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Ausbildung in Chemnitz: Gestiegene Abschlüsse bei Gastro, Metall und Bau

Zwar haben noch nicht alle Azubis ihre Verträge unterschrieben, aber Ausreißer bei den Berufen sind schon deutlich zu erkennen. Das Problem: Die Kluft zwischen freien Stellen und Bewerbern wird größer.

Chemnitz.

Im Hotel Chemnitzer Hof hat die Ausbildung schon begonnen. Nour Hammoud ist dort gerade dabei, die Tische im Restaurant mit Servietten zu dekorieren und die Gläser auf den richtigen Glanz zu prüfen. Sie lernt Fachfrau für Restaurant- und Veranstaltungsgastronomie. "Mir macht es Spaß, neue Leute kennenzulernen und die Gäste glücklich zu machen", sagt die aus dem Libanon stammende Frau zu den Gründen ihrer Berufswahl. Nach der Lehrzeit will sie noch höher aufsteigen - im wahrsten Sinne des Wortes. "Ich möchte einmal Flugbegleiterin werden."

Finnien Preuß hat ebenfalls am 1. August in dem Hotel am Theaterplatz seine Kochlehre gestartet. Er habe zuvor mehrere Praktika im Handwerk gemacht. Aber erst die Station in der Gastronomie habe ihn überzeugt. "Ich koche auch zu Hause viel. Mir gefällt die Zubereitung und das Dekorieren der Speisen, die Vielseitigkeit."

Die Gastronomie schließt bei den Ausbildungszahlen im Vergleich zum Vorjahr mit einem Zuwachs von 15 Prozent ab. "Die Coronapandemie war ein tiefer Einschnitt in die Geschäfte von Hotels und Gaststätten. In dieser Zeit wurde auch die Ausbildung zurückgefahren. Nun sorgt die Branche wieder stärker für den eigenen Nachwuchs", sagt IHK-Sprecherin Ramona Nagel. Ähnliche Steigerungsraten gebe es nur bei den Metalltechnikern.

Maurer legen deutlich zu

Was bei der IHK das Gastrogewerbe und die Metalltechnik ist, sind bei der Handwerkskammer Chemnitz die Maurer und Gebäudereiniger. So legten bei den Maurern die Abschlüsse um ganze 60 Prozent zu. 2022 unterzeichneten 25 Jugendliche einen Lehrvertrag, in diesem Jahr sind es bisher 40 Maurer. Die Handwerkskammer will darin noch keinen Trend erkennen. "Es kann auch sein, dass die Baufirmen stärker hinterher sind und in diesem Jahr früher Verträge abschließen", sagt Sprecherin Romy Weisbach.

Innungsobermeister Kai Albert hofft dennoch auf größeres Interesse für Bauberufe. "Die Baubranche bietet viele Entwicklungsmöglichkeiten und eine sichere Zukunft." Die sichere Zukunft sieht er besonders im Hinblick vieler wegfallender Jobs in der Verwaltung aufgrund von Künstlicher Intelligenz. "Die KI kann keine Fenster einsetzen oder eine Wärmepumpe aufbauen."

Über alle Handwerksberufe hinweg lässt sich das gestiegene Interesse nicht darstellen. 305 Bewerber haben sich in diesem Jahr bisher für einen Handwerksberuf interessiert. Das ist ein leichter Rückgang zum Vorjahr um 47 Personen bzw. 13,4 Prozent. Auf der anderen Seite steigt das Angebot. 344 Ausbildungsplätze wurden der Arbeitsagentur gemeldet. Das sind 19 Stellen bzw. 5,8 Prozent mehr als im Vorjahr.

Rechnet man alle Ausbildungsrichtungen von IHK und Handwerkskammer zusammen, dominieren auf der Beliebtheitsskala bei Jugendlichen aber weiterhin mit weitem Abstand die kaufmännischen Berufe. Ganz oben der Verkäufer, gefolgt vom Kaufmann im Einzelhandel. Erst auf Platz 3 folgt der Kfz-Mechatroniker.

