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Philosophen-Einmaleins, heute: Frank Martela

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Philosophen haben immer was Gescheites zu unserem Leben zu sagen. Deshalb lohnt ein Blick auf ihr Werk. Heute: Frank Martela aus Finnland und seine Philosophie des "Talkoot".

Denkanstöße.

Er ist witzig und locker, ihm fehlen die Kierkegaardsche Schwermut und die Schopenhauersche Bösartigkeit. Vielleicht liegt es ja daran, dass er aus Finnland kommt, das vom World Happiness Report der Uno immer wieder zum glücklichsten Land der Welt gekürt wird. In jedem Falle ist Frank Martela anders als die meisten Philosophen - und er lebt noch und ist allein dadurch aktuell.

Geboren wurde er 1981 in Espoo, der mit rund 300.000 Einwohnern zweitgrößten Stadt in Finnland. Martela studierte und promovierte in Organisationspsychologie und Philosophie, wo er sich schon bald auf Fragen des Lebensglücks spezialisierte und zu einem Bestellerautor in dieser Branche wurde. Was nicht zuletzt daran liegt, dass er nicht nur im stillen Kämmerlein denkt und schreibt, sondern auch in der psychologischen Forschung arbeitet und dort methodisch hochwertige Studien publiziert hat. Martela lehrt an der Aalto University in Helsinki, ist Vater von drei Kindern und sagt von sich selbst, dass er die wichtigsten Impulse für seine Arbeit aus den "zufälligen sozialen Interaktionen mit guten Menschen" bezieht.

Die erste Empfehlung des finnischen Philosophen an alle, die sich die Frage nach dem Sinn des Lebens stellen: Sie sollten die Frage anders formulieren, denn "der Sinn für das Leben auf diesem Planeten ist letztlich für uns als Individuum relativ uninteressant". Es geht vielmehr darum, wie wir unserem persönlichen Leben eine Bedeutung geben. Und die Antwort lässt sich, wie Martela auch in Umfragen an seinen überragend glücklichen Landsleuten untermauern konnte, in folgendem Appell konzentrieren: "Gestalte dein Leben so, dass es für andere bedeutungsvoll wird!" Denn der Mensch ist ein Gruppenwesen, das sein Selbstwertgefühl in besonderem Maße aus der Wertschätzung anderer Menschen bezieht.

Daraus könnte man ableiten, dass es uns am glücklichsten macht, wenn wir mit dem gesellschaftlichen Strom schwimmen. Doch genau das Gegenteil ist der Fall: Wer nur das macht, was alle tun, wird für andere Menschen nicht sonderlich etwas bedeuten, insofern er ja nur das tut, was diese auch schon tun. Was soll er ihnen da noch bedeuten? In einer Welt, die vornehmlich auf Geld und Wohlstand aus ist, wird niemand Bedeutung haben, nur weil er besonders viel verdient. Er erntet allenfalls Neid und Missgunst und zeigt anderen gegenüber Misstrauen, Arroganz und Ignoranz.

Wirkliche Bedeutung bekommt er nur, wenn er jenseits dieses Pfades läuft und dabei seine Erfüllung findet und dabei möglicherweise sogar eine Expertise entwickelt, von der dann andere profitieren können. Weswegen Martelas erste Formel für ein glückliches Leben lautet: "Lebe dein Leben, wie du möchtest, und nicht nach den Vorstellungen
anderer!"

Ein weiterer Ratschlag von ihm: Zeige spontan und zufällig Freundlichkeiten gegenüber anderen Menschen! Das nützt längerfristig auch unserer Gesundheit. "Studien zeigen", so Martela, "dass Menschen, die ihre Familie sowie Freunde, Nachbarn, Kollegen und auch Fremde unterstützen, im Durchschnitt länger leben." Wobei der Freundlichkeit keine Grenzen gesetzt sind: "Sie kann darin bestehen, mit den Großeltern einen Nachmittag zu verbringen, dem Postmann in der Hitze ein Glas Wasser zu geben oder einem Touristen beim Finden seines Weges zu helfen."

Eine besondere Form der Unterstützung ist das sogenannte "Talkoot". Es steht im Finnischen für das Zusammenarbeiten der Menschen, um etwas zu erreichen, was einer allein nicht erreichen kann. "Es hat seine Tradition im Ackerbau", erzählt Martela, "der im hohen Norden traditionell schwieriger ist als in den gemäßigten Klimazonen." An dieser Stelle muss man allerdings auch festhalten, dass sich in Krisenfällen das Talkoot auch in Deutschland zeigt, wie etwa bei den Fluten vor einigen Monaten, als Menschen kurz entschlossen ihren Nachbarn dabei halfen, deren Haus mit Sandsäcken zu schützen oder die Möbel aus dem Erdgeschoss zu räumen. Es gibt eben nicht nur respektlose Spanner und Voyeure mit Handykameras, sondern auch noch echte Hilfsbereitschaft, in der die Menschen zusammenrücken. Sie hilft nicht nur dem Opfer aus dem Unglück, sondern auch dem Helfenden zu seinem Glück. Wir sollten so etwas öfter machen und nicht nur im Katastrophenfall.

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