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Wie vom Winde verweht sind Ärger und Zorn
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Es gibt wirklich ausgesprochen schöne Momente bei meinen Gesprächen mit Lesern; diese Augenblicke, in denen ich weiß, dass ich dem Anrufer geholfen habe; diese Unterhaltungen, bei denen man herzhaft lacht und sich gegenseitig bestätigt, wie wunderbar leicht man das Leben nehmen kann, wenn man nicht alles ganz so ernst sieht. Und dann gibt es noch dies: Der Leser ist stocksauer, schimpft wie ein Rohrspatz, bringt mit einem Redeschwall ungeahnten Ausmaßes seinen Ärger zum Ausdruck, bevor ich überhaupt erst einen zusammenhängenden Satz gesagt habe - und fünf Minuten später ist alles wieder gut, wir könnten die besten Freunde werden, für den Anrufer ist der Tag gerettet. Ich liebe diese Gespräche, heute hat es eins gegeben:
"Seit zwei Stunden versuche ich bereits, mit jemanden darüber zu reden; es kann doch nicht sein, dass bei Ihnen niemand dazu in der Lage ist." Es war kurz nach zehn, und das Gespräch war eine Weiterleitung von den Kolleginnen im Service-Center; der Anrufer hatte also nicht direkt den Leser-Obmann verlangt. Sein Dilemma, wenn ich alles richtig verstanden habe: Direkt nach dem Frühstück hatte er zuerst bei der "Freien Presse" in seiner Kreisstadt angerufen; in der Lokalredaktion waren die Kollegen noch nicht im Büro, in der Geschäftsstelle haben die Mitarbeiter den Leser an die "Freie Presse" in Chemnitz verwiesen. Die Kolleginnen im Service-Center haben sich das Problem angehört und dem Anrufer die Telefonnummer von dem Redakteur gegeben, der für diese Seite zuständig ist. Der fängt allerdings auch erst später mit der Arbeit an, so dass der Leser mit einer Sekretärin sprach und ihr (wie bei allen Anrufen zuvor) sein Problem schilderte. Der Bitte, später noch einmal zurückzurufen, kam der Leser nach, wählte aber die zentrale Service-Nummer und landete dann endlich bei mir, aufgebracht und zornig.
Sein Anliegen: Auf der Seite "Aus aller Welt" hat die "Freie Presse" heute über den verheerenden Wirbelsturm "Yasi" in Australien berichtet. Bei den ergänzenden Informationen war zu lesen, dass der folgenschwerste Wirbelsturm dort im Jahr 1974 eine Windgeschwindigkeit von 217 Kilometern pro Stunde gehabt hat und dass die höchste jemals gemessene Windgeschwindigkeit 408 Kilometer pro Stunde betragen hat. "Und was sagt mir das jetzt? Was kann ich mit diesen Zahlen anfangen? Sie müssen unbedingt bei einem weiteren Bericht über den Zyklon schreiben, wie groß im Vergleich dazu bei uns im Erzgebirge in den vergangenen Jahren bei den Orkanen die Windgeschwindigkeiten gewesen sind. Dann kann ich mir wenigstens vorstellen, was da unten in Australien gerade passiert."
"Da ist was dran", habe ich gesagt. Zuerst haben wir dann noch eine Weile über Unwetter in der Region geredet, während ich gemerkt habe, dass sich der Ärger des Lesers langsam in Wohlgefallen auflöst. Freundlich haben wir uns verabschiedet, ich lege aber niemals gleich auf, warte immer, bis der Anrufer das tut, diesmal hörte ich drei Sekunden später diesen Satz: "Endlich, der hat's wenigsten kapiert, jetzt geht's mir besser."
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