbringen - und das immer häufiger. Die Diagnose Krebs bedeutet heute viel seltener ein Todesurteil. Das ist einerseits innovativen Therapien zu verdanken, andererseits besseren Diagnosemöglichkeiten. So sinkt auch die Zahl der Deutschen, die an Darmkrebs sterben, von Jahr zu Jahr. "Es könnten aber noch wesentlich weniger sein, wenn alle Berechtigten die kostenlose Darmspiegelung in Anspruch nehmen würden", sagt Dr. Gerhard Heptner (64). Er führt eine Praxis für Gastroenterologie und Hepatologie in Dresden und leitet die Landesgruppe Sachsen im Berufsverband der Niedergelassenen Gastroenterologen Deutschlands.


Welchen Nutzen hat die Untersuchung?

Die Darmspiegelung - in der Fachsprache Koloskopie - ist die beste Möglichkeit, Krebs und seine Vorstufen zu erkennen. Werden bei der Untersuchung Polypen entdeckt, können sie sofort entfernt werden (Polypektomie). Daneben wird die Koloskopie auch bei Beschwerden im Dickdarm und am Ende des Dünndarms eingesetzt. "Bei Durchfall, der länger als vier Wochen anhält, kann man damit beispielsweise eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung finden oder ausschließen", erläutert der Arzt. Bei plötzlicher Gewichtsabnahme, Nachtschweiß und anderen Alarmsymptomen könnte Darmkrebs dahinterstecken. Auch hier hilft die Methode bei der Diagnostik. Diese kurativen Koloskopien sind in der Praxis von Dr. Heptner allerdings deutlich in der Überzahl.

Sind alle Menschen gleichermaßen von Darmkrebs gefährdet?

Im Schnitt erkranken sechs von hundert Menschen - auf die gesamte Lebenszeit gesehen - an Darmkrebs. Bestimmte Personengruppen haben aber ein deutlich größeres Risiko. Dazu gehören Raucher, Diabetiker, übergewichtige Menschen und Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. "Eine wichtige Rolle spielt auch die erbliche Komponente", sagt der Spezialist. Wenn Verwandte ersten Grades an Darmkrebs erkrankt sind oder auch andere Verwandte bereits in jungen Jahren die Diagnose erhielten, sei die Wahrscheinlichkeit höher, dass genetische Defekte vererbt wurden.

Welche Risiken hat eine Darmspiegelung?

Wie bei jeder internistischen Untersuchung müsse man Nutzen und Risiken abwägen, sagt Heptner. Die Darmspiegelung gilt als sicher, aber nicht gänzlich risikofrei. So könne es während der Kurznarkose zu Kreislaufproblemen kommen, worauf jede Praxis vorbereitet sei. Bei der Untersuchung komme es extrem selten zu relevanten Blutungen und zur Verletzung des Dickdarms.

Welche Ärzte bieten die Untersuchung an?

Die Darmspiegelung wird von fachärztlichen Internisten, Gastroenterologen und Chirurgen durchgeführt, die über eine entsprechende Ermächtigung durch die Kassenärztliche Vereinigung verfügen. Voraussetzung dafür sind unter anderem eine bestimmte Anzahl von Koloskopien und Polypektomien pro Jahr, kontrollierte Hygieneabläufe (für jede Untersuchung) und ein Notfallmanagement mit aus- und regelmäßig weitergebildeten Schwestern und mit entsprechender apparativer Ausstattung (zum Beispiel Defibrillator).

Wer hat Anspruch auf eine kostenlose Koloskopie?

Ab dem 55. Lebensjahr hat jeder gesetzlich Versicherte einen Anspruch auf die Vorsorgeuntersuchung, zehn Jahre später dann auf ein zweites Mal. Werden dabei allerdings Polypen als Adenome entdeckt, erfolgt die Nachuntersuchung bereits nach etwa drei Jahren. Bei einem genetischen Risiko kann die Untersuchung des Darms aber auch früher erforderlich sein.

Was kostet die Koloskopie?

Die Vorsorgekoloskopie wird mit rund 200 Euro und die Entfernung von Polypen mit etwa 30 Euro vergütet. Wird die Koloskopie bei Beschwerden durchgeführt, gelten andere Kriterien, der Betrag ist etwas geringer.

Darmkrebs:
Rund 25.000  Deutsche sterben jährlich an Darmkrebs. Etwa 1,5 Meter  lang ist der menschliche Dickdarm. Jeder Zehnte  hat Polypen im Darm, die als Vorstufe zum Krebs gelten.

