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Die Rechnung geht auf - oder doch nicht?
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Mittwochs raucht mir immer der Kopf (nur sprichwörtlich) zwischen zehn und zwölf, wenn ich für die Leser am Telefon da bin. Der Grund ist einfach: An diesem Tag erscheint die Seite Leserforum mit meiner Kolumne (also auch mit Foto und Telefonnummer), und die maximale Pause zwischen zwei Gesprächen bewegt sich im Bereich von Sekunden. Viele geben dabei gerne zu: "Gerade ist mir beim Lesen der Zeitung eingefallen, dass ich Sie schon lange mal anrufen wollte", formulierte heute eine Frau und machte auch kein Geheimnis daraus, dass sie nur mal plaudern wollte; über die Zeitung selbstverständlich, was sonst. Den Preis des Tages in der Kategorie "Premiere" bekommt aber eine andere Leserin: "Lange habe ich mich nicht getraut, Sie anzurufen, aber jetzt habe ich allen Mut zusammengenommen und die Nummer gewählt." Natürlich habe ich nachgefragt: "Sehe ich denn auf dem Foto so Angst einflößend aus oder beunruhigt Sie das, was ich schreibe?" Einen Augenblick zögerte die Anruferin, dann sagte sie: "Sie sind ein Mann."
Heute aber war es noch etwas anstrengender, weil unter den Anrufern drei waren, die mich (von unterschiedlicher Dauer) verwirrt haben. Das war ganz bestimmt nicht ihre Absicht, aber ihre Fragen beziehungsweise Anliegen waren etwas kompliziert; nicht wirklich, aber irgendwie doch. Was soll's, ich erzähle einfach mal davon.
Episode 1: "Wenn jemand seinen 80. Geburtstag feiert, wie alt ist er dann?" wollte eine Leserin von mir wissen. Sofort leuchtete die Warnlampe "Achtung Fangfrage" in meinem Kopf auf, das Gehirn schaltete auf Turbobetrieb, weil ich natürlich mir nicht die Blöße geben wollte, lange nach einer Antwort zu suchen zu müssen, und deshalb sagte ich: "Ich denke, dass er 80 Jahre alt ist, weil meiner Ansicht nach der erste Geburtstag der Tag ist, wenn der Mensch ein Jahr alt wird." Das war nicht die Antwort, die meine Gesprächspartnerin hören wollte: "Eben nicht, und deswegen rufe ich an, weil das immer wieder falsch in der Zeitung steht. Der erste Geburtstag ist, was dieses Wort eindeutig zum Ausdruck bringt, der Tag der Geburt; und an seinem zweiten Geburtstag wird der Mensch ein Jahr alt", sagte die Anruferin. Etwas fünf Minuten lang haben wir über dieses Thema gesprochen, wir waren am Ende nicht einer Meinung.
Episode 2: "Immer wenn Ihre Zeitung über den Bundeshaushalt schreibt und dazu auch eine Grafik veröffentlicht, lese ich etwas über die Ausgaben und über die Neuverschuldung. Und was ist mit den Einnahmen? Darüber lese ich nie etwas", formulierte ein Leser den Grund seines Anrufs. Keine Fangfrage, da war ich mir sicher. Also versuchte ich es mit logischem Menschenverstand: "Also ich sehe das so: Man kann nur das ausgeben, was man vorher eingenommen hat; wenn man mehr ausgeben will, muss man sich Geld leihen. Das bedeutet: Die Einnahmen sind die Ausgaben minus der Schulden." Der Anrufer war verwirrt, er schwieg. "Aber ich halte das für eine gute und auch berechtigte Frage, deshalb werde ich das Thema mal der Redaktion vorschlagen, um darüber vielleicht einmal einen Artikel zu schreiben", fügte ich hinzu. Der Leser schwieg noch immer, sein Nachdenken über meine Definition von Einnahmen beschäftigt ihn noch. Irgendwann dann sagte er: "Machen Sie das", und legte auf.
Episode 3: "Das regt mich einfach auf, ich muss das jetzt unbedingt mal loswerden, sonst platze ich", leitete ein Leser das Gespräch mit mir ein und erklärte mir den Grund seines Ärgers: "Immer wenn ich in ihrer Zeitung von der ehemaligen DDR etwas lese, könnte ich vor Wut in die Luft gehen. Warum schreiben Ihre Kollegen das? Es gab die DDR, und irgendwann gab es sie nicht mehr. Diesen Zusatz 'ehemalig' halte ich für überflüssig, wenn nicht sogar für falsch." Über dieses Problem habe ich schon einmal mit einem Leser gesprochen, es war ein schwieriges und (auf seiner Seite) von Emotionen geprägtes Gespräch gewesen. Deswegen versuchte ich es mit einer lockeren Erwiderung, um somit für Entspannung zu sorgen. Ich wählte dieses (ich betone) Beispiel: "Gestern habe ich mich mit meiner ehemaligen Freundin zum Mittagessen getroffen. Wenn ich meiner Freundin sage, dass ich mit meiner Freundin eine Verabredung hatte, gibt's Ärger. Aber mit meiner Ehemaligen darf ich mich schon mal treffen, nicht zu oft, aber das geht schon in Ordnung." Das war eindeutig kein guter Vergleich; mehr möchte ich dazu nicht sagen. Das restliche Gespräch war etwas kompliziert und hat noch fast zehn Minuten gedauert.
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