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Sachsens Bauern kämpfen: Warum der Kartoffelanbau an Bedeutung verliert
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Ob als Gratin, Kloß, Salat, gebraten oder gekocht: Die Kartoffel ist von den Tellern der Sachsen nicht wegzudenken. Nun sorgen die Bauern für Nachschub frisch vom Feld. Doch der Kartoffelanbau geht zurück. Warum haben es die Knollen zunehmend schwerer in Sachsen?
Seit einigen Wochen herrscht Hochbetrieb bei Sachsens größtem Kartoffelverarbeiter Friweika. Wenn die Bauern am frühen Morgen mit der Kombine aufs Feld fahren, rollen wenig später ihre Traktoren vors Werkstor, um die Knollen abzuliefern. 1000, in Spitzenzeiten 2000 Tonnen kommen am Tag zusammen, wie Vorstand Marko Wunderlich erklärt. Fortschritt und Erfolg der Ernte lassen sich in seinen riesigen Lagerhallen ablesen: Die Kisten zu je 3,5 Tonnen sind mit Sortennamen wie Belana oder Corinna beschriftet und stapeln sich siebenfach übereinander. Noch ist Platz, doch Förderbänder schaufeln unablässig neue Knollen heran, füllen weitere Kisten.
Sachsens Bauern konnten dieses Jahr ihre Kartoffeln erst etwas später in die Erde bringen, so dass auch die Haupternte erst Ende August begonnen hat. Die Qualität sei bisher gut und auch bei der Erntemenge würden bessere Ergebnisse als voriges Jahr erwartet, heißt es beim Sächsischen Kartoffelverband. Eine vage Schätzung geht von etwa 380 Dezitonnen pro Hektar aus (2022: 323,5). In richtig guten Jahren waren es schon weit über 400. Allerdings haben etliche Betriebe ihre Arbeit in den vergangenen Wochen wegen der Trockenheit unterbrechen müssen, um Einbußen bei der Qualität der Knollen zu verhindern.
Doch während die Kartoffel auf den Tellern nicht wegzudenken ist und auch in vielen Kleingärten gehegt wird, hat sie bei Sachsens Bauern einen immer schwereren Stand. Lag die Anbaufläche 2014 noch bei 6900 Hektar, sind es in diesem Jahr laut Statistischem Landesamt nur noch 5300 Hektar. Das ist weniger als 1 Prozent der Ackerfläche. Sachsen ist laut Bauernverband weit davon entfernt, sich komplett selbst mit Kartoffeln versorgen zu können. Dagegen zählt Deutschland insgesamt zu den zehn größten Kartoffelproduzenten der Welt - die wichtigsten Anbauregionen sind Niedersachsen, Bayern und Nordrhein-Westfalen.
«Der Kartoffelanbau ist sehr arbeitsintensiv und benötigt spezielle Technik», erklärt Landesbauernpräsident Torsten Krawczyk. Angebaut würden die Knollen in dem Umfang, wie mit Verarbeitern vertraglich vereinbart oder von den Betrieben direkt vermarktet werden kann. Ähnliches berichtet Ariane Weiß vom hiesigen Kartoffelverband. Die Maschinen und das Pflanzgut seien teuer und der Anbau anderer Pflanzen für viele Agrarbetriebe lukrativer. Zudem brauche die Kartoffel viel Know-how. Für manchen Betrieb sei der Kartoffelanbau deswegen in den vergangenen Jahren auf den Prüfstand gekommen.
Zudem haben in jüngster Vergangenheit starke Dürren die Ernten auf den Kartoffeläckern geschmälert. Denn die Erdäpfel brauchen Niederschläge, bestehen sie doch zu gut drei Viertel aus Wasser. Mancherorts werden die Felder bewässert, um stabile Erträge zu erzielen. Das habe sich bewährt, erklärt Weiß. «Bei der Kartoffel kann man mit Beregnung sehr viel erreichen.» Für Landwirte, die jetzt neu in solche Anlagen investieren wollen, werde es aber zunehmend schwieriger, dafür entsprechende Wasserrechte zu erhalten.
An Absatzmöglichkeiten fehlt es den Experten zufolge nicht. «Der Bedarf ist da», betont Weiß. Das bestätigt Marko Wunderlich. Sein genossenschaftliches Unternehmen mit rund 340 Mitarbeitern am Standort Weidensdorf (Landkreis Zwickau) habe Verträge mit rund 30 Agrarbetrieben vor allem in der Region Zwickau, aber auch im Altenburger Land bis in die Magdeburger Börde. Rund 130 000 Tonnen Kartoffeln würden jedes Jahr verarbeitet, etwa die Hälfte davon abgepackt und als Frischware verkauft.
Dazu werden die Kartoffeln in rotierenden Trommeln gewaschen, mit Bürsten maschinell poliert, nach Größe sortiert und abgepackt. Während der Absatz frischer Ware zurückgehe, steige die Nachfrage nach fertigen Gerichten, erläutert Wunderlich. Etwa als Kartoffelsalat, Gratin, vorgegarte Grill- und Rosmarin-Kartoffeln sowie fertigen Teig für Kartoffelpuffer oder Klöße. «Vor Weihnachten läuft die Kloßteigproduktion auf Hochbetrieb.»
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Für die Kunden bleibt dabei immer weniger selbst zu tun. So werden in einer Anlage Klöße samt Semmelwürfel im Innern fertig geformt und mit Hilfe von Roboterarmen zu jeweils zwei Portionen abgepackt. Der Käufer muss sie nur noch in kochendes Wasser geben. Mehr als 30 000 Tonnen Fertiggerichte produziert Friweika inzwischen im Jahr - Tendenz steigend. Künftig sollen bis zu 50 000 Tonnen möglich sein. Dazu wird in dem Unternehmen weiter investiert. Der Jahresumsatz liegt laut Wunderlich zwischen 90 und 100 Millionen Euro.
Um den Nachschub für die Mahlzeiten zu sichern, werden auch in den kommenden Wochen reihenweise Traktoren Kartoffeln frisch vom Feld anliefern. Damit die Knollen bis nächsten Sommer halten, werden sie gekühlt gelagert. Trotzdem müsse das Unternehmen Importware zukaufen, bedauert der 51-Jährige. Denn spätestens zum Beginn der Spargelernte verlange der Handel auch Frühkartoffeln, die zu dem Zeitpunkt hierzulande noch nicht geerntet werden könnten. Deswegen müssen sie aus südlichen Ländern wie Ägypten oder Zypern bezogen werden. (dpa)

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