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Sagen Frauen "Glück auf"?

Der Erzgebirgskrimi bietet Gesprächsstoff, auch eine Woche nachdem er über die Mattscheibe flimmerte. Da ist zum Beispiel die Frage nach einer Grußformel und ob diese nicht vor allem Männer nutzen.

Erzgebirge.

Knapp acht Millionen Zuschauer haben den dritten Erzgebirgskrimi gesehen. Geklärt ist die Frage nach dem Mörder. Wir haben aber eine ganz andere Frage: Sagen Frauen - wie im Film die Försterin - eigentlich "Glück auf"? Und dürfen sie das?

Mit "Glück auf" begrüßen sich die Bergleute. Doch im Erzgebirge grüßen sich viele so, sagt Kerstin Jahn vom Suppenmuseum in Neudorf. In ihrem Heimatort sei "Glück auf" der Standard, egal ob bei Männern oder Frauen. "Ich grüße nur so." Besonders wichtig sei es in ihrem beruflichen Kontext. Wenn Jahn Besucher im Museum willkommen heißt, dann immer mit "‚Glück auf". Doch die Sache mit den Männern und den Frauen sei nicht von der Hand zu weisen. Als Bergmänner aus dem Ruhrpott das Museum besuchten, hätten sie sich darüber echauffiert, dass Kerstin Jahn als Frau "Glück auf" sagt, erzählt die Neudorferin.

Mit der Frage konfrontiert, kommt Constanze Ulbricht, Leiterin der Baldauf-Villa in Marienberg, ins Grübeln. "Stimmt, ich benutze es relativ selten", sagt sie. In Briefen und E-Mails sei das anders. Da komme "Glück auf" bei ihr häufig vor. Aber gesprochen im Alltag eher selten. "Darüber habe ich kurioserweise noch gar nicht nachgedacht", sagt sie und lacht. Das geht auch Carmen Krüger vom Erzgebirgsverein so. Sie überlegt: "Da ist schon was dran." Dennoch sei der Gruß nicht nur Männern vorbehalten. Sie kenne viele Frauen, die "Glück auf" sagen, aber noch mehr Männer. Einen anderen Aspekt bringt Jana Hecker, Aue-Bad Schlemas Pressesprecherin, ein. "Glück auf" sei identitätsstiftend, daher verwende sie es als offizielle Grußformel in E-Mails. Mundartlich gesprochen würden es eher Männer und Cliquen verwenden. Aber wenn jemand mit "Glück auf" grüßt, grüßt man als Frau auch so zurück. Und wenn das Steigerlied gesungen wird, machen alle mit.

 

Mundartsprecher Robby Schubert gehört zu denjenigen, die fast ausschließlich "Glück auf" verwenden. "Aber nur zur Begrüßung, nicht zur Verabschiedung", so der Gelenauer. Es sei aber nicht so, dass Frauen es gar nicht sagen, aber eben doch seltener als Männer. Woran das liegt? "Vermutlich ist das historisch begründet, weil es ein Gruß der Bergleute war." Er spinnt den Gedanken weiter. Bergmann und Engel seien typische Symbole im Erzgebirge. Der Engel stehe dabei auch für die Frauen. Dass nun der Engel "Glück auf" sagen würde, kann sich Schubert nicht so richtig vorstellen.

Zeit für einen Ausflug in die "Glück auf"-Historie: Zum ersten Mal nachweisbar ist die Grußformel im 16. Jahrhundert in Eibenstock. "Sie kam in diesem Jahrhundert am sächsischen Hof an und ging von Sachsen in die Welt", sagt Jan Färber, der Leiter des Bergbaumuseums Oelsnitz. Fürs "Glück auf" seien zwei Ursprünge feststellbar: Zum einen habe man sich gewünscht, dass sich ein reicher Erzgang auftue. "Zum anderen wünschte man sich damit ein gutes, glückliches Wiederauffahren aus dem Berg." "Glück auf"-Fortgeschrittenenkurs: 1840 wird der Gruß zum ersten Mal überhaupt in einem Lied verwendet - und zwar im heiß geliebten "Steigerlied" der Erzgebirger.

