Blog "Leser-Obmann": Ich bin ein Mann - ich sage nichts dazu

Es kommt eher selten vor, aber ab und passiert es doch, und ich muss am Telefon sagen: Ich bin ein Mann und fühle mich bei diesem Thema nicht in der Lage, mich dazu zu äußern beziehungsweise überhaupt eine Meinung dazu zu haben. Das klingt wie ein Offenbarungseid, vermutlich ist es auch einer. Aber: Wenn es um Frauen und ihr Verhältnis zu Kleidung und Mode geht, schweige ich grundsätzlich und konsequent; alles was ich zu diesem Thema sagen könnte, wäre geeignet, es gegen mich zu verwenden, und das möchte ich nicht. Punkt.

"Können wir mal kurz über den Artikel auf der ersten Seite reden?", fragte mich eine Leserin heute, und ich war mir sicher, weil es zuvor schon einen Anruf dazu gab, dass es um den Artikel "Anzeige wegen rechter Parolen im Zwickauer Stadion" ging. Aber ich lag falsch, denn die Frau am anderen Ende der Leitung fügte hinzu: "Mit dem Frauenbild, das in dem Bericht vermittelt wird, bin ich überhaupt nicht einverstanden, denn nicht alle Frauen, die ihre Kleider tauschen wollen, sind solche Modepüppchen, wie der Text den Eindruck vermittelt." Die Überschrift des Artikels lautete "Vom Kauf-Rausch zum Tausch-Rausch", und es ging darin um "Swapping" (Frauen tauschen Klamotten bei Swapp-Events).

Das war die Stelle, an der ich bereits einhakte: "Ich höre Ihnen gerne zu, aber vielleicht sollten Sie lieber mit einer Kollegin oder sogar mit der Redakteurin reden, die den Artikel geschrieben hat. Denn ich möchte mich eigentlich eher nicht dazu äußern, weil ich ein Mann bin und von Mode nicht viel verstehe. Wäre es Ihnen Recht, wenn ich versuche, Sie zu verbinden?" Das wollte die Leserin aber nicht; sie hatte den Leser-Obmann angerufen, und der möge doch jetzt auch bitte ihre Meinung zur Kenntnis nehmen. Dieses Argument schließlich überzeugte mich, ihr weiter zuzuhören: "Aber mit Frauen kennen Sie sich aus, oder nicht?" Ich habe nicht widersprochen, ich habe gar nichts gesat, das Lächeln in meinem Gesicht konnte die Anruferin zum Glück nicht sehen, bevor sie mir ihre Meinung zu "gelangweilten Frauen mit einem großen Bankkonto" mitteilte.

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