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2018: Chemnitz im Chaos

Mehr als eine Woche lang hatte der Titelaufmacher der "Freien Presse" nur ein Thema: rechte Ausschreitungen und Proteste nach dem Tod eines Mannes, erstochen von Migranten.

27. August: "Chemnitz muss Stadtfest nach Tötungsdelikt abbrechen", titel die "Freie Presse". Es ist der Tag nach einer nächtlichen Auseinandersetzung zwischen mehreren Männern in der Innenstadt, die mit tödlichen Messerstichen gegen den 35-jährigen Deutschkubaner Daniel H. enden - ausgeführt von Migranten. Ein Jahr später wird ein zur Tatzeit 23-jähriger Syrer vom Landgericht Chemnitz zu neuneinhalb Jahren Haft wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Ein zweiter Verdächtiger, der damals 22-jährige Farhad Ramazan A. aus dem Nordirak, der als Haupttäter gilt und der in sozialen Medien unter einem anderen Namen auftrat, ist bis heute auf der Flucht. Noch immer steht sein Foto auf den Fahndungsseiten der sächsischen Polizei und des Bundeskriminalamts. Wie es zu den tödlichen Messerstichen kam, ist nach wie vor nicht restlos aufgeklärt.

In jenen Tagen Ende August, Anfang September 2018 treten die Berichte über die Ermittlungen in dem Tötungsdelikt jedoch in den Hintergrund, denn die Folgen jener Tat stellen selbst dieses dramatische Ereignis noch weit in den Schatten. Teils gewalttätige Massenproteste der rechten Szene, Bilder vom Ausnahmezustand in der Innenstadt bestimmen die Berichterstattung der Medien im In- und Ausland. Und sie verändern den Alltag der Regionalzeitung.

Mehr als eine Woche lang widmet die "Freie Presse" damals ihren Titelaufmacher und zahlreiche andere Beiträge diesem Thema. Am Montag nach der Tat - ein erster spontaner Protest am Sonntag hätte Warnung genug sein müssen - folgen etwa 5000 Demonstranten einem Aufruf der rechtsextremen Vereinigung Pro Chemnitz, und die Polizei ist erneut mit zu wenig Einsatzkräften vor Ort, teilweise nicht mehr Herr der Lage. Geschäfte in der Innenstadt schließen aus Sicherheitsgründen. Am Samstag darauf versammeln sich sogar 10.000 Menschen, die AfD marschiert nun mit.

Die demokratische Zivilgesellschaft und die Stadtspitze verharren einige Tage in Schockstarre. Dann machen sich Aktive aus der Kultur- und Wirtschaftsszene auf, um ein anderes Bild von Chemnitz zu zeichnen. "Herz statt Hetze" heißt es nun - und am Montagabend, dem 3. September wird das Gelände zwischen Johanniskirche und Stefan-Heym-Platz zur größten Konzertarena, die die Stadt je gesehen hat: 65.000 Menschen aus vielen Teilen Deutschlands strömen zum Konzert des Bündnisses "Wir sind mehr" mit Stars wie Kraftklub und Die Toten Hosen. Die große Solidaritätsaktion, für die selbst Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wirbt, bringt Chemnitz nun auf positive Weise in die Schlagzeilen. Dennoch wird der Stadt das rechte Negativimage nach den August-Krawallen 2018 noch lange anhaften. (oha)

Zum Online-Spezial: Der Tod von Daniel H. und seine Folgen [FP+]

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