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Westliche Kultur in China

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Nachdem ich mich letzte Woche einem Teil der über 5000 Jahre alten chinesischen Kultur widmete, habe ich diese Woche der europäischen Kultur gelauscht. Gemeinsam mit meinen Eltern besuchte ich das Shanghai Oriental Theater in Pudong, dem Stadtteil, der erst in den letzten 15 Jahren entstanden ist und hörte ein Konzert des Shanghai Symphony Orchestra, das zwei Stücke von Brahms spielte. Doch trotz des europäischen Komponisten und auch der in Europa üblichen Orchesterbesetzung konnte man deutlich wahrnehmen, dass ein derartiges Konzert doch ein wenig anders abläuft als in Dresden, Berlin oder München. Natürlich war die Konzerthalle sehr modern und so gebaut, dass eine sehr gute Akustik vorherrscht. Er war auch gut gefüllt. Wenn man aber genauer hinsah, konnte man auch viele kleinere Kinder sehen, die zu später Stunde doch recht ruhig den Klängen lauschten. Eine Folge der Ein-Kind-Politik - die Eltern möchten wirklich nichts versäumen, was der Ausbildung ihrer Kinder dienlich sein könnte. Auch die Kleidung, die die meisten Gäste trugen, ähnelte der in deutschen Konzertsälen üblich eher nicht: Alltagskleidung war angesagt, also Hose und Hemd für die Männer und normale Kleider bei den Frauen. Es ist üblich, dass viele Karten über eine Art Sponsoring vergeben werden. Das heißt, dass chinesische Firmen ihren Angestellten etwas Gutes tun und ihnen die Karten schenken. Vielleicht soll so ein Bewusstsein für die klassische Musik geschaffen werden. Allerdings sieht man auch professionelle Kartenverkäufer vor den Konzertsälen, die die gesponserten Karten wieder in Bares umsetzen. Ungewöhnlich ist auch, dass vor Beginn des Konzerts Lautsprecherdurchsagen erfolgen, in denen darum gebeten wird, werde zu essen noch zu trinken, sich angemessen zu verhalten und jegliche Ton- oder Videoaufnahmen zu unterlassen. Danach erscheinen Saalordner, die noch einmal mit elektronischen Leuchttafeln durch die Reihen gehen, um darauf hinzuweisen, dass Fotografieren ebenfalls verboten ist, was einige Zuhörer natürlich nicht davon abhält, trotzdem ihre iPhones zu zücken. Bei anderen Veranstaltungen wird man dann schon mal von den Saalordnern mit einem Laserpointer "abgeschossen".

Nachdem also auf Film- und Handy-Verbot hingewiesen worden war, begann das Konzert und wir hörten den ersten Teil. Oder besser gesagt den ersten Teil, außer dem letzten Ton. Denn sobald der letzte Ton am Ausklingen ist, beginnt man zu klatschen und alle anderen steigen begeistert mit ein. Das Finale kann man so nicht genießen, aber dafür wird die Leistung des Dirigenten, des Solisten und der Instrumentalisten sofort gewürdigt. Es gibt am Ende auch keine Blumen für den Dirigenten oder die Solisten. Es passiert auch, dass schon nach einem Satz Beifall gespendet wird und leider auch, dass sich während des Konzerts unterhalten wird. 

Dennoch kann man ein solches musikalisches Ereignis genießen: das Ambiente stimmt, und die musikalische Leistung ist für meine Ohren eh gut genug. Außerdem kann man es sich auch leisten - ein guter Platz kostet umgerechnet ca. € 20,- Gibt allerdings ein europäisches Orchester ein Gastkonzert, Ende Oktober spielt z.B. die Sächsische Staatskapelle Dresden unter Thielemann, beginnen die Kartenpreise bei € 70,- und erreichen Höhen von mehr als € 250,- Das kann dann kein normaler Shanghainese mehr bezahlen.

 

Eine zweite interessante Sache war am Wochenende eine Fahrt auf dem Huang Pu bis zur Jangtse-Mündung. 

Shanghai hat sich in den zurückliegenden 150 Jahren extrem ausgebreitet und seine Hafenanlagen reichen mittlerweile vom Stadtzentrum entlang des Huang Pu bis an den Jangtse, eine der wichtigsten Verkehrsstraßen Chinas. Vom Stadtzentrum bis zur Mündung des Huang Pu und zurück kann man selbstverständlich auch Sightseeing-Touren unternehmen und das haben wir auch gemacht, weil wir die Skyline, den Bund (Uferpromenade aus der Zeit der International Settlements) und auch die Hafenanlagen vom Wasser aus sehen wollten. Die ganze Fahrt dauert insgesamt 4 Stunden und kann, wenn man sich nicht von den Schiffen beeindrucken lässt, langweilig werden, da man außer den Schiffen und Hafenanlagen nichts sieht. Links und rechts von uns fuhren und lagen viele Schiffe vor Anker, die in Richtung Jangtse hin immer größer wurden und teilweise 3-4x so hoch waren wie unser Boot. Die eigentlichen Ozeanriesen aber haben wir erst gesehen, als wir an der Huang Pu-Mündung angekommen sind, denn auf dem Jangtse können auch die größten der großen Frachtschiffe fahren. Leider sind wir nicht so nah rangefahren, als dass ich sagen könnte, wie groß die waren; aber sie sahen auch aus sicherer Entfernung gewaltig aus. Die meisten der am Kai liegenden Frachtschiffe hatten deutliche Schieflage und sehr wenig Tiefgang, weil sie gerade entladen worden und dabei nicht auf die Verteilung der Ladung geachtet wurde oder schon leer waren. Neben den normalen Fracht- und Container-Schiffen haben wir auch überraschend viele kleinere Kriegsschiffe gesehen, die immer wieder am Kai lagen. Die Überraschung des Tages war allerdings ein U-Boot, das relativ nah am Stadtzentrum vertäut war. Ansonsten war die Fahrt aber wie schon gesagt relativ eintönig. Trotzdem würde ich sagen, dass sie zu den Dingen gehört, die man in Shanghai einmal gemacht haben sollte. Vorausgesetzt man hält sich hier länger auf.

 

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