Regionale Nachrichten und News mit der Pressekarte
Sie haben kein
gültiges Abo.
Regionale Nachrichten und News
Schließen

Hilferuf wegen zu hoher Kosten: Mütter aus Limbach-Oberfrohna erhalten von niemandem Antwort

Zwei Frauen aus Limbach-Oberfrohna fühlen sich angesichts steigender Kosten in vielen Bereichen von der Politik alleingelassen und schickten einen Hilferuf. Eine Reaktion haben die Frauen bislang nicht erhalten, doch schweigen wollen sie nicht.

Limbach-Oberfrohna.

Es ist eine Mischung aus Wut, Verzweiflung und Unverständnis, die Nicole Voitel und Stephanie Leistner gerade umtreibt. Beide Frauen haben je drei Kinder im Kita-und Schulalter. Wie zahlreiche andere Eltern sind sie in der aktuellen Lage nicht nur von der Erhöhung der Energie- und Lebensmittelpreise sowie steigenden Benzinkosten betroffen. Auch die Preise, die Anbieter von Kita- und Schulessen verlangen, sowie eine Erhöhung der Betreuungskosten für Kindergarten- und Hortzeit schlagen zu Buche. "Überall wird geworben, wie wichtig soziale Kontakte in der Kita sind, und dass eine gesunde Ernährung für die Kinder essenziell ist. Auch Familienfreundlichkeit wird in jedem Wahlkampf großgeschrieben. Aber wenn dann nach Unterstützung gefragt wird, nach Bezahlbarkeit eines Betreuungsplatzes und einer gesunden Essensversorgung, werden die Hände gehoben", sagen die Mütter in einem eigens formulierten Hilferuf, den sie an zahlreiche Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung geschickt haben. Der erste Adressat war Ministerpräsident Michael Kretschmer persönlich. Weitere Briefe gingen unter anderem an das Bildungsministerium, den Landkreis Zwickau und sämtliche Fraktionen des Limbacher Stadtrates. Nüchterne Bilanz nach zehn Tagen: "Es hat kein einziger auf unseren Hilferuf reagiert", so Nicole Voitel.

Die Mutter dreier Töchter wohnt in Oberfrohna und absolviert gerade nebenberuflich eine Weiterbildung zur Verwaltungsfachwirtin. An den Tagen, an denen sie zu Hause "Schule hat", wie sie sagt, nimmt sie ihre jüngste Tochter mittlerweile aus der Kita - um Kosten zu sparen. "Sie wird dann von mir nebenbei oder von der Oma betreut und kann hier essen", erzählt Nicole Voitel. Vor Kurzem bekam sie Post vom Caterer des Kitaessens, in der angekündigt wurde, dass der Preis des Mittagessens von 4,50 auf 4,90 Euro steigen werde und der der Vesper von 80 auf 90 Cent. "Die Essensversorgung ist letztlich nur ein Teil der Kosten, die sich für uns Eltern immerzu erhöhen. Da muss etwas passieren - aber viele Eltern sind diesbezüglich so leise", sagt sie. Zusammen mit Stephanie Leistner, der Vorsitzenden des Elternrats der Kita, ist Nicole Voitel aktiv geworden. Die Frauen haben Unterschriften von Müttern und Vätern gesammelt und diese an den an Politiker und Co adressierten Hilferuf geheftet.

Was Stephanie Leistner, die gerade in Elternzeit mit dem jüngsten Kind ist, ein zweites in der Kita und ein drittes in der Schule hat, am meisten stört, ist, dass die Erhöhungen in allen Bereichen vor allem eine gesellschaftliche Schicht treffen: die Mitte. "Familien, die staatliche Unterstützung bekommen, kriegen alles bezahlt und Familien, denen es finanziell gut geht, die stören sich nicht groß an den Erhöhungen. Aber wie sollen wir aus der Mitte das alles noch stemmen?"

Es sei schade, dass arbeitende Familien mit Kindern nur als Aushängeschild für politische Kämpfe und als Stimme für den Stimmzettel ausgenutzt würden. Aber wenn es zur Sache gehe, seien alle Versprechungen nur heiße Luft, heißt es in dem Brief der beiden Frauen an die Ministerien weiter. Und: "Es scheint nun leider politisch gewollt zu sein, dass immer mehr Menschen soziale Leistungen in Anspruch nehmen."

Nicole Voitel und Stephanie Leistner befürchten, dass über kurz oder lang ein Umdenken in Familien der Mitte erfolgt - hin zu der Frage, ob sich Arbeit überhaupt noch lohnt, da die finanziellen Leistungen für Menschen unterhalb der Einkommensgrenze mittlerweile umfassender seien. "Es übersteigt einfach auch meinen Verstand, wenn ich täglich lese oder höre, dass Milliarden Euro unter anderem für Waffen ausgegeben werden, aber für die Kinder hier, die ja letztlich die Stütze der Gesellschaft sind, nichts übrig ist", so Stephanie Leistner.

Trotz des bisherigen Schweigens der Adressaten wollen die beiden Limbach-Oberfrohaerinnen nicht dasselbe tun. Sie kündigen an, sich im Ort weiter vernetzen zu wollen, mit anderen Kitas und anderen Eltern. Und sie wollen ihren Hilferuf an die Politiker erneut verschicken - immer und immer wieder, solange, bis endlich eine Reaktion kommt, so Nicole Voitel.

Icon zum AppStore
Sie lesen gerade auf die zweitbeste Art!
  • Mehr Lesekomfort auch für unterwegs
  • E-Paper und News in einer App
  • Push-Nachrichten über den Tag hinweg
Nein Danke. Weiter in dieser Ansicht.