Abo
Sie haben kein
gültiges Abo.
Schließen

Betrug und Kinderpornografie: Wie diese Frauen aus Mittweida Verbrechern im Internet auf der Spur sind

Schon gehört?
Sie können sich Ihre Nachrichten jetzt auch vorlesen lassen. Klicken Sie dazu einfach auf das Play-Symbol in einem beliebigen Artikel oder fügen Sie den Beitrag über das Plus-Symbol Ihrer persönlichen Wiedergabeliste hinzu und hören Sie ihn später an.
Artikel anhören:

Die Digitalisierung hat dafür gesorgt, dass auch im Internet immer mehr Straftaten begangen werden. Eine junge Firma aus Mittweida, die ehemalige Studentinnen der Hochschule gegründet haben, greift jetzt Ermittlungsbehörden unter die Arme. Ein Schwerpunkt dabei: Kinderpornografie.

Mittweida.

Tatmittel Internet: Zu Mirijam Steinerts (38), Marie Röhnerts (31) und Vivien Dehnes (23) Arbeit gehören die Schattenseiten der zunehmenden Vernetzung. Sie gründeten Anfang des vergangenen Oktobers die Firma FZ forensic.zone in Mittweida. Alle drei sind forensische Analystinnen und Absolventinnen der Hochschule Mittweida. "Wir kennen uns schon länger: Wir haben die letzten anderthalb Jahre zusammengearbeitet", sagt Mirijam Steinert. Als Kolleginnen reifte der Entschluss, sich gemeinsam in Mittweida selbstständig zu machen.

Neben kurzen Wegen sprach die Anbindung an die Hochschule und das vorhandene Netzwerk wie dem Gründerzentrum "Werkbank 32" für den Standort des Start-ups. "Wir haben auch Gespräche mit Leonhard Zintl von der Volksbank geführt, er ist jemand der viel für diesen Standort tut, was Mittweida für so eine sensible Firma leisten könnte", beschreibt Dirk Labudde, Professor für Forensik und Bioinformatik an der Hochschule Mittweida, der den Frauen Kontakte vermittelte.

"Wir analysieren Handys, Festplatten, sämtliche Datenträger, sichten Bilder und lesen Chats. Der Großteil der Ermittlungen geht in Richtung Kinderpornografie", beschreibt Steinert ihre Arbeit. Allein dort sei der Bedarf von 2021 auf 2022 um 108 Prozent gestiegen. Anschließend erstellen sie Sachverständigengutachten für Staatsanwaltschaften, Behörden, aber auch für Strafverteidiger oder erledigen auch Aufträge von Privatpersonen aus dem gesamten Bundesgebiet. "Der Bedarf ist höher, als wir es leisten können", weshalb die Firma langfristig wachsen soll. Ein so hohes Aufkommen gebe es bei allem, was mit Cyberkriminalität zusammenhänge, beschreibt Dirk Labudde, sodass manche Bundesländern Gutachten inzwischen extern erstellen lassen. "Das liegt an der Digitalisierung der Gesellschaft. Es gibt sehr viele Straftaten, die digital begangen werden." Angefangen bei Betrugsdelikten über Kinderpornografie bis zu gezielten Hackerangriffen oder Datendiebstahl reicht das Spektrum. Das Spurenaufkommen sei immens, auch wenn die Polizei ihr Bestes versuche, gebe es zu wenige Experten. Die Herausgabe des Materials erfordere Vertrauen, aber auch Sicherheitsvorkehrungen.

Das Erstellen, der Handel oder die Weitergabe von kinderpornografischem Material sei mit mobilen Geräten unheimlich leicht geworden, sagt er. Praktisch jeder könne heute ein Video erstellen und teilen. "Jedes Bild ist digital so schnell kopierbar, dass aus einem real existierenden Missbrauchsfall eine immense Zahl von Bildern vervielfältigt und weitergegeben wird." Steinert, Röhnert und Dehne werden hinzugezogen, um etwa deren Verbreitungsweg nachzuverfolgen und zu beweisen. "Man weiß, wofür man es tut", sagt Mirijam Steinert. "Man trägt zur Aufklärung der Fälle bei, man bestärkt einen Verdacht oder kann ihn auch entkräften", ergänzt Vivien Dehne. Einfach ist das nicht: "Man nimmt schon viel mit", beschreibt Steinert, auch wenn es beim Sichten zunächst darum gehe, ob Bilder für ein Verfahren relevant seien, ohne sich zu emotional mit dem Inhalt auseinanderzusetzen. "Aber das bleibt nicht aus." Manchmal ergibt sich erst danach Redebedarf, manchmal sind es die zehn Minuten mit dem Hund, den jede im Büro hat, die helfen, Abstand zu gewinnen. "Die Hunde bringen einen runter", sagt Dehne.

Neben einem Wissensaustausch hoffen die Gründerinnen und die Hochschule auch personell auf eine weitere Zusammenarbeit: So könnten Studierende über Praktika und betreute Abschlussarbeiten als Nachwuchs gewonnen werden. Auf der anderen Seite möchte die Firma der Gesellschaft auch für das in sie gesetzte Vertrauen etwas zurückgeben. Eine geplante Stiftung soll dafür sorgen, neue Ansätze für Ermittlungsarbeit zu finden und Ursachenforschung zu betreiben, warum Täter zu Tätern und Opfer zu Opfern werden, beschreibt Labudde. Dafür wolle man Geld in die Hand nehmen, um mit Experten sowohl der Hochschule als auch über diese hinaus neue Präventionskonzepte zu erforschen.

Das könnte Sie auch interessieren