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Und welcher Film läuft da gerade noch mal?
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Dieser Satz kommt mir eigentlich eher selten von den Lippen: Das passiert doch jetzt nicht wirklich, oder doch? Jeder dürfte solche Situationen kennen, in denen man wie der Ochs vorm Berg steht und sich fragt, welcher Film da gerade läuft, aber gleich fünf Mal an einem Vormittag? So geschehen, heute am 3. Mai 2011:
8.32 Uhr: Die Frau im Zug mir gegenüber (auf dem Weg ins Büro) trägt einen Wintermantel, während man den Schuhen ansehen kann, dass sie gefüttert sind; zwei Sitzreihen weiter sitzt ein spätpubertierender Junge im T-Shirt, dessen karierte Shorts an allen Nähten bereits ausfranst, während seine Schuhe zwar so aussehen, aber vermutlich niemals wirklich dazu benutzt werden sollen, um darin Sport zu machen; aber echt cool, ohne Socken. Mir fällt meine liebste Indianerweisheit ein: Falsches Wetter gibt es nicht, nur falsche Kleidung.
9.50 Uhr: "Ich möchte gerne mal mit Ihnen über die Wetterkarte in Ihrer Zeitung reden", sagt mir der erster Leser am Telefon; zehn Minuten vor dem eigentlichen Start meiner "Sprechzeit" von zehn bis zwölf. Niemand hat es gesehen: Ich habe mit etwas weiter geöffnetem Mund tief Luft geholt und gesagt: "Dann schießen Sie mal los." Bei diesem Thema habe ich mittlerweile so viel Routine, dass mich nichts mehr, keine noch so heftige Kritik erschüttern kann. Doch dann: "Ich finde sie ganz ausgezeichnet. Die Symbole sind klar und deutlich, alles ist übersichtlich angeordnet, die unterschiedlichen Farben machen auch eine schnelle Orientierung ganz einfach, die grafische Darstellung ist prägnant. Ich schneide die Wetterkarte jeden Tag aus, nehmen sie mit ins Büro und hänge sie an die Pinnwand. Bitte machen Sie weiter so, ändern Sie nichts, geben Sie das Lob an die Kollegen weiter." Mein Mund ist immer noch offen, ich habe vor Erstaunen vergessen, ihn zu schließen.
10.01 Uhr: "Um Himmels willen, mir ist da etwas ganz schreckliches passiert", sagt die Anruferin, und ich kann deutlich hören, weil sie schnell aus- und einatmet, dass sie aufgeregt ist. "Wie kann ich Ihnen helfen", entgegne ich, weil ich weiß, dass jetzt vermutlich jedes Wort, das nicht gleich zur Sache kommt, zu viel ist. Und dann erfahre ich von dem Drama: "Ich habe gestern Abend meinem Arbeitgeber per Mail mitgeteilt, dass ich krank bin und heute nicht ins Büro kommen kann", erklärt mir die Frau am Telefon; und ich ahne immer noch nicht, was so Schlimmes noch kommen kann. Dann erfahre ich es: "Beim Abschicken der Mail habe ich wohl aus Versehen als Adressat mein komplettes Adressbuch angeklickt, und darin steht nun mal auch der Leser-Obmann. Das ist mir einfach nur peinlich." Ich beruhige die Anruferin: "Das muss es nicht, dass kann jedem passieren. Ich lösche die Mail sofort." Zwei Dinge habe ich mir dann verkniffen: Der Leserin mitzuteilen, dass die Mail schon längst als Spam das Datenzeitliche gesegnet hatte, und sie zu fragen, wer denn noch alles so in ihrem Mail-Adressbuch steht.
10.44 Uhr: "Osama bin Laden ist schon lange tot", klärt mich der Anrufer auf und fügt hinzu: "Dies war doch nur eine filmreiche Inszenierung, die der Regierung gerade so in den Kram gepasst hat. Oder glauben Sie etwa, dass die Geheimdienste wirklich zehn Jahre gebraucht haben, um diesen Mann aufzuspüren? Das ist doch alles eine riesige Sauerei, und wir fallen auch noch darauf rein." Außer dass ich mich vorgestellt habe, bin ich bis zu dieser Sekunde noch gar nicht weiter zu Wort gekommen. "Würden Sie sich bitte kurz vorstellen?" frage ich den Leser, weil ich das immer mache, denn ich weiß einfach gerne, mit wem ich rede. Das Geräusch eines auf die Gabel geknallten Telefonhörers ist die Antwort. Ich habe das sehr bedauert; im Nachhinein noch mehr, denn dies war der einzige Anrufer, der mit mir über dieses Thema reden wollte.
11.14 Uhr: "Mit Ihrem Kalender stimmt etwas nicht", teilt mir diese Anruferin mit. Bevor ich nachfragen kann, was sie meint, weil ich nicht verstehe, welchen Kalender sie meint, und während ich der langsam in mir aufkommenden Angst, es könnte etwas mit den Mondphasen zu tun haben, eine konzentriert ruhige Atmung entgegen setze, erklärt sie mir: "Da fehlen die Wochenzahlen." Und ich erinnere mich: Im Herbst vergangenen Jahres ist bei der Herstellung des Almanachs in der Druckerei etwas schief gegangen; da hat die Leserin tatsächlich recht, die Kalenderwochenzahlen fehlen. Ich will ihr das gerade erklären und mein Bedauern zum Ausdruck bringen, als die Anruferin noch hinzufügt: "Das ist mir gerade aufgefallen, und da dachte ich mir, dass ich mal anrufe, denn vielleicht haben Sie das noch nicht bemerkt."
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