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"Begehungen" bringen die Kulturhauptstadt mit einem charmanten Trick zur Biennale nach Venedig

Das Chemnitzer Festival wird in diesem Jahr ein besonderes Schaufenster für die Kulturhauptstadt 2025 öffnen: Auf einer der weltweit wichtigsten Ausstellungen für moderne Kunst zeigen sie sächsische Wurzeln hochrangiger zeitgenössischer Fotografie.

"WGT ohne Bändchen" ist seit vielen Jahren eine Bewegung rund um das beliebte Wave-Gotik-Treffen in ganz Leipzig: Menschen, die das Pfingstfestival lieben, aber nicht offiziell dazugehören, organisieren dabei passende Veranstaltungen und Treffpunkte in der Stadt, die das Flair des Treffens "von unten" bereichern und die man auch ohne Eintrittsbändchen besuchen kann. Von außen sieht das dann wie ein Teil der WGT-Szene aus, was es im selbstermächtigten Sinn ja auch ist.

Auf ähnlich sympathische "Guerilla-Manier" will das Chemnitzer Festival "Begehungen" in diesem Jahr die Biennale in Venedig erweitern. Auch auf der ältesten Ausstellung für Internationale Kunst gibt es natürlich auch ein "eigentliches" Programm rund um die offiziellen Länderpavillons - aber das überschäumende Flair der Kunst ist vom 20. April bis 30. Juni überall in der weltberühmten Lagunenstadt zu spüren. Und was ist das eigentlich, ein "Pavillon"? Kaufen kann man einen solchen ja selbst im Baumarkt - es kommt am Ende also darauf an, was man draus macht. Mit zwei Partnervereinen, nämlich "Proforma" aus Manchester und "Pase" aus Venedig, stellen die "Begehungen'" daher in diesem Jahr einen eigenen "Desire Lines Pavillon" auf die Beine - und dieser bildet ein einmaliges Schaufenster für das Kulturhauptstadtjahr 2025 in Chemnitz mitten in einem der wichtigsten Treffpunkte der internationalen Kunstszene.

"Wir wollten schon immer mal was in Venedig machen", sagt Frank Weinhold, Projektleiter bei den Begehungen: "Wir wollten uns einfach mal an diesem Hotspot der Kunstwelt zeigen. Diesmal haben wir das zusammen mit unseren Partnern einfach durchgezogen. Wir haben uns einen tollen Raum in der Stadt organisiert, in einem Off-Space mit 360-Grad-Studio in einem begrünten Hinterhof. Dafür werden wir ordentlich trommeln. In Venedig gibt es ein Veranstaltungsmagazin, so ähnlich wie in Chemnitz das ‚371‘. Dort schalten wir ganzseitige Anzeigen. Jeder Partner wird einen eigenen Ausstellungsteil gestalten. Pase macht eine Multimedia- und Soundinstallation, Proforma erstellt eine Kombination aus Fotokunst und Performance, und wir zeigen zeitgenössische fotografische Positionen aus dem Osten Deutschlands."

Kuratiert wird die Schau der "Begehungen" von der Dresdnerin Kristin Dittrich, die sich darauf bezieht, dass in Sachsen international gewichtige, oft aber weniger wahrgenommene Fotokunst gemacht wird, was zum Kulturhauptstadt-Motto "C The Unseen" dann auch im aufs ganze Bundesland übertragenen Sinn passt. "Die erste Professur für Fotografie an einer deutschen Kunstakademie wurde 1913 in Leipzig an der Kunsthochschule HGB vergeben. In der DDR-Zeit war diese Kunsthochschule der einzige Ort, an dem man Fotografie studieren konnte. Nach dem Fall der Mauer 1989 wurden viele der Professor:innen entlassen. Dieser Prozess ist bis heute nicht richtig aufgearbeitet. Die Generation X, die Mitte der 1970er-, Anfang der 1980er-Jahre geborenen Künstlerinnen und Künstler, setzten sich an der HGB Leipzig mit ihrer neuen Freiheit der Nachwende-Studierenden auseinander", wird sie dazu auf der Website der Kulturhauptstadt zitiert.

Weinhold geht es dabei aber eher nur im Nebeneffekt um Werbung für die Kulturhauptstadt, auch wenn diese mit einem eigenen Programmpunkt in den Pavillon kommen wird."Wir wollen vor allem die Ausstellung machen und unseren Künstlern die internationale Plattform bieten. Seit fünf Jahren setzen wir die Idee um, europäische Partner-Organisationen mit Gastbeiträgen zu unserem Festival zu holen. Daraus folgten Einladungen von Chemnitzer Künstler:innen unter anderem nach Manchester. Venedig ist nun der nächste Schritt, die ,Begehungen‘ zu europaweiter Relevanz zu entwickeln."

Der weltweite Blick auf Fotografie aus Deutschland ist laut Weinhold stark auf Düsseldorf gerichtet - dem soll die Venedig-Schau mit Arbeiten von Margret Hoppe, Oskar Schmidt und Edgar Leciejewski etwas entgegensetzen - allesamt Meisterschüler von Timm Rautert, seines Zeichens langjähriger Professor an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, und als Fotograf unter anderem für das "Zeit-Magazin" tätig. Damit wollen die "Begehungen" der Welt Positionen aus Sachsen zeigen. Und vielleicht mit der Eigen-Aktion auch ein Zeichen setzen: Am Ende ist es egal, ob irgendetwas bei einem Festival oder auch der Kulturhauptstadt "offiziell" ist oder nicht. Wichtig ist, ob es die Sache bereichert!

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