Ein Problem weitet sich aus: Die Schere zwischen angebotenen Lehrstellen und Bewerbern wird immer größer. In Chemnitz wurden dieses Jahr 1760 Lehrstellen angeboten, es gibt aber nur 1020 Bewerber. Im vergangenen Jahr gab es noch 1125 Bewerber auf 1572 Ausbildungsangebote.

Ob sich die Lücke irgendwann wieder schließt? Zumindest die Schülerzahlen sollen laut Prognosen des Statistischen Landesamtes wieder ansteigen. So gab es im Jahr 2023 in Chemnitz insgesamt 1730 Abgänger für alle Schulformen, im nächsten Jahr sollen es 1830 sein. Bis 2027 soll dann die 2000er-Grenze wieder durchbrochen werden.

Noch ohne Ausbildung? Kein Problem

Junge Leute, die noch keine Ausbildung haben, sind in diesen Tagen in einer komfortablen Situation: 608 unbesetzte Stellen sind in Chemnitz zu vergeben - mehr als sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Unentschlossene können sich von Berufsberatern helfen lassen. "In Gesprächen werden gemeinsam die Stärken und Interessen des Jugendlichen analysiert, Ziele werden besprochen und eine Strategie erarbeitet, um diese zu erreichen", sagt Stefanie Ebert-Böhm, Sprecherin der Chemnitzer Arbeitsagentur.

Große Firmen können Stellen besetzen

Trotz der vielen offenen Stellen haben die großen Ausbilder Erfolg bei der Nachwuchssuche. "Auch wenn es nicht mehr so einfach ist, haben wir es geschafft, alle Stellen zu besetzen", sagt Ikea-Filialleiter Leopold Steber. Bei ihm haben im August sechs Jugendliche ihre Ausbildung in den Bereichen Verkauf, Restaurant und Kundenservice begonnen.

Die Firma Elektro-Viehweg aus Einsiedel hat extra ein Ausbildungszentrum gebaut, um attraktiver für junge Leute zu sein. Offenbar mit Erfolg: Sechs neue Auszubildende fangen in diesem Jahr an, davon jeweils drei im gewerblichen und drei im kaufmännischen Bereich.

Bei Siemens starten 32 Auszubildende und Studierende im ersten Ausbildungsjahr: elf Elektroniker für Betriebstechnik und zwei Mechatroniker. Dazu kommen 19 Gymnasiasten für ein duales Studium. "Wir haben alle Ausbildungsplätze besetzen können, spüren jedoch ebenfalls die Auswirkungen eines Bewerbermarktes mit rückläufigen Bewerbungszahlen und daraus folgend längeren Prozessen zur Besetzung der Ausbildungsstellen", sagt Sprecherin Elke Fuchs. Siemens nutze deshalb verstärkt Möglichkeiten, auf potenzielle Bewerber zuzugehen wie Job-Messen oder mit Berufsinformationen an Schulen.

Interesse an Automobil-Industrie

Bei Thyssenkrupp, wo in Chemnitz Nockenwellen hergestellt werden, starten zum 1. September drei neue Azubis in den Berufen Zerspanungsmechaniker und Mechatroniker. Sprecherin Evelin Veit: "Die Suche nach geeigneten Auszubildenden wird aufgrund der Bewerberanzahl und Qualifikation auch für uns immer schwerer, sodass wir einige Lehrverträge auch jetzt noch kurz vor Beginn der Ausbildung abschließen."

Im Volkswagen-Motorenwerk haben in diesem Jahr 28 Auszubildende als Elektroniker für Automatisierungstechnik, Industriemechaniker, Mechatroniker und Zerspanungsmechaniker begonnen. "Für die vier angebotenen Ausbildungsberufe sind ausreichend Bewerbungen eingegangen. Wir haben mehr als 150 Bewerbungen erhalten", sagt Sprecher René Petzold. (cma)

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