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„Islamisten-Gruß“? Antonio Rüdiger und DFB zeigen Ex-Bild-Chef Julian Reichelt an

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Mit einem Posting zum Beginn des Fastenmonats Ramadan fing alles an. Nun gab es Anzeigen für den ehemaligen Chefredakteur der Bild-Zeitung.

Berlin.

Harmlose, religiöse Geste oder Islamisten-Gruß? Ein Foto von Nationalspieler Antonio Rüdiger sorgt derzeit im Netz für Aufregung – nun gibt es sogar Strafanzeigen.

Was war passiert? Am 11. März postete der 31-Jährige auf seinem Instagram-Account ein Foto. Darauf zu sehen: Rüdiger auf einem Gebetsteppich, den rechten Zeigefinger gen Himmel erhoben. Dazu notiert er anlässlich des muslimischen Fastenmonats Ramadan: „Ramadan Mubarak an alle Muslime weltweit. Möge der Allmächtige unser Fasten und unsere Gebete annehmen.“

„IS-Finger“ oder „Tauhid“?

Das Posting wurde medial zunächst nicht beachtet. Bis vor wenigen Tagen. Da befasste sich Nius, das neue Nachrichten-Portal von Ex-Bild-Chef Julian Reichelt, ausgiebig damit. Das Online-Medium wird als rechtskonservativ bzw. rechtspopulistisch eingeordnet. „Nationalspieler Rüdiger zeigt Islamisten-Gruß von ISIS“, titelte man dort. Seitdem sorgt der erhobene Zeigefinger des Fußballers für Wirbel, wird im Netz teils hochemotional kommentiert. Manche unterstellen dem Fußballer gar Sympathien für Islamisten.

Viele Menschen kennen die Geste von islamistischen Terroristen, wie etwa dem „Islamischen Staat“ (IS). In Videobotschaften halten die Terroristen den Zeigefinger hoch. Entsprechend wird die Geste auch schnell als „IS-Finger“ bzw. „ISIS-Finger“ betitelt. Andere sehen darin lediglich eine religiöse Geste im Islam, den sogenannten Tauhid bzw. Tawhid. Mit dem Zeigefinger wird der Glaube an die Einheit Gottes ausgedrückt („Es gibt keinen Gott außer Allah“).

Islam-Experten: Von Kritik bis Solidarität

Susanne Schröter vom Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam findet Rüdigers Posting problematisch, wie sie gegenüber der Neuen Züricher Zeitung berichtet: „Antonio Rüdiger bedient sich einer salafistischen Bildsprache, die wenig zu tun hat mit der eines ausgestreckten Zeigefingers im Sinne des Tawhid, wie er auch von gläubigen Muslimen während des Gebetes verwendet wird.“ Es handele sich hier aber nicht um ein Gebet, so Schröter, sondern um eine reine Inszenierung, die sich an den Betrachter wende und von diesem verstanden werden solle.

Der prominente Islamismus-Experte Ahmad Mansour betont derweil auf X (ehemals Twitter): „Die Geste ist religiös, nicht extremistisch; sie symbolisiert den Tauhid, also den Glauben an den einen Gott und damit den Monotheismus.“ Die Geste sei von Islamisten vereinnahmt worden. Für Mansour sei es falsch, den Extremisten die Deutungshoheit darüber zu überlassen – und falsch, Rüdiger Extremismus zu unterstellen. Und weiter: „Was in der ‚Debatte‘ leider fehlt, ist eine differenzierte Betrachtung der Vorbildfunktion von Fußballern in den sozialen Medien. Mit diesem Bild werden Dinge verbunden, die Antonio Rüdiger bestimmt nicht beabsichtigt hat.“

Die Wirkung auf junge Menschen sei gewaltig, vor allem auf diejenigen, die ihre Religion als das einzige identitätsstiftende Merkmal verstünden. „Ich glaube, dass der DFB seine Hausaufgaben machen muss, wenn es darum geht, Spieler für bestimmte Themen zu sensibilisieren“, so Mansour.

Der für seine islamkritischen Bücher bekannte Publizist Hamed Abdel-Samad solidarisiert sich mit Rüdiger. „Ich finde es abscheulich, gegen ihn wegen einer harmlosen Geste zu hetzen, während man die wahren Islamisten im Lande in Ruhe lässt und sogar politisch hofiert“, kommentiert er auf X und rät: „Entspannt Euch ein Bisschen!“

Rüdiger und DFB zeigen Julian Reichelt an

Nius-Chef Julian Reichelt arbeitete sich an dem Thema auf X immer wieder ab. So schrieb er etwa am 23. März: „Islamismus heute Abend in der deutschen Start-Elf. Das ist die Ideologie, die alles mit Regenbogen-Farben vom Dach wirft und Frauen steinigt.“ Einen Tag später: „Für alle, die beim Islamisten-Gruß von Antonio Rüdiger keinen Islamismus erkennen wollen: Der Verfassungsschutz (…) wertet den Zeigefinger als klares Zeichen für Islamismus.“

Am gestrigen Montag war für Rüdiger und den DFB offenbar das Maß voll. Der Fußballer erstattete Strafanzeige gegen Reichelt wegen Beleidigung bzw. Verleumdung, verhetzender Beleidigung sowie Volksverhetzung, wie die Bild berichtet. Auch der DFB wurde aktiv, zeigte den Journalisten an.

Reichelt spricht von „Einschüchterungsmethoden“

Der meldete sich am späten Montagabend auf X zu Wort, notierte in Richtung des Fußballers: „Wer öffentlich so posiert, zeigt ganz bewusst den Gruß von Fanatikern und nicht eine unschuldige, spirituelle Geste. Es ist eine Normalisierung einer schrecklichen Ideologie, die in diesem Land schon viel zu viel Raum erobert hat.“ Was die Anzeigen anbelangt, spricht Reichelt von „Einschüchterungsmethoden“ und verspricht: „Ich werde mir niemals verbieten lassen, das zu sagen. “Der Wirbel um das Zeigefinger-Posting dürfte also noch nicht beendet sein.

Übrigens: Es ist nicht das erste Mal, dass Rüdiger in Sachen Social Media für Diskussionen sorgt. Ende 2020 war der 31-Jährige schon mal in die Schlagzeilen geraten.

Rüdiger likte Anti-Macron-Posting

Nach dem islamistischen Mord am Lehrer Samuel Paty hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron dem Islamismus den Kampf angesagt. Ein Mixed-Martial-Arts-Kämpfer stellte daraufhin eine Fotomontage Macrons auf Instagram ein: der Präsident mit einem Stiefelabdruck im Gesicht.

Dazu notierte er: „Möge der Allmächtige das Gesicht dieser Kreatur und all ihrer Anhänger Schande bringen, die die Gefühle von mehr als eineinhalb Milliarden muslimischen Gläubigen unter dem Motto der Redefreiheit beleidigen.“ Rüdiger vergab damals dafür zunächst ein Like, später entschuldigte er sich. (phy)

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