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220 Musiker und Ohrwurm-Garantie: Jahreskonzerte werden monumental
Die Thumer Bläserphilharmonie hat sich mit den Chören der Evangelischen Schulgemeinschaft Erzgebirge zusammengetan. Dreimal führen sie "The Genesis Suite" auf. In vielerlei Hinsicht ein bemerkenswertes Ereignis.
Von Michael Urbach
erschienen am 14.04.2018
Thum/Annaberg-Buchholz/Chemnitz.
Wenn die Bläserphilharmonie Thum zum Konzert bittet, dann wird es immer groß. Das liegt nicht nur an dem eindrucksvollen Bild, das die versammelten Musiker samt Instrumenten bieten. Oder an ihren musikalischen Erfolgen bei Wettbewerben, die sie zum vielleicht besten Amateurorchester Sachsens machen. Auch die Auswahl der Werke bietet den Zuhörern immer wieder Neues, Unerwartetes. Und in diesem Jahr setzt das Ensemble bei seinen Jahreskonzerten noch mal eins drauf. 220 Sänger und Instrumentalisten der Bläserphilharmonie Thum und der Chöre der Evangelischen Schulgemeinschaft Erzgebirge (EGE) haben sich bei einem außergewöhnlichen Projekt zusammengetan, um "The Genesis Suite" von Tolga Kashif aufzuführen. Ein Werk über die Notwendigkeit zur Veränderung der Welt, das musikalisch einen Bogen spannt von der Musik der Gruppe Genesis bis hin zum großen sinfonischen Filmsound des 21. Jahrhunderts, wie der Verein ankündigt.
"Die Genesis Suite ist kein Potpourri, keine Orchesterfassung der Songs der einflussreichen britischen Gruppe Genesis mit ihren bis heute weltweit über 150 Millionen verkauften Alben, sondern eine eigenständige Komposition, ein groß angelegtes sinfonisches Werk, das seine Motive aus der reichhaltigen Tätigkeit der Gruppe schöpft", beschreibt Vereinssprecherin Claudia Haase. Der Komponist Tolga Kashif, 1962 in London geboren und zyprisch-türkischer Abstammung, lehnt sich an die Genesis Suite von Nathaniel Shilkret aus dem Jahr 1945 an - ein Werk mit Rezitationen aus den Urgeschichten der Bibel - und bringt sie mit Musik der weltbekannten Rockband zusammen.
"Die Leute werden mit Ohrwürmern aus den Konzerten gehen", verspricht Dirigent Thomas Conrad. "Für mich fast schon ein bisschen zu viel", fügt er mit einem Augenzwinkern über dieses noch nicht so häufig gespielte Werk hinzu.
Doch wie kommt es zu dem musikalischen Mammut-Projekt? Wie Thomas Conrad sagt, gibt es schon seit Jahren Kontakte mit der EGE. "Darum habe ich geschaut, was für solch ein gemeinsames Projekt mit den vielen Instrumentalisten und Sängern überhaupt infrage kommt." Unter mehreren Optionen, etwa stand auch ein an Musik der Band Queen angelegtes Werk zur Debatte, fiel die Entscheidung letztendlich auf die Genesis-Suite.
Mit den insgesamt 220 beteiligten Musikern kann es auch nicht überall aufgeführt werden, die Turnhalle der EGE, wo zwei der drei Konzerte zu erleben sind, bietet aber genügend Platz. Auch die Proben wurden zur Herausforderung. Es gab einen gemeinsamen Probentag: vormittags übten Instrumentalisten und Sänger noch einmal getrennt, nachmittags schließlich gemeinsam.
"Es ist das erste gemeinsame Projekt zweier Ensembles, die es sich seit Jahren zur Aufgabe machen, anspruchsvolle Literatur zu spielen", sagt Chorleiter Daniel Zwiener. "Die Genesis-Suite ist ein schwieriges Werk über eine schwierige Welt." Der Titel sei mehrdeutig. "Beide - Rockpoeten und Bibelverse - haben einiges gemeinsam." So habe es die Rockgruppe allem in den 70er- und 80er-Jahren verstanden, politik- und zivilisationskritische Texte in einer sehr eigenen musikalischen Sprache zu einem breiten Publikum zu transportieren. Und der Bibeltext gebe Antworten auf die Frage, wer wir sind, nach unserer Herkunft, nach unseren Stärken und Schwächen. Zwiener: "Und er macht auch nach 2500 Jahren unmissverständlich klar, dass die Menschheit heute wie damals versucht ist, über ihre Verhältnisse zu leben. Immer wieder brauchte es radikale Neuanfänge, weil die Maßlosigkeit des Menschen grenzenlos wurde." Die in der Genesis-Suite ausgesuchten Texte der Rockgruppe spiegelten genau das wider. So spricht die Gruppe Genesis von der Gefahr eines Weltkrieges, wenn die westliche Zivilisation nicht bereit ist, ihren Egoismus und ihre Bequemlichkeit aufzugeben. "Das preisgekrönte Musikvideo zu Undertow aus den 80ern endet mit einer Szene, in der ein sichtlich verwirrter US-Präsident Reagan aus Versehen mit dem Roten Knopf eine Atombombe zündet - welche Parallele zur aktuellen amerikanischen und globalpolitischen Entwicklung! So ist die Genesis-Suite ein hochaktuelles Werk, es ist musikalisch wie inhaltlich Welt-Musik", sagt Chorleiter Daniel Zwiener.
Dirigent Thomas Conrad, Jahrgang 1971, ist übrigens gar kein spezieller Genesis-Fan, wenngleich er Musik und Inhalt würdigt. "Die Originalsongs sind weitaus kreativer als das meiste, was man heute so hört", urteilt der erfahrene Dirigent und Musikschulleiter. Depeche Mode, das sei eher seins gewesen. "Doch davon", sagt Thomas Conrad und lacht, "gibt es leider kein sinfonisches Werk."
Die Jahreskonzerte der Bläserphilharmonie Thum, deren Bestandteil auch ein Auftritt der Bläserjugend ist, mit den Chören der Evangelischen Schulgemeinschaft Erzgebirge (EGE) finden an drei Terminen statt: am 21. April, 19.30 Uhr und am 22. April, 17 Uhr in der EGE in Annaberg-Buchholz sowie am 29. April, 17 Uhr in der Stadthalle Chemnitz. Karten für die Konzerte in Annaberg gibt es unter Ruf 037297 89817 oder 03733 5067740. Das Konzert in Chemnitz ist ausverkauft.