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Vom Leben im Busch

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Was hat sich in den 10 Jahren verändert seit ich in die Kavangoregion Ost nach Mayana reise?

Die Menschen leben hier nach wie vor ohne Wasseranschluss und ohne Elektrizität. Sie halten sich tagsüber im Freien auf und ziehen sich nur nachts zum Schlafen oder bei starken Unwettern in ihre Lehmhütten zurück, die mit einem Dach aus Riedgras gedeckt sind. Das Riedgras holen die Männer vom nahen Fluss, den Lehm von Termitenhügeln graben sie tief aus der Erde. Das Dach wird als erstes konstruiert. Mehrere möglichst gerade Äste fügen sie zur Dachkonstruktion zusammen. Dann binden sie von der Traufe aus in erster Reihe Reedgrasbündel in Wuchsform von unten nach oben mit schmalen dünnen Streifen aus alten Autoreifen fest. Diese schwarzen Streifen der alten Reifen werden in Mengen an Straßenrändern verkauft, manch ein Tourist wunderte sich schon darüber, ich ebenso. Als zweite und weitere Schichten werden Reedgrasbündel in entgegengesetzter Richtung vom First aus nach unten auf das Dach gebunden, bis das Dach stabil und undurchlässig gegen Regen ist. Das nun fertige Dach wird im Sand ausgerichtet und mit mehreren dicken Ästen in seine Endstellung angehoben. Nun beginnt das Einsetzen der Hauswände. Der Lehm wird zusammen mit Wasser zu Klößen geformt und von unten her zwischen die armstarken Äste eingeschichtet, bis die Wände dicht sind. In der Regenzeit kommt es vor, dass sich der Lehm auswäscht, dann sieht man auch schon 4-jährige Kinder, die die ausgewaschenen Löcher mit Lehmklößen wieder auffüllen.

Zwischenzeitlich versuchten einige Familien den Bau größerer moderner Hütten mit Wellblech zu konstruieren. Diese Hütten sind sehr schnell aufgerichtet und geräumiger, jedoch anfälliger gegenüber den starken Stürmen während der Regenzeit. Die Familien realisierten bald, dass die modernen Hütten in keiner Weise so klimafreundlich wie ihre traditionellen Hütten aus dem Lehm der Termitenhügel sind, im Winter ist es kalt, im Sommer heiß. In Mayana findet man deshalb vordergründig die traditionellen Lehmhütten, die Blechhütten fungieren hauptsächlich als kleine Tante-Emma-Läden, wo auch traditionelles Bier gebraut und verkauft wird. So langsam entstehen bei betuchteren Familien auch kleine Steinhäuser.

In der Flutebene, in dem Gebiet zwischen der Schotterstraße und dem Okavangofluss gibt es weiterhin keinen Strom, auf einzelnen Hütten entdeckt man kleine Solarpanelen.
Wasser wird kilometerweit vom Fluss geholt. Das ist die Arbeit der Frauen und Kinder. Zum Teil holen inzwischen Männer mit dem Eselskarren oder mit einem Auto Wasser vom Fluss, dieses wird auch an die Nachbarschaft verkauft oder gegen Naturalien getauscht.

Toiletten sucht man in den Kraals (*) vergeblich. Außerhalb des Kraals findet man kleine Büsche oder Anhöhen, die zum Teil verhängt sind. Vor etwa fünf Jahren bekamen mehrere Dörfer in der Kavangoregion große Geschenke überreicht, bunte Plastiktoiletten in äußerlicher Form mit Litfaßsäulen zu verwechseln. Unter ein Häuschen wurde jeweils eine Grube gegraben. Von Anfang an betrachtete ich dieses Geschenk als großes hygienisches Problem und ich fragte Markus, wie er sich vorstellt die Toiletten sauber zu halten. Inzwischen teilt Markus meine von Beginn an kritische Haltung. Das kostbare Wasser zum Reinigen müsste zum Teil kilometerweit vom Fluss geholt werden. Geld für chemische Mittel zur Desinfektion ist unter der Bevölkerung auch nicht vorhanden.

Zum Schluss dieser Bemerkung möchte ich noch von positiver Entwicklung sprechen. Seit einiger Zeit entstehen in den Kraals interessante Öfen. Die traditionelle Kochstelle besteht bisher aus einem offenen Feuer zwischen drei Steinen. Dafür wird sehr viel Feuerholz benötigt. Seit kurzem bauen einige Familie ihren eigenen Ofen, den „Elephantstove“ Elefantenofen. Die Basis wird mit Ziegelsteinen gelegt. Anschließend muss der Ofen über 30 Tage täglich mit Lehm weiter aufgebaut werden. Zu ebener Erde befindet sich ein Feuerloch für das Holz und um 90° versetzt die Luftzufuhr. Ein riesiges Rohr, welches an einen Elefantenrüssel erinnert, lenkt die giftigen Gase nach außen ab. Mit dieser Methode kann die Hitze gut gehalten werden und es wird viel wertvolles Holz gespart.

Des Weiteren backen einige Familien Brötchen mit Unter- und Oberhitze. Ein gebrauchtes Blechfass wird zu einem Drittel in den Sand eingelassen. Unter einem Blech befindet sich die Feuerstelle, darauf wird ein mit Hefebrötchen belegtes Blech gelegt, auf dem Fass befindet sich eine zweite Holzfeuerstelle. Die Brötchen werden neben dem Eigenbedarf auch an Nachbarn verkauft oder gegen Waren eingetauscht.

Zehn bis zwölf Familien bewirtschaften seit etwa fünf Jahren erfolgreich zwei große Gemüsegärten, als Schattenspender haben sie schnell wachsende Papayabäume angepflanzt. Die Ernte wird zum Teil an weitere Familien veräußert. Dagegen ist ein großes Projekt eines anderen Stammes gescheitert. Der anfänglich mit viel Mühe und Aufsehen angelegte „Farmers Club“ gefördert durch DAPP (Developmet Aid People to People), die Europäische Union und Namibia Nature Foundation, ist kläglich gescheitert. Es fehlte nach zwei Monaten an Geld für Diesel um das Wasser in die zwei 5000 Liter Wassertanks zu pumpen. Die 22 Familien der zwei erfolgreich geführten Gärten haben nie um derartige Hilfe gebeten und sind nicht so großartig gefördert worden. Es ist für mich ein Unding, das Geld in Projekte zu pumpen, ohne jegliche Kontrolle und ohne Konsequenzen.

*) Als Kraal wird der Wohnbereich einer Familie bezeichnet, eine Anzahl von Hütten ist meist von einem Zaun umgeben.

Bilder vom Leben im Kraal


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