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Hauptsache ist: Die Nachricht kommt an
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Für viele Leser übernehme ich die Aufgabe eines Ventils; wenn sie mich anrufen, öffnet sich eine mentale Ein- und Auslassvorrichtung, und sie können Druck ablassen; was damit endet, dass sich der Mechanismus wieder schließt und der Anrufer bei der Verabschiedung sagt: "Jetzt geht es mir besser." Für viele Leser übernehme ich aber auch die Aufgabe eines Transmitters; wenn sie mich anrufen, geht es nur darum, dass etwas übertragen wird - und zwar von mir an einen Empfänger, mit dem die Anrufer nicht persönlich in Kontakt treten wollen; aus den unterschiedlichsten Gründen. Ein Beispiel:
"Bitte richten Sie dem Stadtoberhaupt aus, dass es die für den Straßenbau verantwortlichen Mitarbeiter im Rathaus einmal auf ihre geistige Zurechnungsfähigkeit untersuchen lassen sollte", sagte heute ein Leser und konnte sich nur langsam wegen einer Baustelle in seiner Straße beruhigen. Nun glaubte der Anrufer nicht wirklich, dass ich gleich anschließend zum Hörer greife und mich mit dem Bürgermeister seiner Kommune in Verbindung setze; vielmehr ging es ihm darum: "Sie haben doch Mittel und Wege, ist das nicht die Aufgabe eines Leser-Obmanns, das Sprachrohr der Leser zu sein?" Dem habe ich zugestimmt, dem Anrufer aber auch gesagt, dass ich immer sachlich bleibe; damit war er, von 180 auf erträgliche 110 runtergefahren, einverstanden. "Ich werde die Kollegen in der Lokalredaktion darum bitten zu recherchieren, was es mit dieser neuen Baustelle auf sich hat", sagte ich ruhigen Gewissens, weil ich diese Nachricht tatsächlich weitergeben kann. Was bei vielen anderen Ansichten, die ich übermitteln soll, leider nicht so einfach geht, weil sie zur Kategorie "Aus dem Bauch heraus" gehören. Zwei Beispiele von gestern beziehungsweise heute:
"Richten Sie bitte dem Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen aus, dass er ...", sagte mir eine Leserin und erläuterte mir, was sie von der achten Novellierung des Stasi-Unterlagengesetzes hält; einen Leserbrief schreiben wollte sie nicht, weil sie befürchtete, keine "druckbaren" Wörter und Sätze zu finden für das, was sie empfindet. Für diese Einsicht war ich dankbar.
"Was ist das für eine Welt, was ist nur mit der Menschheit los, ich ertrage das nicht mehr", sagte eine Leserin und fügte hinzu: "Haben Sie eine Idee, wie meine Skepsis diejenigen erreicht, die sich vom Guten abgewendet haben und nur noch darauf vertrauen, dass etwas sinnvoll ist, wenn es Geld und Prestige einbringt?" Was diese Anruferin so unsagbar traurig gemacht hat, stand heute in der Zeitung (Lokalteil Chemnitz): Der Stadt fehlt das Geld, um die Unterkünfte von Tieren im Tierpark zu sanieren, so dass jetzt die Schließung von Gehegen droht. "Auf der anderen Seite sollen Millionen für den Bau eines neuen Fußballstadions ausgegeben werden", meinte die Anruferin und endete mit diesem Satz: "Ich verstehe das einfach nicht." Dass ich ihre Skepsis zumindest in meinem Blog erwähnen werde, hat der Leserin nicht wirklich weiter geholfen; sie verfügt über keinen Internetanschluss. Doch dies hat ihre Stimmung verbessert: "Sie sind nicht die einzige, die deswegen bei mir angerufen hat, und bitte glauben Sie mir: Die Verantwortlichen werden genau das heute, da die Entscheidung über den Stadionneubau fällt, auch gedacht haben: Viel Geld für den Fußball, kein Geld für die Tiere." "Das tröstet mich, aber nur ein wenig", sagte die Leserin und verabschiedete sich.
Manchmal aber weigere ich mich, die Aufgabe eines Transmitters zu übernehmen: "Sagen Sie bitte ihrem Chef, dass der Leser-Obmann ...", meinte ein Leser gestern, schimpfte noch etwa zehn Sekunden weiter und legte dann auf. Wie er meine Arbeit eingeschätzt und dies in Wort gefasst hat, will ich nicht wiederholen; ich bitte da um Verständnis. Was ihn erzürnt hat, ist jedoch kein Geheimnis: Mit einer für ihn nachvollziehbaren Antwort auf seine Frage, ob er auch eine "Freie Presse" ohne die ganzseitigen Anzeigen von Discountern beziehen könne, konnte ich leider nicht dienen.
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