Das war der Chemnitzer Opernball 2019: Tanzen im Mondschein
Etwa 900 Gäste feierten am Samstagabend die 17. Auflage des Chemnitzer Opernballs. Bei der Gala gab es nicht nur ein exorbitantes Motto und süße Versuchungen, sondern am Ende auch ziemlich dicke Luft.
Chemnitz.Das exorbitante Motto: "Fly me tho the Moon" - unter diesem astronomischen Thema feierten die Ballbesucher diesmal. Fünf Tage vor der Gala bauten die Techniker das Opernhaus einmal komplett um. Kulissen und Bühnenwände lagerten sie aus, brachten stattdessen silbrig glänzende Vorhänge, glitzernde Bildmotive und eine sternenfunkelnde LED-Leinwand hinter der Hauptbühne an. Die Gäste hatten das Ballmotto derweil mit ihrer Kleiderwahl umgesetzt. Bei keinem Ball zuvor kamen so viele Damen in gold-, silber- oder kupferfarbenen Roben. Sogar manche Männer setzten auf Glanz-Hingucker.
Der tanzende Stilexperte: Tilo Kühl-Schimmel, Geschäftsführer der Tanzschule Köhler-Schimmel, bereitet jedes Jahr die Debütanten auf ihr gesellschaftliches Debüt vor. Mehr als 20 Paare schritten diesmal zum Wiener Walzer auf das Parkett. Den jungen Menschen bringt Kühl-Schimmel in seinen Tanzstunden auch Etikette bei, unter anderem erklärt er ihnen, was Ballgäste anziehen sollten, um stilvoll gekleidet zu sein. "Männer tragen am besten entweder einen Smoking mit schwarzer Fliege oder einen Frack mit weißer Fliege." Viele Herren hatten sich jedoch silberne Fliegen, teils mit Pailletten besetzt, umgebunden. Manche kamen sogar mit Silber-Zylinder auf dem Kopf. Der Stilexperte dazu: "In jedem Fall sorgt so ein Outfit für Aufsehen."
Die blühende Pracht: In welches Gartenparadies wird er das Opernhaus diesmal verwandeln? Das fragten viele Gäste schon beim Betreten des Musiktheaters. Sie spielten auf Andreas Richter an, den Inhaber des gleichnamigen Gartenfachmarktes. Er verwandelte mit 16 Floristen den Ballsaal auch diesmal wieder in eine blühende Landschaft. Gerberas, Callas und Kahnlippen leuchteten orange, als Kontrast setzten die Blumenbinder grau-grüne Eukalyptuszweige in halbmondförmige Halterungen. Besondere Herausforderung: Mitten in der Gestaltungsphase vor dem Ball stand mit dem Valentinstag ein Blumenhändler-Hauptkampftag parallel im Kalender. Der Gartenfachmarkt-Chef selbst konnte diesmal nicht zum Ball kommen. Ihn hatte eine Grippe ins Bett gezwungen.
Der kellnernde Organisator: Der langjährige Marketingchef des Chemnitzer Theaters, Mario Köppe, kümmerte sich um die Ballplanung, obwohl er gar nicht mehr Angestellter des städtischen Bühnenunternehmens ist. Als Veranstaltungsleiter managte er die Organisation der Gala freiberuflich. Obwohl er deshalb am Samstagabend Ansprechpartner für jeden Gast war, ließ er es sich nicht nehmen, als Kellner das Gala-Menü mit aufzutischen. "Mir macht diese Tätigkeit unheimlich viel Spaß", sagte er dazu.
Die süße Versuchung: Im Operncafé hatte die Bäckerei Förster ein Konditorenparadies aufgebaut. Duftende Waffeln, Sahneschnittchen mit Pistaziengeschmack, schmelziges Eis - an keiner anderen Stelle standen die Ballgäste so geduldig Schlange. Teilweise reichte die Menschenreihe zehn Meter weit.
Die ungewöhnliche Uniform: Auf mehreren Etagen des Opernhauses waren während des Balls kleine Kaffee-Oasen eingerichtet worden. Den heißen Bohnentrunk schenkte Karsten Hübner vom Kaffeeautomaten-Service Karl-Coffee aus. Seine Mitarbeiter trugen allesamt besondere Sakkos. Diese wurden von einem Produzenten aus ausrangierten Kaffeebohnensäcken geschneidert.
