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Mein Lied: Sag mir, wo die Vorsätze sind, wo sind sie ...

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Noch bevor ich das Verlagshaus der "Freien Presse" heute (nach drei Wochen ohne Arbeit) betreten hatte, gehörte schon der erste meiner insgesamt sieben guten Vorsätze für die Zeit nach meinem Urlaub und bis zur Feier meines "Einjährigen" in vier Wochen der Vergangenheit an. Dies habe ich auf dem Altar meiner kleinen Unzulänglichkeiten (und Schwächen) geopfert: Ich will keine Vermutungen mehr anstellen und vor allem keine Wetten mehr mit mir selbst abschließen, wie die Leser beziehungsweise Anrufer am Telefon sich angesichts einer besonderen Situation (beispielsweise "zurück aus dem Urlaub") verhalten, nur um mir hinterher sagen zu können, dass ich ...

Also, ich hatte den Computer noch nicht einmal gestartet, die Mappe mit der Post lag noch ungeöffnet auf dem Schreibtisch, die Erdbeeren waren noch nicht gewaschen, als ich mich bei diesem Gedanken ertappte: Mal sehen, wann das Telefon zum ersten Mal klingelt, und wenn es länger als eine Viertelstunde dauert und der Anrufer dann auch noch eine Frage zu seinem Abonnement hat, sei es mir erlaubt, mir ein zweites Stück Schokolade zum Kaffee zu genehmigen. Was soll ich sagen - den Kaffee gab es viel später, und auf die bittere Süßigkeit habe ich ganz verzichten müssen, weil es dafür dann schon nicht mehr die richtige Zeit war (siehe Ernährungsgewohnheiten). Denn dies war passiert: Um 10.04 Uhr klingelte das Telefon, und mit dem Anrufer habe ich wirklich lange gesprochen; denn um dieses Thema geht es häufiger, und jedes Mal sind es bewegende Gespräche; ich will es dann immer einfach nicht kurz machen, ich will mir die Zeit nehmen.

Dieser Leser hat sein Anliegen ohne Scheu klar und deutlich formuliert: "Ich habe meine Lebenserinnerungen aufgeschrieben und wollte mal fragen, ob sich die Zeitung dafür interessiert." An dieser Stelle muss man unterscheiden: Die einen Anrufer würden sich freuen, wenn die "Freie Presse" ihre Geschichten ganz oder auch auszugweise abdruckt, während die anderen schon ein fertiges Manuskript vorweisen können und jetzt daraus ein gebundenes Buch machen wollen. Wenn es um die persönliche Chronik geht, die auch bei den Lesern der Zeitung auf Interesse stoßen soll, dann sage ich immer dies: "Ich will Ihnen keine Hoffnungen machen, weil wir solche Erinnerungen an alte Zeiten grundsätzlich nicht in der Zeitung veröffentlichen, allein schon deshalb, weil es viel zu viele solcher Anfragen gibt, aber ich würde mich trotzdem freuen, wenn Sie mir mal kurz erzählen, um was es in Ihren Geschichten geht." Dazu muss ich kurz erklären: Auf diese Weise ist die Redaktion in den vergangenen Monaten tatsächlich auf Personen aufmerksam geworden, über deren bewegtes Leben und dessen Bedeutung für das öffentliche Leben dann eine Geschichte in der Zeitung gestanden hat.

Der Anrufer heute hat das Angebot gerne angenommen und mir ausführlich von einigen Beispielen erzählt, wie das Leben als Kind in der DDR aus seiner Sicht wirklich war. Mir war bald klar: Das sind durchaus interessante, aber nicht außergewöhnliche Geschichten eines ganz normalen Menschen, der in Sachsen sein ganzes Leben verbracht hat und sich sowohl gerne, aber auch kritisch daran erinnert, was er erlebt hat. Der Ruheständler hat, nachdem er mit den Kurzbeschreibungen am Ende war, meine Beurteilung mit diesen Worten kommentiert: "Das habe ich mir schon gedacht, aber fragen kostet ja nichts."

Dann aber habe ich ihn doch noch ein kleines Stück glücklicher gemacht, weil ich ihm etwas erklärt habe, was ich bei diesen Unterhaltungen immer mache: Wenn man seine Lebenserinnerungen in Buchform vor sich liegen haben möchte, weil man sie der Familie oder den Freunden in die Hand drücken möchte, und wenn man nicht eine literarische Karriere starten oder sogar damit Geld verdienen möchte, dann kann man über das System "Book-on-Demand" bei mittlerweile ganz vielen Anbietern ohne große Kosten eine ganz kleine Auflage drucken lassen. Der Anrufer hatte davon noch nie etwas gehört. Zuerst habe ich ihm dieses Verfahren buchstabiert, dann erklärt und ihm ein paar Tipps gegeben, wie er im Netz sich mal ein paar Angebote anschauen und Preise vergleichen kann. Der Schluss der Unterhaltung: "Internet?" frage mich der Anrufer. "Enkel?" habe ich zurück gefragt. "Vier", hat der Rentner lachend geantwortet. "Na dann", habe ich noch abschließend gesagt.

Womit auch der zweite meiner sieben Vorsätze perdu ist: Fasse dich kurz.

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