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Eine gute Eröffnung ist der erste Schritt zu einem erfolgreichen Gespräch. Dies wissen auch die Leser und wollen das häufig beherzigen, wenn sie mich anrufen und mit mir reden wollen. Die Beispiele in dieser Woche:

Episode 1: "Ich bin Westfale, vor vier Jahren ins Erzgebirge gezogen und finde es hier ganz wunderbar, vor allem das Brauchtum und die Volkskunst finde ich faszinierend", sagte ein Anrufer und bekannte, dass der Grund für seinen Wohnortwechsel seine Hochzeit war, denn seine Frau "stammt von hier". Bis zu diesem Zeitpunkt hielt ich diese Eröffnung des Gesprächs noch für eine Einleitung und wartete deshalb auf das eigentliche Anliegen. Das kam dann auch: "Sie könnten doch mal einen Artikel über mich schreiben."

Episode 2: "Es gibt keine Weihnachtsmänner mehr", sagte die Anruferin und machte eine Pause; der Bedeutung der Aussage angemessen und meine Reaktion auf diese "Ungeheuerlichkeit" abwartend. Nun hatte ich in diesen Sekunden ein Problem: Mache ich aus meinem Herzen keine Mördergrube und gestehe ehrlich und offen, dass mir das Verschwinden der Weihnachtmänner nicht wirklich etwas ausmacht, dann riskiere ich eine unnötige Konfrontation, weil ich mir schon bewusst bin, wie wichtig vielen Menschen dieser Brauch ist. Frage ich aber einfach nur nach, wie das gemeint ist, laufe ich Gefahr, dass mich die Frau (mit einer wirklich sympathischen, samtwarmen Stimme) für wenig fantasievoll hält, weil ich auf diese  originelle Eröffnung nicht ebenso geistreich antworte. Aber ich war mutig und riskierte einen Scherz: "Und jetzt wollen Sie mich buchen?" Und ich hatte tatsächlich Glück, die Leserin konterte ebenso wirkungsvoll: "Da dürften Ihnen Haarpracht und Leibesfülle fehlen". Wo sie Recht hatte, hatte sie Recht, das gestand ich ein und erfuhr den wahren Grund für den Anruf: "Das Arbeitsamt vermittelt in diesem Jahr keine Weihnachtsmänner. Könnten Sie mal den Grund recherchieren und einen Artikel darüber schreiben?" Ich befand das für eine gute Idee, versprach das Thema gleich an die Redaktion weiterzugeben, bevor die Frau noch hinzufügte: "Ich bin nämlich ziemlich sauer deswegen, weil ich nicht weiß, wie ich das meinen Kindern beibringen soll, wenn in diesem Jahr kein Weihnachtsmann kommt."

Episode 3: In meiner Liste der "Ungewöhnlichen Eröffnungen" hat dieser Leser es auf Anhieb (sein erster Anruf bei der Zeitung überhaupt) auf einen Platz unter der ersten zehn geschafft: "Ich schicke Ihnen gleich ein Fax mit einem Leserbrief und möchte Sie bitten, mich dann anzurufen, um mir mitzuteilen, warum sie ihn nicht veröffentlichen", sagte der Mann und ließ keine weiteren Fragen zu. Also fand ich mich damit ab, wartete das Fax ab, habe den Brief durchgelesen und dann zurückgerufen: "Es gibt zehn Gründe, warum wir das nicht abdrucken, wie viele davon wollen Sie hören?", habe ich den Leser gefragt. Zunächst war er etwas sprachlos, dann fand er seine Stimme wieder und sagte: "Die Hälfte reicht mir." Damit konnte ich dienen: Viel zu lang, nicht aktuell, einige unverständliche Passagen, mögliche unwahre Tatsachenbehauptungen und Ironie, die zu Missverständnissen führen könnte. Der Mann am anderen Ende der Leitung hat das akzeptiert, trotzdem haben wir noch etwa zehn Minuten über das Thema (Naturschutz) gesprochen. Und das bestätigte meine Vermutung: Der Leser wollte reden, kein Problem.

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