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Meine lieben Brüder und ...

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Eigentlich fand ich diesen Vorschlag gar nicht so schlecht, eine Weile habe ich darüber nachgedacht, bevor ich dann doch verworfen und mich entschieden habe, nicht an meine Kollegen in der Redaktion weiterzuleiten. Denn nach langen Überlegungen sei er zu der Erkenntnis gekommen, meinte ein Leser im Gespräch mit mir, dass viele Probleme mit einer gendergerechten Sprache sich von alleine lösen würden, wenn man statt der seiner Ansicht nach viel zu komplizierten Nutzen von Sternchen oder Unterstrichen ganz einfach dies sagen und dann auch schreiben würde: "Liebe Brüder und Schwestern …" Auf diese Weise dürften sich bei Anreden von spezifischen Personengruppen niemand ausgegrenzt fühlen, meinte er, und fügte noch hinzu: "Wegen der Frage der Emanzipation gern auch umgedreht: Liebe Schwestern und Brüder …" 

Es waren gerade mal ein paar Minuten vergangen, da hatte ich einen anderen Leser (männlich) in der Leitung, der von mir wissen wollte, warum ich seinen Leserbrief nicht veröffentlicht habe. Da ich mich, was selten genug vorkommt, denn es Hunderte, die wöchentlich an meinem mein (geistigen) Auge vorbeiziehen, an seinen handgeschriebenen Brief und dessen Inhalt erinnern konnte, konnte ich ihm sofort antworten: "Sie haben sich weder auf einen bestimmten Artikel bezogen, noch ging es um ein ausgewähltes Thema, weshalb er im Leserforum nicht erscheinen durfte." Das wollte der Mann nicht akzeptieren und erwiderte: "Das ist Zensur, wir haben Wahlkampf, da muss man doch seine politische Meinung äußern dürfen, damit andere davon erfahren und sich besser entscheiden können, welche Partei sie wählen wollen." Das Gespräch wurde dann zunehmend spannungsgeladen, weshalb ich dann irgendwann sagte: "Genug jetzt, Sie müssen sich leider eine andere Plattform für Ihre politischen Ansichten suchen."  Das wollte er nicht akzeptieren und sich bei meinem Chef über mich beschweren. Nach dem Gespräch bin ich sofort rüber zu meinem Chef, hab ihn den Brief vorgelegt und diese Passagen markiert: "kerndeutschen Familien eine sichere Zukunft", "kein Einkommen ohne Leistung" und "eine unabhängige und wahrheitsliebende Medienlandschaft". Die Reaktion meines Chefs darauf? Keine Worte, nur ein Gesichtsausdruck, den ich nicht beschreiben möchte, weil ich nicht weiß, ob er meine Blogeinträge liest.

Die bevorstehende Bundestagswahl war auch der Anlass, warum mich heute der letzte Leser (wieder männlich) angerufen hat, sein Problem beziehungsweise seine Frage: "Wenn CDU und CSU bei der Wahl ihre Stimmen einfach zusammenzählen, nur um am Ende gewinnen zu können, ist das nicht Wahlbetrug? Berichten Sie doch da mal drüber …" Nun stand ich vor der Entscheidung, entweder sage ich dies: "Vielen Dank für Ihren Anruf, ich gebe die Frage sofort an die Kollegen in der Redaktion weiter." Oder ich entscheide mich dafür, beim Urschleim des Funktionierens einer föderalen Demokratie anzufangen und dem Mann in der Leitung zu erklären, warum CDU und CSU nicht tun, was verwerflich oder sonst irgendwie zu kritisieren ist. Wie ich mich entschieden habe? Ganz ehrlich? Also, ich …

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