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Städtisches Gymnasium Mittweida: Naturwissenschaftlichem Profil droht das Aus

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Am Städtischen Gymnasium in Mittweida gibt es Überlegungen, das naturwissenschaftliche Profil abzuschaffen. Eltern sind sehr verunsichert. Vor allem die jetzigen Fünft- und Viertklässler sind betroffen.

Mittweida.

Naturwissenschaften oder Sport? Vor dieser Entscheidung stehen Familien, deren Kinder auf das Städtische Gymnasium in Mittweida gehen, bislang. Denn von der achten bis zur zehnten Klasse besuchen Gymnasiasten in Sachsen den Profilunterricht. Dabei wird die gewählte Richtung vertieft gelehrt. Doch nun ist die Aufregung groß. Denn es gibt Überlegungen, das naturwissenschaftliche Profil abzuschaffen.

Zu wenige Lehrer für Naturwissenschaften

Die "Freie Presse" hat beim sächsischen Schulamt nachgefragt, warum die Naturwissenschaften wackeln. Die Antwort: Es fehlen Lehrer. "Das naturwissenschaftliche Profil ist personell nicht mehr abzudecken. In der Folge muss das Profil bereits seit zwei Jahren auf eine Wochenstunde gekürzt werden", teilt Clemens Arndt mit. Er ist Referent beim Landesamt für Schule und Bildung und mit der Thematik befasst. Ab dem Schuljahr 2024/2025 soll es - so die Pläne - das naturwissenschaftliche Profil deshalb nicht mehr geben. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass auch schulische Gremien, also die Schulkonferenz an der Lehrer und Elternvertreter teilnehmen, diesen Plänen zustimmen.

Neues Profil in Mittweida in Planung

Insgesamt zehn Lehrerinnen und Lehrer, die am Gymnasium in Mittweida arbeiten, würden eine naturwissenschaftliche Fachrichtung unterrichten, so Clemens Arndt. Aber: "Die Anzahl der Lehrkräfte lässt keinen unmittelbaren Rückschluss auf die tatsächlich zur Verfügung stehenden Lehrerwochenstunden zu. Durch Abordnungen an andere Schulen, durch die Wahrnehmung besonderer schulischer Aufgaben sowie Teilzeitbeschäftigungen ist Lehrerarbeitsvermögen gebunden", erklärt er. Zudem würden demnächst Lehrer in den Ruhestand gehen.

Statt auf Naturwissenschaften soll es am Mittweidaer Gymnasium ab Schuljahr 2024/2025 möglich sein, den Schwerpunkt auf Fremdsprachen zu legen. Angedacht sei, ein sprachliches Profil von der achten bis zur zehnten Klasse anzubieten. Derzeit lernen die Kinder ab der fünften Klasse Englisch und müssen sich dann entscheiden, ob sie ab der sechsten Klasse Französisch, Latein oder Spanisch als zweite Fremdsprache lernen wollen. "Im Bereich Sprachen sind personelle Kapazitäten vorhanden", erklärt Clemens Arndt. Das sportliche Profil bleibt davon unberührt. 

Elternrat will über Pläne diskutieren

Mehrere Eltern sind von den Plänen des Schulamtes gar nicht begeistert. Das haben sie der "Freien Presse" berichtet. "Der Lehrermangel in Sachsen ist jetzt auch in Mittweida spürbar angekommen", fasst Mandy Urlaß vom Elternrat die Situation zusammen. Sie verstehe, dass Schulleitung und Schulamt in einer schwierigen Situation sind. "Allerdings mache ich mir Sorgen, dass das Gymnasium an Attraktivität verliert, wenn es das naturwissenschaftliche Profil nicht mehr gibt. Es wird Familien geben, die sich dann für ein anderes Gymnasium in der Region entscheiden", sagt sie. Ein naturwissenschaftliches Profil gibt es laut Schulamt auch an den Gymnasien in Rochlitz, Döbeln, Hartha und Flöha.

