Blog "Leser-Obmann": Es muss nicht immer das kleine Schwarze sein

In dieser Woche waren es nicht ganz so viele Gespräche mit Lesern am Telefon, bei denen ich mir an den Rand "Blog" geschrieben habe, damit ich nicht vergesse, sie in meinem ganz persönlichen Wochenrückblick aufzunehmen. Diese waren es:

Episode 1: "Ich heiße Peter Müller (Anmerkung: Name geändert) und ich möchte anonym bleiben," waren die Worte, mit denen ein Leser das Gespräch mit mir eröffnete. Zuerst war ich verwirrt, wegen dieses Widerspruchs, dann aber war mir klar: Der Anrufer hat Mut zur Meinung, aber der reicht nur bis zu mir. Sein Vorschlag: Das viele Geld, das die Hochzeit des britischen Prinzen gekostet hat, hätte man lieber zur Bekämpfung der Armut in der Welt ausgeben sollen.

Episode 2: "Im Zeitalter von Internet und Vernetzung auf allen Ebenen ist das einfache Zählen doch völlig sinnlos und überholt. Mit einem vermutlich gar nicht mal so komplizierten Programm bekommt man die gewünschten Daten doch viel schneller, wesentlich kostengünstiger und vermutlich sogar noch genauer und detaillierter", erläuterte ein Anrufer mir seine Meinung zum Zensus 2011. Ich zögerte, weil ich meiner Beurteilung dessen, was ich gerade gehört hatte, nicht so richtig traute. Dann sprach ich es aus, formulierte es aber als Frage: "Sie meinen also, man sollte still und heimlich die Nutzung des Internets kontrollieren und auswerten, um zu erfahren, wie viele Menschen in Deutschland leben und wie sie wohnen?" Der Anrufer antwortete mit einem Wort: "Genau." Ich wollte es nicht wahrhaben, fragte also noch einmal nach: "Und der Datenschutz?" Der Leser am Telefon klärte dieses Thema mit einer Gegenfrage: "Glauben Sie an den Weihnachtsmann?"

Episode 3: Auf meiner Liste "Best of" hat es dieses heutige Gespräch auf den zweiten Platz geschafft: "Ich muss morgen zu einer Hochzeit und weiß nicht, welches Kleid ich anziehen soll. Sie müssen mir jetzt mal helfen", sagte die Frau am Telefon. Bevor ich überhaupt erst ansetzen konnte, einen geordneten Rückzug einzuleiten, weil ich von Mode noch weniger verstehe als von Fußball, sprach die Anruferin schon weiter: "Und falls Sie sich jetzt wundern, warum ich Sie anrufe: Sie sind ein Mann, sie stehen offensichtlich zu Ihren Überzeugungen und ich habe Ihre Telefonnummer." Mein letzter Fluchtversuch war ein Schuss ins Leere: "Aber ich weiß doch gar nicht, wie Sie aussehen." Denn die Frau lachte kurz auf und sagte: "Gehen Sie ins Netz, geben Sie meinen Namen bei der Bildersuche von Google ein, dann sehen Sie mich sofort, ich arbeite nämlich bei ..." Ein paar Klicks später war ich baff, sprachlos für ein paar Sekunden: Noch keine vierzig, international erfolgreich, Promotion und kurz vor der Habilitation, die Haare, das Gesicht, die Figur ..." Plötzlich kam es aus meinem Mund: "Einverstanden, was steht zur Auswahl?" Die Antwort machte selbst mir die Tragweite des Problems deutlich: Kurz und schwarz oder lang und türkis. Die folgende Erörterung dauert fast zehn Minuten, ich will sie hier nicht wiederholen, das dauert einfach zu lange. Bei der Abwägung ging es von der Beziehung der Anruferin zur Braut über die normale Alltagsgarderobe der Leserin bis zu ihren grundsätzlichen Affinitäten zu bestimmten Farben. Dann fiel die Entscheidung: Türkis und lang. Die Frau am Telefon hat sich bedankt, wir haben dann noch eine Weile geplaudert, bis sie sich verabschiedet hat. Dann sagte ich noch, in letzter Sekunde sozusagen: "Eine Frage habe ich aber noch: Sind Sie eigentlich verheiratet?" Eine Antwort bekam ich nicht, ich hörte nur ein lautes Lachen. Das macht aber nichts, in Netz stehen ihre Kontaktdaten; mit Telefonnummer. Man muss nur bei Google ...

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