Ins Grübeln kommt aber auch Jan Färber, dessen Großvater Max Jahrzehnte in den Kaiserin-Augusta-Schacht eingefahren war: "Mein Großvater hat immer ,Glück auf‘ gesagt. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass es meine Großmutter tat." Trotzdem hat Färber, als er 2008 die Museumsleitung übernahm, in der Konzeption festschreiben lassen, dass die Grußformel in Führungen, am Telefon und im Schriftverkehr Einzug hielt. "Das erwarten die Besucher von uns. ,Glück auf‘ ist identitätsstiftend, so wie das ,Grüß Gott‘ der Bayern. So weiß jeder, wo man herkommt. Deshalb empfiehlt Jan Färber, dass man die Grußformel bewusst nutzt - und macht dabei keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen.

Und was sagen echte Bergmänner dazu? "Denkt man genau darüber nach, grüßen Frauen tatsächlich weniger mit ‚Glück auf‘. In unserem Bekanntenkreis grüßen die meisten Frauen mit Hallo", sagt Jan Ulbricht aus Ehrenfriedersdorf. Früher, als der Bergbau in Ehrenfriedersdorf noch aktiv war, habe in der Stadt ein großer Teil der Leute mit dem Bergmannsgruß gegrüßt. "Egal, ob sie im Bergbau beschäftigt waren oder nicht." Jürgen Ziller aus Schlettau arbeitete 27 Jahre im Wismutbergbau. "Der Gruß der Bergleute findet nicht nur Anwendung, wenn sich Leute gut kennen. Wer den Gruß pflegt, dem ist es egal, auf wen er gerade trifft. Es kommt auch darauf an, wie der Gruß in den Familien weitergetragen wird. Meine Frau jedenfalls sagt ‚Glück auf‘." Steffen Brunner aus Ehrenfriedersdorf denkt auch an Bergfrauen. "Frauen, die früher im Wismutbergbau unter Tage gearbeitet haben und sogar Grubenlok fuhren, grüßten mit ‚Glück auf‘." mit lomü

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1414 Kommentare

Die Diskussion wurde geschlossen.

  • 1
    0
    ralf66
    25.04.2021

    @billimaus, die fünf rutn auf men letztn Kommentar härn ganz gewiss net hie ja dos stimmt schie Glück auf songse überall wu Bargbau in Deitschland is aber mir song halt net Glück auf mir song Glick auf dos is dor Unnerschied.

  • 8
    2
    billimaus
    25.04.2021

    bergmann 66

    Bitte Herkunft und Bedeutung hinterfragen. "Glück Auf" hat nichts mit einer Region zu tun. Bergleute gibt und gab es im ganzem Land.

  • 14
    0
    Tiger86
    24.04.2021

    Bei uns wird "Glück auf" im privatem Bereich, Vereine und im ganzen Dorf verwendet. Es fördert den Zusamenhalt und wird von allen verwendet, egal welchen Geschlechts.

  • 14
    5
    ralf66
    24.04.2021

    ''Hi'', ''Hallo'', ''Moin Moin'' und noch annere Grußforme song de modernen und jungen Weiberleit von heit und net ''Glick auf''.
    Unner Hamitsproch werd immer weniger geredt un war wos annersch erzählt hert net richtich hie, manniche schame sich grod dorfür Mundart ze redn.

  • 30
    0
    Hausmacher
    24.04.2021

    Regionale Grußformen finde ich super. Sie stiften Identität und zeigen Zugehörigkeit. Wenn dann, wie hier offensichtlich praktiziert, auch alle teilhaben dürfen, ist das eine tolle Sache.
    Der Rückkehrer fühlt sich Zuhause, der Fremde oder Besucher zeigt, daß er die lokale Tradition respektiert und wenn ihm ein freundliches "Glück auf" (wenn auch mit einem Zwinkern) entgegenhallt, dann fühlt er sich willkommen und angenommen.

    Warum Leute hier schlecht gelaunt die Diskussion als überflüssig abwerten müssen, bleibt mir ein Rätsel. Wen es nicht interessiert, der muss es doch nicht lesen? ...und sich schon gar nicht so destruktiv beteiligen.

    Ein freundliches Glück auf, Grüß Gott, Moin Moin und Gude!