 


Dr. Heptner erklärt die Darmspiegelung

Die Vorbereitung  beginnt mit der Einnahme von Abführmitteln - der Darm muss so sauber wie möglich sein. Unmittelbar vor der Untersuchung erhält der Patient auf Wunsch eine Kurznarkose (Spritze).

Der Arzt untersucht  zunächst mit dem Finger den After, dann führt er das Endoskop ein und bewegt es durch den gesamten Dickdarm bis zum Blinddarm. Auf dem Rückzug sucht er die Schleimhaut nach Polypen ab und entfernt sie ggf. mit einer Zange (kleiner als 5mm) oder Schlinge (größer als 5mm).

Die gesamte Untersuchung  dauert 15 bis 20 Minuten. (sk)


So urteilten die Patienten

Die Zufriedenheit mit der Darmspiegelung ist groß. Einige Praxen fallen aber mit langer Wartezeit und Zusatzleistungen auf.

Von Steffen Klameth

Der erste Blick auf unsere Tabelle trügt nicht: Bei keinem ambulanten Eingriff können Patienten unter mehr Ärzten wählen als bei der Darmspiegelung. Vergangenes Jahr rechneten Kassenärzte in Sachsen rund 51.000 Koloskopien ab; damit ist dies der mit Abstand häufigste ambulante Eingriff. Hinzu kommt noch eine große Anzahl von Vorsorgeuntersuchungen, die bei unserer Umfrage jedoch nicht berücksichtigt wurden. Bei allen befragten Patienten lag also ein begründeter Verdacht einer Darmerkrankung vor. Rund 6700 Fragebögen konnten von Professor Joachim Kugler und seinem Team von der TU Dresden ausgewertet werden.

Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass sich die Fallzahlen stark unterscheiden. Sechs der 44 Praxen und Krankenhäuser in unserer Region überschreiten die Grenze von 1000 Eingriffen pro Jahr; in der Regel geht das auch mit einer hohen Zufriedenheit der Patienten einher. So würden fast hundert Prozent die Praxis von Dr. Wülfrath in Oelsnitz/E. wiederwählen. Bei der Frage, ob die Patienten die Einrichtung im Falle einer erneuten ambulanten Koloskopie wiederwählen würden, schneiden die Krankenhäuser fast durchweg schlechter ab als die niedergelassenen Ärzte.

Angesichts der großen Auswahl verwundert es nicht, dass Patienten vergleichsweise schnell einen Behandlungstermin erhalten. Gleichwohl gibt es aber auch einige Einrichtungen, wo Wartezeiten von drei Monaten und länger keine Seltenheit sind.

Überwiegend gute bis sehr gute Noten verteilten die Patienten für die Organisation der Behandlung, die Betreuung und die Aufklärung. Etwas schlechter fällt das Urteil fast durchgängig bei der Frage nach der Vorbereitung auf die Zeit nach der Entlassung aus - ein Fakt, der bereits bei den bisher veröffentlichten Tabellen aufgefallen war. Meist geht diese Einschätzung mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil von Patienten einher, die nach der Entlassung mit unerwarteten Beschwerden zu kämpfen hatten.

Auffällige Unterschiede brachte unsere Patientenumfrage bei den kostenpflichtigen Zusatzleistungen zutage. Während die große Masse dabei sehr zurückhaltend agiert, stechen die Ergebnisse der Praxis von Dr. Vibrans in Chemnitz und der Kliniken Erlabrunn/Breitenbrunn umso mehr ins Auge. Auf Nachfrage teilten beide Einrichtungen mit, dass es sich bei der genannten Zusatzleistung um die sogenannte CO2-Inssuflation handelt: Statt normaler Raumluft wird Kohlendioxid in den Darm geblasen, um den Darm zu entfalten und somit besser beurteilen zu können. Für Patienten hat das den Vorteil, dass das Gas schneller wieder entweicht und damit keine Beschwerden wie Völlegefühl und Bauchkrämpfe nach der Untersuchung auftreten. Der Komfort ist keine Kassenleistung, Patienten zahlen dafür zwischen 10 und 15 Euro aus eigener Tasche.

Das Fazit von Professor Kugler:  Die befragten Patienten sind, von einigen Ausnahmen abgesehen, mit ihrer Behandlung sehr zufrieden. Da auch bei einer Darmspiegelung immer mal etwas schief gehen kann, spricht die relativ geringe Zahl unerwarteter Beschwerden für eine gute Arbeit in den Praxen und Krankenhäusern. Bemerkenswert lang sind mancherorts die Wartezeiten - das kann, wenn es um den Ausschluss einer Krebsdiagnose geht, durchaus ein Problem sein.
 

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