Blog "Leser-Obmann": Hallo, ist da jemand? Ich bin wieder da

Eine Minute vor Zehn heute Morgen saß ich an meinem Schreibtisch, der Computer war hochgefahren, die Umleitung des Telefons zu den Kollegen war deaktiviert, das Headset saß auf meinen Ohren, die zehn Finger auf der Tastatur verharrten in Grundstellung, in der Datei mit meinen Kurznotizen blinkte der Cursor nach dem Wort "Anruf 1", die Kaffeemaschine röchelte in ihren letzten Zügen, die Banane war schon verzehrt, die Mandarinen warteten noch darauf, und dann das: 10.05 Uhr und noch kein Anruf; 10.10 Uhr und das Telefon blieb weiter stumm; 10.15 Uhr und ich trommelte mit den Fingern; 10.20 Uhr und ich prüfte, ob sich nicht doch heimlich der Anrufbeantworter wieder eingeschaltet hatte; 10.25 Uhr hielt ich es nicht mehr aus und sprach mit meinem Monitor: Hallo, ich bin wieder da; 10.30 Uhr stand ich auf, um dort hinzugehen, wo es kein Telefon gibt; um 10.31 Uhr hörte ich von dort dann das Klingeln meines Telefons, ich fluchte leise in den Spiegel vor mir, beschleunigte den Waschvorgang, sprintete dann doch los, überwand die zehn Meter in neuer Rekordzeit (unter drei Sekunden), griff zum Hörer (für den Kopfhörer war keine Zeit mehr), sprach meine Begrüßung und lauschte. Tut, tut, tut ... und es war zur bitteren Gewissheit geworden: Den ersten Anrufer nach meinem dreiwöchigen Urlaub und zu Beginn eines neuen, verheißungsvollen Jahres hatte ich gerade verpasst, nur weil ich ...

Doch bevor ich mich so richtig darüber ärgern konnte, signalisierte mir der Computer, dass in meinem Posteingang eine Mail eingegangen war. Ich klickte sie an, das Verzeichnis ging auf und ich atmete einmal tief durch: Der Leser-Obmann war doch nicht in Vergessenheit geraten - 23 Anfragen und Meinungen (eingegangen seit Silvester) wollten beantwortet werden, die Probleme mit dem Winterdienst sind schließlich ein unerschöpfliches Thema. Die kurze Identitätskrise war überwunden und ich sagte meinem Monitor: Vielen Dank, alles wird gut.

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