  • 4
    4
    grummholz
    24.04.2021

    Um mich hier rein zu hängen: ich stamme aus Oelsnitz und mein Vater war unter anderem Reviersteiger. So richtig sehr verbreitet war der Spruch "Glück Auf" nicht. Meiner Meinung wurde dieser Gruß nicht von allem verwendet, kann mich da weder bei meinem Vater oder bei meiner Mutter so richtig erinnern. Selbst im Bekanntenkreis oder unter Bergarbeitern war das wenig, nur Ausnahmen. Die letzten Arbeitsjahre habe ich in Zschopau verbracht und da habe ich den Spruch doch schon gehört.

  • 4
    21
    gelöschter Nutzer
    24.04.2021

    Die Zeichnung hat den Unterstrich vor dem Genderstern vergessen. Sonst werden nicht diejenigen angesprochen, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen können oder wollen.

    Aber kommen wir vom universitären Klamauk (nicht nur der TU Chemnitz) zum Thema:
    Hier am Rande des Erzgebirges hört man eher "Guten Tag". Allerdings ist es meines Erachtens nach auch anderswo kein Thema, ob "Glück auf" denn nun von Männern, Frauen oder beiden verwendet wird. Wer zu viel Zeit hat, kann ja eine neue Geschlechterdebatte heraufbeschwören.

    Kleine Anmerkung zum Kommentar von Erzsachse:
    Also ich finde die Ausdrucksweise "Gauf" eher schnoddrig. Quasi die erzgebirgische Version von "Alder". ;-)

  • 24
    0
    gelöschter Nutzer
    24.04.2021

    Erzsachse...immerwieder schön zu hören, wenn jemand zurück kommt:)

    Bei mir ist es so, wie bei vielen im Erzgebirge. Mein Opa war Bergmann und mein Vater auch. Wie kornelia richtig erzählt hat, gab es auch Frauen im Schacht. Meine Oma zum Beispiel:) Ich selbst habe Interesse daran, mein Sohn hat es auch. Es ist quasi eine Verbindung da und so ist das Geschlecht völlig schnurzegal. Das Gauf wurde bei uns nie zu einer Diskussion gemacht und ob das Frauen nicht sagen dürfen.

  • 35
    0
    Erzsachse
    24.04.2021

    In meiner Kindheit in den 60er Jahren haben wir ausschließlich mit Glück Auf, eher mit "Gauf" gegrüßt.
    Nachdem ich 30 Jahre nicht im Erzgebirge gelebt hatte, ist es verloren gegangen.
    Seit 13 Jahren bin ich zurück in der Heimat und freue mich bei jedem Hundespaziergang über freundliche Leute und das herzliche Glück Auf von Frauen und Männern.

  • 27
    1
    nordlicht
    24.04.2021

    Hatte schon am 22.4. zum Thema einen Kommentar abgegeben.
    Ich kenne den Gruß seit meiner Kindheit, die ich im Erzgebirge verbracht habe.
    Der Abstimmungszeiger sagt alles.
    "Glück auf"

  • 34
    1
    kornelia
    24.04.2021

    Warum sollen Frauen im Erzgebirge nicht Glück Auf sagen. Es gab ja auch Frauen die unter Tage bis in die 60 ziger Jahre gearbeitet habe zu mindest hier in Oelsnitznizer Revier (weiß ich von einer Schwiegermutter)

  • 40
    2
    KTreppil
    24.04.2021

    Mal eine Diskussion abseits von Corona, Notbremse und Lockdown. Das gibts noch?
    Wenn dann sagt man 'Gauf' oder 'Gliggauf', das gespelzte hochdeutsche 'Glück auf' hört man so nirgendwo. Ansonsten aber find ich die Erzgebirgskrimis gelungen und wir amüsieren uns beim schauen immer wieder über das 'Glück auf'.

  • 8
    36
    Neuchemnitzer
    24.04.2021

    Willkommen in Sachsen, wo man alle Diskurse der frühen 90er Jahre nochmal live miterleben kann

  • 36
    42
    gelöschter Nutzer
    24.04.2021

    Mein Gott, habt Ihr keine anderen Probleme ?