Und Mandy Urlaß sorgt sich um die Schülerinnen und Schüler. "In der zehnten Klasse müssen sie entscheiden, welche Leistungskurse sie für die elfte und zwölfte Klasse wählen. Im Profilunterricht wurden die Kinder tiefgründig auf Leistungskurse in Chemie, Physik und Biologie vorbereitet. Ich befürchte, dass sich ohne den Profilunterricht weniger Schüler für so einen Leistungskurs entscheiden und deshalb dann in Mittweida keiner gebildet werden kann", sagt sie. Die Folge wäre, dass diejenigen, die unbedingt einen Leistungskurs in Naturwissenschaften belegen wollen, die Schule wechseln müssten. "Und an einem anderen Gymnasium sitzen sie dann mit Schülern im Leistungskurs, die vertieften Unterricht in dem jeweiligen Fach hatten, weil es dort ein naturwissenschaftliches Profil gab", sagt Mandy Urlaß. Sie gibt außerdem zu bedenken: "Bleiben die Mittweidaer Gymnasiasten dann zum Studium in der Stadt oder gehen sie woanders hin?", fragt sie.

Vater ist verunsichert

Auch Heiko Weidner, dessen Kinder ebenfalls das Gymnasium in Mittweida besuchen, sieht die Pläne kritisch. "Ich habe meine Kinder extra in Mittweida angemeldet, weil mit dem naturwissenschaftlichen Profil geworben wurde", berichtet er. Deshalb sei er nun verunsichert. Denn sein jüngeres Kind, das derzeit die fünfte Klasse besucht, ist direkt betroffen. "Wenn ich von diesen Plänen gewusst hätte, dann hätten wir uns vielleicht anders entschieden. Ich denke, so geht es auch anderen Eltern", sagt er. Und auch mit Blick auf die derzeitigen Viertklässler ist er von den Plänen irritiert. Denn die haben sich gerade erst für ein Gymnasium ihrer Wahl angemeldet.

Pragmatische Sicht aus dem Landeselternrat Sachsen

Nicolle Möller, die stellvertretende Vorsitzende des Landeselternrates Sachsen, ist die Problematik mit fehlenden Lehrern nicht neu. "Besonders betroffen sind die MINT-Fächer und der naturwissenschaftliche Bereich", sagt sie. Daher hat sie für die Pläne der Schulleitung und des Schulamtes durchaus Verständnis. Vom Mittweidaer Gymnasium hätten sich zu den Plänen bislang keine Eltern an den mittelsächsischen Kreiselternrat oder an den Landeselternrat gewandt. 

Nicole Möller sieht die Situation am Mittweidaer Gymnasium pragmatisch, auch wenn sie sagt, dass es wünschenswert wäre, wenn sich doch noch genügend Lehrer finden, damit das Profil erhalten bleiben kann. Aber:  "Wird Naturwissenschaft schon seit zwei Jahren reduziert unterrichtet, fehlen Unterrichtsinhalte, die nicht aufzuholen sind. Wie sollen die Kinder in Zukunft mit diesem Nichtwissen agieren? So ist es besser, dieses Profil nicht anzubieten", sagt sie. "Die Schulleitung, welche die Entscheidung treffen muss, tut dies bestimmt nicht aus Langeweile und hat mit der erweiterten Schulleitung und den Fachberatern mit Sicherheit viele Gespräche geführt. Alle Möglichkeiten, das Profilangebot aufrecht zu erhalten, wurden bestimmt geprüft", so Nicolle Möller weiter. Allerdings weist sie daraufhin, dass ein sprachliches Profil vor Einführung "gut durchdacht" sein müsse. Denn: "Das sprachliche Profil ist ein reines Lernfach mit momentan drei Wochenstunden, im Gegensatz zu Sport und Naturwissenschaften mit vielen Experimenten und zwei Wochenstunden." Es müsse sichergestellt sein, dass sich genügend Schüler für das Profil finden. 

Wie es in Mittweida nun weitergeht und ob die Pläne umgesetzt werden, soll in den kommenden Wochen und Monaten entschieden werden. Am 19. April trifft sich der Elternrat, um über das Thema zu diskutieren. Mandy Urlaß vom Elternrat teilt mit, dass die Schulkonferenz, die letztlich die Entscheidung treffen soll, im Mai tagt.

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