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Wirklich sicher ist es auf dem Klo auch nicht

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Wer jemals - in welcher Lebensphase auch immer - die Gruselschocker von Stephen King gelesen und dabei auch "Es" nicht ausgespart hat, wird sich an die Tage danach erinnern: Zähneputzen und anschließend sich über das Waschbecken beugen, um sich der Zahnpasta und des Schaums zu entledigen, war nicht mehr drin; zu groß war die Angst, dass einem aus dem Abflussrohr etwas Blutiges entgegen schwappt. Sich auf die Kloschüssel zu setzen war in den Wochen danach nicht weniger ein mittelschwerer Alptraum; es könnte ja von unten eine Hand kommen und einem an den ...

Bei mir sind diese Auswirkungen einer literarischen Erfahrung genau 19 Jahre her, aber dieses Gefühl, sich beim Lesen von "Es" davor zu hüten, dass es nicht zu dunkel im Zimmer wird, habe ich nicht vergessen; und beim Einzug in meine Wohnung habe ich mich als erstes davon überzeugt, dass der Abfluss im Badezimmer nicht nur einfach ein schwarzes Loch ist und dass man nicht in die Tiefe gucken kann. An all das habe ich heute denken müssen, als mich eine Leserin angerufen hat und mir als erstes dies erzählt hat:

"Gestern Morgen saß ich, es war kurz vor sechs, auf dem Klo und hatte furchtbare Angst", bekannte die Frau am anderen Ende der Leitung. Ich schwieg, die Geschichte sollte von allein weitergehen. "Plötzlich vibrierte die Kloschüssel, ich hörte ein gar nicht mal so lautes, aber doch unheimliches Grummeln", fuhr die Anruferin fort. Ich schwieg weiter, die Spannung stieg, die Frau machte eine Pause, sie holte tief Luft. "Dann bin ich aufgestanden, ganz erschrocken, und habe noch einmal gelauscht, an den Kacheln gefühlt, aber ich habe nichts mehr gespürt. Es hat eine Weile gedauert, bis ich mich wieder beruhigt habe", schloss die Leserin ihre kurze, aber zweifelsohne aufregende Geschichte ab. Ich sagte immer noch nichts; mir fiel nicht ein, was ich hätte fragen können, ich meine zur Sache und zum Geschehen an sich. Das war aber auch nicht nötig, die Anruferin nannte dann den Grund ihres Anrufes:

"Ich bin fest davon überzeugt, weil die Heizungsanlage in unserem Haus noch gar nicht so alt ist und um diese Zeit auch keine Bauarbeiter auf der Straße waren, um den Belag aufzureißen, dass das nur ein Erdbeben gewesen sein kann. Können Sie für mich mal herausbekommen, ob das zutrifft? Ob am Sonntagmorgen um kurz vor sechs in der Region Zwickau die Erde gebebt hat?" Dann sagte ich zum ersten Mal etwas:

"Haben Sie heute schon die Zeitung gelesen?", fragte ich die Anruferin, völlig ernst und ohne ironischen Unterton, weshalb die Leserin auch ohne Vorbehalte antwortete: "Noch nicht, das mache ich immer erst nachmittags oder manchmal sogar erst abends." Nun denn, so ist das eben, habe ich gedacht, aber gesagt habe ich: "Es gab tatsächlich ein Erdbeben im vogtländisch-böhmischen Grenzgebiet mit einer Stärke von 4,0 auf der Richterskala zu diesem Zeitpunkt. In der Zeitung heute haben wir heute auf der Seite Sachsen ausführlich mit Grafik darüber berichtet. Da können Sie dann auch die Einzelheiten nachlesen, zum Beispiel wie weit die Auswirkungen noch zu spüren waren." Die Anruferin schwieg, also musste ich noch etwas sagen. "Sie können also wieder ohne Sorge aufs Klo gehen", fügte ich noch hinzu. Die Leserin sagte nichts, und ich dachte: Mit dieser Bemerkung bist du jetzt zu weit gegangen. Doch dann hörte ich am anderen Ende ein Lachen, es war ein unbekümmertes, und meine Gesprächspartnerin bereicherte die Unterhaltung mit einer Schlagzeile, wie sie nur das Leben selbst schreiben kann: "Auf dem Klo von Erdbeben überrascht."

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