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Manchmal beginnen die Gespräche mit Lesern zunächst ganz harmlos, eher allgemein und nicht ganz so verbindlich: "Mitunter würde ich beim Lesen einiger Artikeln schneller erfahren, um was es dabei wirklich geht", sagte mir eine Leserin. Manchmal münden solche Unterhaltungen dann in eine kontroverse, aber trotzdem fruchtbare Diskussion über fundamentale Grundsätze des Journalismus. Bei dem Gespräch mit dieser Einleitung heute war das so.

Die Kritik sorgte zunächst dafür, dass ich sofort in meinem Kopf die Datei "Verteidigung der Journalistenehre" öffnete und der Anruferin erklärte, noch bevor sie weiter auf ihr Anliegen eingehen konnte: "Bei einem Bericht sollte das Wichtigste am Anfang stehen, wie sich das für eine Nachricht gehört, und die Überschrift sollte zusammen mit dem Vorspann oder mit Dach- und Unterzeile gleichfalls zum Ausdruck bringen, was die wesentliche Aussage des Artikels ist." Die Anruferin am Telefon stimmte mir zu, ich hatte nichts anderes erwartet, doch damit war das Thema für sie noch längst nicht erledigt: "Und trotzdem ist das nicht immer so, und ich erfahre erst  nach mehreren Sätzen, um was es geht." Nun führte kein Weg mehr daran vorbei: "Dann nennen Sie mir doch ein paar Beispiele, wo das der Fall war", sagte ich; die Leserin nannte und erläuterte, sie hatte sich darauf vorbereitet.

Das erste Beispiel, und ich bekam eine Ahnung, worauf dieses Gespräch hinaus lief; das zweite Beispiel, und ich war mir fast sicher, dass ich hier erklären und aufklären will, aus Überzeugung; das dritte Beispiel, und es stand fest: "Sie haben mir alles Artikel genannt, die bei uns auf der Seite Kultur schienen sind", lautete meine erste Reaktion, nachdem die Anruferin mit der Erläuterung ihrer ausgewählten Artikel fertig war. "Das stimmt, das ist mir auch schon aufgefallen", kommentierte sie wiederum meine Feststellung. Und dann haben wir bestimmt zehn Minuten lang darüber geredet, diskutiert und bei einigen kleineren Details uns auch gestritten. Denn die Anruferin vertrat bis zuletzt die Ansicht: "Die Artikel auf der Kulturseite sind nicht anders als andere; bei einem Bericht über die Premiere einer Oper will ich sofort erfahren, um was ist darin ging und ob die Inszenierung gut oder schlecht war. Das gilt auch bei der Vorstellung von Büchern." Außerdem nannte sie noch Porträts von Künstlern und Berichte über Ausstellungen.

Dann habe ich ihr meine Ansicht gesagt (unvorbereitet und aus dem Bauch heraus): "Das Feuilleton einer Zeitung hat einen etwas anderen Anspruch. Die Texte haben einen erzählenden und damit auch einen literarischen Charakter und folgen deshalb einer eigenen Dramaturgie, die eine Spannung erzeugt, menschlich bewegende Komponenten zum Inhalt hat und deshalb zum Weiterlesen anregt." (Das waren meine Worte, ich habe aber etwa mit halber normaler Redegeschwindigkeit gesprochen; das gebe ich gerne zu.)

Wir haben dann noch einige Minuten lang darüber geredet, am Ende hat die Anruferin gesagt: "Ich habe verstanden, was Sie meinen, glaube ich wenigstens. Vielleicht kann ich es akzeptieren, aber vermutlich werde ich meine Lesegewohnheiten nicht so schnell ablegen können. Ich mache mal den Test und rufe Sie wieder an." Dann machte die Leserin eine kurze Pause, bevor sie noch sagte: "Können wir auch mal über die Sportseiten reden?" Noch bevor ich mich von dem Schreck erholen konnte, hörte ich ihre Stimme. "Das war nur Spaß, einen schönen Tag noch."

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