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An Tagen wie diesen, und kein Ende in Sicht
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Solche Tage sind eigentlich eher die Ausnahme, heute aber war es mal wieder soweit: Von 9.54 bis 12.07 Uhr habe ich ununterbrochen mit Lesern telefoniert, ohne dass die Gespräche in irgendeiner Weise miteinander zu tun oder die Anrufer ein auch nur ähnliches Anliegen hatten. Deshalb bleibt mir an dieser Stelle nur ein kleiner Auszug aus meinem Kurzprotokoll:
Anruf 1: "Ich habe einen Leserbrief geschrieben und wollte jetzt mal fragen, was Sie dafür an Honorar zahlen, wenn er gedruckt wird", brachte ein Leser sein Anliegen in nur einem Satz auf den Punkt, während ich bei der Antwort nur zwei Wörter brauchte: "Gar keins." Damit war auch die Unterhaltung bereits zu Ende, denn über den Sinn und Zweck von Leserbriefen wollte der Anrufer nicht weiter mit mir reden.
Anruf 2: "Sie haben doch vor einer Woche in Ihrer Kolumne über Weltanschauungen geschrieben," leitete eine Leserin das Gespräch ein und fragte mich, nachdem ich ihr das bestätigt hatte: "Darf ich Ihnen mal meine Weltanschauung erläutern?" Natürlich durfte sie das, und sie ist mit ihren Ausführungen gleich auf dem dritten Platz gelandet in meiner Hitliste mit den längsten Gesprächen ohne Pause. Wohlgemerkt: Die Frau hat 19 Minuten lang geredet, ohne dass ich sie einmal unterbrochen habe. (Zur Information: Der Rekord liegt bei 23 Minuten.)
Anruf 3: "Schuld an allem ist die multiple chemische Sensibilität", sagte mir ein Leser und hat mich anschließend darüber aufgeklärt, welch schweren Fehler die Menschheit innerhalb der Evolution gerade begeht, weil die Vielzahl an synthetischen und häufig toxischen Substanzen dafür sorgt, dass beispielsweise die Zahl der von Allergien heimgesuchten Menschen ständig weiter steigen wird. "Die Natur wird sich das nicht einfach so gefallen lassen, da können sie ganz sicher sein", sagte der Anrufer abschließend.
Anruf 4: "Ich möchte, dass in meiner Straße die Gullideckel weiter hochgesetzt werden, damit diese Lärmbelästigung endlich aufhört, wenn die Autos darüber fahren", formulierte eine Leserin ihren Wunsch und fragte mich: "Bin ich da bei Ihnen an der richtigen Adresse?" Zu Beginn meiner Tätigkeit hatte ich mir mal als Regel für mich aufgeschrieben, niemals diesen Satz zu sagen: "Dafür bin ich nicht zuständig, da kann Ihnen auch die Zeitung nicht weiterhelfen. Bei diesem Anliegen ist es mir sehr schwer gefallen. Aber ich habe es geschafft. Ob aber die Lokalredaktion aus dieser Anfrage ein Thema macht und darüber einen Bericht schreibt, bleibt wohl abzuwarten.
Anruf 5: Etwa fünf Minuten lang hat mir eine Leserin ausführlich erzählt, wie unterhaltsam und informativ die Zeitung ist, wie sie vor allem die langen Lesegeschichten zu schätzen weiß und dass der Leserobmann doch eine wunderbare Erfindung sei, weil man bei ihm alles an Sorgen loswerden und ihm jede Frage stellen kann. Dann war sie dort angelangt, wo sie hinwollte, weil sie mich weichgespült hatte, wie sie glaubte und mich fragte: "Würden Sie mir bitte die Durchwahlnummer von Herrn (...) geben?" Ein paar Sekunden habe ich geschwiegen, so als wollte ich zum Ausdruck bringen, dass das für mich eine schwere Entscheidung ist, bis ich schließlich sagte: "Also gut, nur weil Sie es sind, die Nummer des Lokalchefs lautet ...." Wir haben noch eine Weile nett miteinander geplaudert und uns dann freundlich verabschiedet. Dass die Leiter der Lokalredaktionen jeden Tag mit Telefonnummer und Mailadresse im Impressum in der Zeitung stehen, habe ich ihr nicht verraten.
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