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Xiamen (900 km südlich)

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Diese Woche hieß es für mich in Shanghai bleiben, während meine Eltern und meine Schwester sich in andere Gebiete Chinas begaben. Das Ziel war Xiamen (sprich: Chiamen). Im folgenden nun ein Bericht meiner Eltern über ihre Reise:

Xiamen liegt etwa 900 km südlich von Shanghai und ist eine dem Gelben Meer vorgelagerte Insel, auf der sich die gleichnamige Millionenstadt befindet. Die Flugdauer beträgt eine reichliche Stunde - wenn man mehr vom Land sehen möchte, kann man auch mit dem Zug fahren. Allerdings muss man wissen, dass es von Shanghai aus noch keine Highspeed-Verbindung gibt und man deshalb mindestens acht Stunden unterwegs ist. Xiamen selber hat sich in den vergangenen zehn Jahren zu einer modernen chinesischen Metropole entwickelt, gekennzeichnet durch eine Unmenge an Hochhäusern, eine moderne Infrastruktur, die dennoch nicht vor den täglichen Verkehrsinfarkten schützt, da auch hier einfach zu viele Autos in ein und dieselbe Richtung unterwegs sind und fast alle nur eine Person transportieren. Auch hier merkt man zu Stoßzeiten: Der moderne und es zu einigem Wohlstand gebracht habende Chinese bewegt sich lieber mit 20 km/h fort, als dass er das ebenso moderne Bussystem in Anspruch nimmt.

In Xiamen haben wir sogar Hochstraßen gesehen, die eigens für Buslinien errichtet wurden. Aber auch dieser musste sich in die endlos zu scheinende Schlange einreihen, in der man die Insel in nordwestliche Richtung verlassen kann. Unser Ziel war eines der recht bekannten Hakka-Dörfer. Die Hakka sind ein Volk, die vor Jahrhunderten aus dem Nordwesten Chinas in den Süden immigrierten, um sich dadurch Verfolgung und Hungersnöten zu entziehen. Sie siedelten sich in einer Gegend an, die sich mit deutschen Mittelgebirgen vergleichen lässt. Um sich vor äußeren Feinden zu schützen bauten sie runde mehretagige Häuser, die eine solche Größe hatten, dass sie einen ganzen Stamm aufnehmen konnten. In ihnen spielte sich das Leben mehrerer Familien ab - im Innenhof wurden wiederum kleine Häuschen gebaut. Viele der Hakka-Dörfer kann man heute noch besichtigen. Dazu ist man von Xiamen aus knapp zwei Stunden unterwegs, um sich dann noch einmal auf einer Straße die Berge hinauf zu schlängeln, die vor zwei Jahren angelegt worden war, als einer der höchsten Parteifunktionäre einem der noch erhaltenen Dörfer die Ehre eines Besuches erwies.

Bei vielen der Ansiedlungen sieht man auch heute noch ein großes Hakka-Haus im Dorfkern stehen. Leider wurden darum oft viele Häuser im modernen Baustil errichtet, wodurch viel vom ursprünglichen Charakter verloren geht. Je weiter man allerdings die Berge hinauf fährt, desto geringer werden diese modernen Einflüsse und man trifft auch auf relativ gut erhaltene Strukturen wie z.B. im Hongkeng Tulou.

Erwartet wird man dort zunächst in einem Besucherzentrum, von wo man zu Fuß in das eigentliche Dorf geführt wird. In dessen Mitte befindet sich der typische Rundbau, der aber vor einigen Jahren renoviert worden war und nur noch touristischen Zwecken dient. Dementsprechend ist auch die "Durchschleusungsquote" der täglichen Besucher. Erkundet man aber den hinteren Teil des Dorfes, in dem es noch einige von einheimischen Familien bewohnte Hakka-Häuser gibt, kann man sehr gut die traditionelle Lebensweise beobachten.

Tagsüber wirken die Innenhöfe eher verwaist, viele Dorfbewohner sind damit beschäftigt, am Dorfrand angelegte kleine Reis- oder Gemüsefelder zu bestellen oder man ist dabei, Pomelos oder Khaki-Früchte von den Bäumen zu holen. Letztere werden in der Sonne im Dorf getrocknet, um danach zu Trockenfrüchten verarbeitetet zu werden. Dabei wird selbstverständlich noch mit sehr einfachen Mitteln vorgegangen. So werden zum Beispiel Baumaterialien nach wie vor in Plastikeimern mit Hilfe der traditionellen "Transportstange" bewegt, wobei auch auf den Feldern zu beobachten war, dass die meisten Menschen barfuß unterwegs waren. Insgesamt machen die Bewohner einen von uns bisher in China recht oft beobachteten freundlichen und ausgeglichenen Eindruck. Sie leben recht einfach, aber dennoch zufrieden, wobei auch hier Formen des modernen Lebens Einzug gehalten haben.

Während meine Eltern all das erlebten, habe ich den Alltag hier in Shanghai gänzlich alleine bestritten, wobei ich abends entweder auswärts oder bei Freunden gegessen und manchmal auch anschließend übernachtet habe. Höhepunkt dieser Woche sollte für mich eigentlich der Mittwoch sein. Geplant war der Besuch eines Vortrags von Jane Goodall, einer weltweit bekannten Verhaltensforscherin (Schwerpunkt Primaten). Leider hatte mir meine Schule eine falsche Adresse gegeben bzw. teilte der Veranstalter erst am Mittwoch um 12 Uhr mit, dass sich der Ort geändert habe. Normalerweise rufe ich meine Mails das erste Mal am Tag ab, wenn ich von der Schule nach Hause komme, hatte aber am Mittwoch keine Zeit dazu, sodass ich von der Änderung nichts mitbekommen habe. Deshalb stand ich dann am Abend nach einer halbstündigen Suche vor dem Gebäudekomplex der Shanghai Academy of Science and Technology und musste feststellen, dass diese gerade renoviert oder saniert wird und deshalb nicht zugänglich ist. So fiel der Vortrag dann leider aus und ich fuhr mit dem Taxi wieder zurück zur Deutschen Schule, weil dort mein Fahrrad stand.

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