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Koalition berät - Verdi will Entlastungspaket mit Wumms
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Die Spitzen der Koalition kommen am Samstag zusammen, um angesichts der stark gestiegenen Energiekosten neue Hilfen auf den Weg zu bringen. Es gibt viele Forderungen.
Unmittelbar vor dem Treffen der Koalitionsspitzen zum geplanten Entlastungspaket wächst der Druck auf das Berliner Ampelbündnis, den Verbrauchern in Deutschland angesichts stark gestiegener Energie- und Lebenshaltungskosten tatsächlich spürbar unter die Arme zu greifen.
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi forderte die Regierung auf, allein in diesem Jahr noch einmal 20 bis 30 Milliarden Euro zusätzlich zu mobilisieren. Der Einzelhandel wiederum verlangte Beschlüsse, um die Preisanstiege "rasch und zielgerichtet" abzufedern. Angesichts eines beispiellosen Kaufkraftentzugs drohe ein "breiter Exitus im Handel und in unseren Innenstädten".
Vertreter der Bundesregierung sowie die Partei- und Fraktionschefs von SPD, Grünen und FDP wollen nun am Samstagvormittag zusammenkommen, um das dritte Entlastungspaket zu schnüren. In der kommenden Woche beendet der Bundestag seine Sommerpause.
Verdi-Chef Frank Werneke sagte der "Augsburger Allgemeinen", wenn der Staat nicht genügend Geld in die Hand nehme, werde sich die Gewerkschaft aktiv an Protesten gegen die hohen Belastungen beteiligen. Man sei dazu auch schon im Gespräch mit andern Gewerkschaften und Sozialverbänden. "Wann, wenn nicht jetzt, sollen Menschen ihre Forderungen auf die Straße und die Marktplätze tragen", betonte Werneke.
Der Handelsverband Deutschland (HDE) schrieb in einem Brief an die Ampel-Spitzen, dass sich in der Branche angesichts der stark gestiegenen Energiepreise vielerorts die bereits existenzbedrohende Lage verschärfe. Der HDE forderte eine Energiepreisbremse für Privathaushalte und Betriebe. Haushalte mit geringen Einkommen sollten durch Transferzahlungen entlastet werden und mittlere Einkommen durch einen Abbau der kalten Progression im Steuerrecht.
Bis zum Freitag war die genaue Ausgestaltung des Entlastungspakets nicht einmal in Umrissen erkennbar. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte Mitte der Woche gesagt, es brauche "ein wuchtiges Paket für die ganze Breite der Gesellschaft". Lindner selbst dringt insbesondere auf Änderungen am Steuertarif. Der SPD ist wichtig, dass von den neuen Entlastungen Rentner, Studenten und andere Gruppen mit niedrigen Einkommen profitieren. Im Gespräch ist auch weiterhin ein Energiepreisdeckel, in dessen Rahmen der Staat den Grundbedarf von Strom und Gas subventioniert.
Weiterhin stehen Direktzahlungen an die Verbraucher zur Debatte. Zudem gibt es Forderungen, möglichst rasch eine Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket zu finden, um preisgünstige und leicht zugängliche Mobilität im öffentlichen Nahverkehr zu ermöglichen. Einigkeit scheint in der Koalition dahingehend zu herrschen, dass insbesondere Geringverdienern geholfen werden soll.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte am Mittwoch ein "sehr präzises, ein sehr maßgeschneidertes Entlastungspaket" in Aussicht gestellt. Lindner sagte ehedem, dass er im Haushalt 2022 noch einen finanziellen Spielraum in einem "einstelligen Milliarden-Euro-Bereich" sehe. 2023 könne ein "zweistelliger Milliardenbetrag" mobilisiert werden - sofern sich die Bundesländer beteiligen. Lindner will im kommenden Jahr trotz der Krisensituation unbedingt wieder die Regeln der Schuldenbremse einhalten.
Die Ampelkoalition hatte seit Februar im Angesicht stark gestiegener Energiepreise sowie des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine bereits zwei Entlastungspakete im Volumen von insgesamt rund 30 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte am Freitag nach einer Klausur in Dresden, dass dritte Paket werde "sowohl in den Maßnahmen als auch letztlich von dem Volumen her überzeugen". Er bekräftigte die Forderung nach einer Übergewinnsteuer für Firmen, die stark von der Krise profitieren. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) ließ dafür Sympathien erkennen. Finanzminister Lindner ist allerdings dagegen.
Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) sagte am Freitag zum Abschluss einer Klausur des geschäftsführenden Unions-Fraktionsvorstands im oberbayerischen Murnau: "Wir erwarten, dass jetzt die Bundesregierung endlich sagt, wie sie in den nächsten Wochen und Monaten das Land führen will."
Zur Dämpfung der Energiepreise fordern die CDU und CSU unter anderem einen Weiterbetrieb der drei noch laufenden Atomkraftwerke, einen Verzicht auf die umstrittene Gasumlage, einen Gaspreisdeckel sowie die Herausnahme der Gasverstromung aus der Preisbildung am Strommarkt.
Die Linke hat für Montag zu einer Kundgebung in Leipzig gegen das aus ihrer Sicht unsoziale Krisenmanagement der Bundesregierung aufgerufen. (mit fp)
Der "Presseclub" diskutiert
Über die Pläne der Ampelfür ein Entlastungspaket diskutiert Moderatorin Ellen Ehni am Sonntag mit ihren Gästen im ARD-"Presseclub". Titel: "Milliarden für Millionen: Wen entlastet die Ampel?". Gäste sind "Freie Presse"-Chefredakteur Torsten Kleditzsch, Anna Lehmann von der "Taz", Michael Bröcker von "The Pioneer" und Dorothea Siems von der "Welt". Ausgestrahlt wird die Sendung ab 12.03 Uhr. Neben der ARD ist sie auch auf Phoenix und am Nachmittag ab 14.15 Uhr auf Tagesschau 24 zu sehen. Im ARD-"Presseclub", den es seit 1987 gibt, diskutieren Journalistinnen und Journalisten aus dem In- und Ausland über aktuelle politische Ereignisse und Entwicklungen. (fp)