Im Feriendorf Hoher Hain fällt die Saison fast vollständig aus

Es ist ruhig im Feriendorf Hoher Hain, sehr ruhig. Der Wind rauscht in den Birken und Kiefern, einige Vögel zwitschern, mehr nicht. Egal ob Skatebahn, Schwimmbecken, Beachvolleyballplatz oder Discgolf-Parcours - alle Sport- und Freizeitanlagen sind verwaist. Dabei laden das sonnige Wetter und die Helligkeit bis zum Abend geradezu ein, diese zu nutzen. Doch die Coronakrise hat das Feriendorf voll erwischt. "Normalerweise sind im Mai bis zu 500 Kinder hier", sagt Geschäftsführer Gunter Kosalla. "Doch es ist alles auf null gestellt."

Der steile Anstieg der Coronafallzahlen im März fiel mit dem Saisonbeginn im Feriendorf zusammen. "Im März hatten wir an einem Wochenende eine Familienfeier mit 20Personen", berichtet Kosalla. Danach musste das ehemalige DDR-Pionierlager wie alle touristischen Einrichtungen schließen und es hagelte Stornierungen. Eine kirchlicher Gruppe aus Berlin mit 180 Kindern sagte ebenso ab wie zahlreiche Lehrer, die mit ihren Klassen nach Limbach-Oberfrohna kommen wollten.

Zwar geht Kosalla davon aus, im Zuge der Lockerungen der Coronaverordnungen am 15. Mai wieder öffnen zu dürfen, genauso wie Hotels und Restaurants. "Aber was bringt uns das?", fragt der 65-Jährige. Nach seinen Angaben werden 90Prozent des Umsatzes mit Klassenfahrten, Jugendgruppen-Besuchen und Ferienlager erzielt. Hochsaison für Klassenfahrten sind normalerweise die Monate Mai, Juni und Juli. "Klassenfahrten wurden in Sachsen aber bis Ende dieses Schuljahres verboten", konstatiert Kosalla. Dadurch fehlt den Feriendorf-Betreibern ein wichtiger Teil der Einnahmen.

Dass es während der Sommerferien wesentlich besser wird, glaubt Kosalla kaum. Normalerweise liegen zu diesem Zeitpunkt des Jahres 1300 Anmeldungen von Kindern für Ferienlager vor, die die Feriendorf-Macher selbst organisieren. Jetzt sind es nur halb so viele. Der Geschäftsführer ist nicht glücklich mit einer Empfehlung des sächsischen Sozialministeriums, das Ferienlager in diesem Sommer skeptisch betrachtet und alle eigenen Veranstaltungen in diesem Segment abgesagt hat. Auch deshalb warten offenbar viele Familien, die sonst schon Plätze für ihre Kinder gebucht hätten, die Entwicklung ab. "Überall geht es aufwärts, bei uns aber nicht", stellt Kosalla fest.

Er und sein Geschäftspartner Ingo Sieber gehen nicht davon aus, dass die Verluste im Herbst wenigstens teilweise aufgeholt werden können. Erstens finden dann traditionell kaum Klassenfahrten statt, zweitens ist ein Betrieb des Feriendorfes mit Hygienevorschriften wie Abstandhalten und Einzelbelegung von Bungalows nicht realistisch. "Kinder und Jugendliche wollen zusammen sein", erklärt Kosalla. Das alles führt dazu, dass die jährliche Anzahl von Übernachtungen, die sonst zwischen 40.000 und 45.000 liegt, 2020 wohl nicht annähernd erreicht wird. Der Geschäftsführer geht davon aus, dass der Jahresumsatz - normalerweise etwa 1,4 Millionen Euro - um 80 bis 85 Prozent schrumpfen wird. Die beantragte Soforthilfe des Freistaates in Höhe von 15.000 Euro fällt da kaum ins Gewicht.

Weil die Betreiber auf Rücklagen zurückgreifen können, ist die Existenz des Feriendorfes zwar nicht gefährdet. Ohne Konsequenzen bleibt die Situation aber nicht. Investitionen in die Instandhaltung müssen wohl ausfallen, kündigt Kosalla an. "Normalerweise geben wir dafür 100.000 Euro im Jahr aus." Die etwa 20 Mitarbeiter, die überwiegend nur im Sommerhalbjahr beschäftigt werden, hat er in Kurzarbeit geschickt. Das sei für viele der Betroffenen eine schwierige Situation, sagt ihr Chef. Bei ihm selbst kommt derweil keine Langeweile auf. Ständig führt er Telefonate mit verunsicherten Klassenlehrern und Eltern und muss Stornierungen bearbeiten. Ein Ende der Ruhe im Feriendorf ist derzeit nicht absehbar.

Pionierlager mit Bungalows

Als Zeltlager der Freien Deutschen Jugend (FDJ) wurde das heutige Feriendorf im Hohen Hain 1953 gegründet. Später zählte es zu den zentralen Pionierlagern der DDR - Träger waren die Volkseigenen Betriebe Fettchemie und Germania in Karl-Marx-Stadt.

Nach der Wiedervereinigung wurde das Feriendomizil von der Treuhand und Germania weiter betrieben. 1996 übernahmen Gunter Kosalla und Ingo Sieber die rund zehn Hektar große Anlage mit zahlreichen Sport- und Freizeitmöglichkeiten und gut 100 Bungalows, die sich in idyllischer Lage im Wald befinden. (bj/jop)