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Bei manchen Gesprächen finde ich es hinterher ausgesprochen schade, dass ich in meinem Blog zwar darüber schreiben kann, aber keine Möglichkeit habe, die Botschaft, die mir der Leser als den Kern seines Anliegens mitgeteilt hat, in die Welt hinaus zu posaunen. Dabei sind es nicht die Geschichten, die ich am Telefon höre, die mich restlos begeistern; denn wenn das so wäre, würde ich sofort die Redaktion darüber informieren, dass ein Artikel über das, was dieser Leser erlebt hat, wirklich eine gute Idee wäre.  Es ist vielmehr der Beweggrund, warum diese Frauen und Männer mich anrufen, um mir aus ihrem Leben zu erzählen, den ich faszinierend finde. Am besten erkläre ich, was ich meine, mit dem Beispiel von heute:

"Ich würde gerne mal kurz mit Ihnen über Musik reden; und zwar über die vielen Geschmacksrichtungen, die es da gibt", sagte mir der Anrufer und ergänzte, dass er mir gerne etwas von sich erzählen möchte, nachdem er meine Kolumne "Streiten? Niemals!" auf der aktuellen Seite Leserforum gelesen hatte; eins meiner Lieblingsthemen, also war ich gespannt, der Mann durfte erzählen (das Original dauerte ungefähr fünf Minuten, ich fasse deshalb zusammen):

Ende der fünfziger Jahre war er als junger Mann mit dem Moped nach Berlin gefahren, um Bill Haley live zu erleben und seine Begeisterung für den Rock 'n' Roll bei einem solchen Konzert mal richtig ausleben zu können. "Natürlich haben damals die Erwachsenen mit dem Finger auf uns gezeigt, weil wir für diese Musik geschwärmt haben", erinnerte er sich und fügte hinzu: "Das ist doch heute auch nicht anderes, wenn ich manchmal mitbekomme, wie in meinem Bekanntenkreis über die Jugend geredet wird, wenn es um Heavy Metal geht." Die Schilderung der Fahrt in die Hauptstadt hat mich wirklich beeindruckt. Dann kam der Anrufer mit dem Erzählen in der Gegenwart an: "Irgendwann habe ich dann die Alpen als mein bevorzugtes Urlaubsland entdeckt. Und auf einmal war dann Volksmusik das, was ich gerne höre, und am liebsten mag ich die Kastelruther Spatzen." Bei den Berichten über Ferien im Gebirge habe ich dann doch mal unterbrechen müssen, sonst wäre wohl kaum ein anderer Leser zwischen 10 und 12 Uhr zu mir durchgekommen. Schließlich hörte ich das Fazit, der Mann am anderen Ende der Leitung wollte mir mit seinen Erzählungen eigentlich nur dies mitteilen:

"Musikgeschmack ist etwas höchst Persönliches. Jeder hat das Recht, seinen eigenen zu haben und muss sich dafür auch vor niemanden rechtfertigen; auch sollte er sich eingestehen können, dass der Geschmack sich im Laufe eines Lebens auch mal wandelt. Viel wichtiger aber ist mir dies: Die Menschen sollten viel toleranter werden und akzeptieren, dass andere mitunter einen ganz anderen Geschmack haben und Musik hören, die man selbst eher als Lärm empfindet. Es ist doch ganz einfach: Jeder kann hören, was ihm gefällt. Und niemand muss schlecht über einen anderen Musikgeschmack reden; wirklich nicht, das ist nicht notwendig."

Da will ich ehrlich sein: Ich habe dem Anrufer dann noch eine Suggestivfrage gestellt, weil ich ihm noch einen Aspekt meiner Meinung zu diesem Thema sagen wollte und auch jetzt darüber schreiben möchte: "Dann sind Sie also auch der Meinung, dass die Redaktion zu dem Konzert einer Schlagersängerin keinen Kollegen schicken soll, um darüber einen Bericht zu schreiben, von dem man weiß, dass er Schlagermusik überhaupt nicht mag?" Treffender hätte der Leser mir nicht antworten können: "Genau."

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