Blog "Leser-Obmann": Der Papst, zwei Kugelblitze und ein Ölfleck

Dinge sind manchmal unfreiwillig komisch; vermutlich ist es immer eine Frage der Perspektive, ob man darüber lachen kann oder nicht. Wenn Leser mich anrufen und etwas von mir wissen wollen, mir ihre Meinung zu einem Thema sagen oder ein Problem schildern, dann meinen sie das immer, also tatsächlich ausnahmslos ernst. Und niemals, wirklich niemals würde ich auf die Idee kommen, darüber zu lachen. Und doch haben diese Anliegen manchmal das Zeug dazu, für Außenstehende einen gewissen, häufig sogar großen Unterhaltungswert zu haben, ohne dass es dabei an Respekt vor den Anrufern mangelt; wirklich nicht. Nachdem ich gestern im Netz und heute in der "Freien Presse" (Seite Zeitgeschehen) viel über Loriot gelesen habe, bin ich mir sicher, dass der vor zwei Tagen verstorbene Humorist häufig genau das gemacht hat: Zu schildern, wie die Wirklichkeit ist und der Alltag sein kann, schräg und zum Schreien komisch.

Und weil ich mittlerweile gelernt habe, mit der Kritik zu leben, ich würde mich manchmal hier im Blog doch über Leser lustig machen (was ich rigoros von mir weise), mache ich es heute einfach mal so: Eine Auswahl (etwa ein Viertel) der Anliegen von Lesern seit Montag, ganz ohne Kommentar, ohne Einleitung, ohne ergänzenden Schluss:

Anruf 1: "Mein Enkelkind auf dem Betonfußboden im Keller etwas Öl verschüttet. Und ich weiß jetzt nicht, wie man den Flecken wegbekommt. Können Sie mir helfen?"

Anruf 2: "In der Blauen Börse gibt es unter der Rubrik 'Geschenkbörse' fast nur noch Katzen im Angebot. Da muss man sich regelrecht durchkämpfen, wenn man auf der Suche nach etwas Anderem ist. Können Sie nicht für die Katzen eine eigene Rubrik einführen?"

Anruf 3: "Ich habe auf dem Dachboden eine Menge Drahtrollen gefunden, und da ist mir doch gerade eingefallen, dass sie erst vor kurzem über eine Frau geschrieben haben, die mit Drähten klöppelt. Vielleicht kann ich ihr ins Geschäft kommen, was meinen Sie? Können Sie mir die Telefonnummer besorgen?"

Anruf 4: "Ich brauche die Anschrift des Papstes. Ich will ihm einen Brief schreiben, er soll in Rom bleiben, nicht nach Deutschland kommen und dafür sorgen, dass das eingesparte Geld den Hungernden in Afrika zugutekommt. Ich betone: Ich bin über Achtzig, gläubiger Katholik und war als Kind auch überzeugter Ministrant."

Anruf 5: "Der Umfang der Zeitung wird immer größer, ich würde Ihnen gerne mal ein paar Vorschläge machen, wo Sie einsparen können."

Anruf 6: "Ich habe auf der Seite von Onkel Max etwas über Kugelblitze gelesen und wollte fragen, ob Sie daran interessiert sind, von zwei weiteren Fällen zu erfahren, bei denen dieses Naturschauspiel von Augenzeugen bestätigt wurde. Bei dem einen Kugelblitz handelt es sich um meinen Urgroßvater, der ihn Anfang des vergangenen Jahrhunderts gesehen hat, und bei dem andern war es im Januar 1981 meine Schwester, die mich nachts aus dem Bett geschmissen hat, weil sie von ihren Fenster aus einen Kugelblitz gesehen hat. Aber als ich dann endlich aufgestanden bin, war es natürlich schon zu spät."

Anruf 7: "Sagen Sie mal, der treue Leser in Ihrer Kolumne zum Einjährigen des Leser-Obmanns - bin ich das?"

Anruf 8: "Also jetzt mal ehrlich: Die Öko-Tante in der Kolumne 'Wirklich ein Jahr' - das bin doch ich, oder?"

Anruf 9: "Ich habe mal wieder bei Ihnen gelesen, dass etwas Sinn macht. Wie oft soll ich eigentlich noch anrufen, bevor Sie begreifen, dass das ein Anglizismus ist und im Deutschen etwas nur Sinn haben kann?"

Anruf 10: "Ich würde Ihnen gerne mal einen Satz vorlesen, darf ich? Ich zitiere wörtlich: In diesem Jahr brachte ihm ein guter Freund Pflanzen vorbei, die ihre Wurzeln in Russland haben."

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