Die dicke Luft: In einem Zelt außerhalb des Opernhauses durften die Gäste ordentlich paffen. Zigarrenhändler Jörg Churfürst-Pille hatte dort seinen Tresen aufgebaut. Die Schwaden waren so dicht, als hätten die Ballorganisatoren Bühnen-Nebelmaschinen aufgebaut.
Das kam auf die Tische
Drei Gänge tischte Ballgastronom Roland Keilholz auf. Das Essen hatte er im Magazintrakt auf Tellern angerichtet. Der Raum im Hinterhaus der Oper beherbergt sonst Kulissen verschiedener Inszenierungen. Nun standen da Herde und Kühlschränke.
440 Hummer musste Keilholz im Voraus bestellen. Über ein Logistikdrehkreuz in Bremerhaven kamen diese nach Chemnitz.
135 Rinderfilets wurden für den Hauptgang rosa gegart. Dazu gab es ein Ragout aus Morcheln und Schwarzwurzeln.
880 Perlhuhnbrüstchen zerteilten die Gastronomen am Abend im Opernhaus. Sie bildeten mit Blumenkohlpüree den zweiten Gang.
Fünf Mitarbeiter grillten um Mitternacht vor dem Opernhaus Rinderbrust, nachdem diese vorher 30 Stunden butterzart gegart wurde. (pefr)
Der Urlaubstrip zum guten Zweck
Die Gäste feierten - und sie spendeten auch. Der Erlös einer Tombola geht nun an Menschen, die Selbstvertrauen im Zirkus lernen können.
Frank Valentin konnte sein Glück nicht fassen. Er verließ den 17. Chemnitzer Opernball mit einem besonderen Gutschein in der Tasche. Bei der Gala hatte er eine Winter-Luxusreise ins Ötztal gewonnen, Schneeglätte-Fahrtraining inklusive. Die dreitägige Reise wurde im Rahmen einer Tombola als Hauptpreis vergeben. Den ganzen Abend hatten Balldamen dafür Lose verkauft.
Der Erlös, genau 10.060 Euro, soll dem Don-Bosco-Haus auf dem Sonnenberg gespendet werden. Ballorganisator Mario Köppe: "Wir haben uns für dieses soziale Chemnitzer Projekt entschieden, weil dessen engagierte Mitarbeiter Kinder und junge Menschen auf ihrem Weg ins Leben stärken." Viele Nutzer der Einrichtung leben in sozial schwierigen Verhältnissen, ein solcher Ballabend beispielsweise sei für deren Familien unerschwinglich. Das Don-Bosco-Haus unterhält unter anderem einen mobilen Zirkus. Durch die Auftritte in der Manege erlangen Kinder und Jugendliche Selbstvertrauen.
Die Diskussion wurde geschlossen.
Mich hat nur mal das Milieu interessiert, was für Leute die Besserverdienenden sind, wie sie auftreten, Hummer und Perlhuhn verspeisen. Wenig fröhlich dreinschauende auch dabei. Erstaunlich, dabei sein sich leisten zu können, sollte doch glücklich machen. Ja, es stimmt, bei diesen Eintrittspreisen braucht man nicht zu subventionieren, wie unsere Theater, das Opernhaus. Aber könnte sich dann einen Opernbesuch leisten? Kultur muss für alle erschwinglich sein, nicht nur für die oberen Tausend der Stadt und Umgebung.
Ach, Sie wussten vorher nicht was Sie dort erwartet und dass die da keinen Rentner, der Flaschen sammeln muss, treffen werden?
Warum soll es sowas nicht geben. Eine der wenigen Veranstaltungen, die nicht mit Steuermitteln subventioniert werden müssen.
Ganz eigenartiger "Ablass-Kommentar", aber damit müssrn Sie schon selbst klar kommen, dass Sie dort waren.
Diese Veranstaltung macht deutlich, wie weit die Gesellschaft heutzutage gefächert ist. Auf der einen Seite Altersarmut, flaschensammelnde Rentner und dem gegenüber Schlemmen und Prassen, Saus und Braus. Wir hatten ein unangenehmes Gefühl und werden solche unzeitgemässen Veranstaltungen künftig meiden.